Reportagen

Zwischen Chemnitz und Zwickau

Der Abend des 6. Oktober gab uns einen Vorgeschmack auf den November. Regen und Kälte ließen uns voller Sehnsucht an den Sommer zurückdenken. Wir hätten uns gern vor den Kamin gesetzt. Doch den schätzt man erst, wenn man aus der Kälte und Nässe kommt.

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In der Klisschen Buchhandlung in Hohenstein-Ernstthal, traf sich an diesem Abend ein kleines und interessiertes Publikum, um den Erzählungen Frieder Bachs zu lauschen. Angekündigt war die Vorstellung des Buches »Fahrzeugspuren in Chemnitz. Teil 2. Fahrzeugschicksale.« Es kamen alle, denen die Geschichte des Fahrzeugbaues in unserer Region am Herzen liegt.

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Frieder Bach begann wie immer furios: eine Tour durch die Fahrzeugbaugeschichte der Region Chemnitz-Zwickau, dutzende Namen von »Schraubern«, Rennfahrern und Konstrukteuren. Hunderte Zahlen. Hinweise auf Ereignisse und Bücher. Selbst die kompliziertesten technischen Zusammenhänge in verständlicher Erzählweise. Auch wenn man ihn schon oft hörte, staunte man über neue Aspekte.

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Unter anderem machte Frieder Bach darauf aufmerksam, dass er sich erst 1990 als Oldtimer-Restaurator selbständig machen durfte. Sofort sei ihm damals klar geworden, dass man zur Restaurierung der historischen Gewerke Fachleute aus Gewerken wie Polsterer, Stellmacher, Spengler u.a. brauchte, die schon keine Konjunktur mehr hatten. Bei der Entstehung des Fahrzeugbaues in unserer Region habe es eine Vielfalt der Gewerke gegeben. Allein für Chemnitz habe er etwa 450 Unternehmen nachweisen können, die daran beteiligt waren. Diese Vielfalt sei die Grundlage der technologischen Kreativität in der Region gewesen. In den 1960er und 1970er Jahren habe die Zahl der Handwerksbetriebe drastisch abgenommen. Es habe aber immer noch einzelne Bastler gegeben, die Fahrzeug-Neuentwicklungen verwirklichten.

Er habe deshalb 1990 auf ältere Kollegen zurückgegriffen. Mittlerweile hätten aber viele junge Leute entsprechende Ausbildungen absolviert und beherrschten die tradionellen Handwerke wieder. Die Liebe zu den historischen Fahrzeugen habe diese Renaissance bewirkt.

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Rainer Klis dankte Frieder Bach am Ende für seinen Vortrag. Er sei zwar selbst kein ausgesprochener Auto-Fachmann, doch Frieder Bach verfüge über die Gabe, komplizierte Zusammenhänge verständlich zu erklären und selbst interessierte Laien zu begeistern.

Genau das ist der Punkt. Reparieren und Sammeln ist eine Leidenschaft, die Menschen einen Lebenssinn stiften kann. Geht es doch am Ende um die Frage, ob wir etwas menschlich Sinnvolles beigetragen haben, ob wir unserer Verantwortung als Menschen gerecht wurden.

Unser Dank gilt Frieder Bach und der Klisschen Buchhandlung für dieses Ereignis.

Johannes Eichenthal

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Information

Die Klissche Buchhandlung finden Sie in Hohenstein-Ernstthal, Weinkellerstraße 20.

Hier ist auch das neue Buch von Frieder Bach zu haben:

Frieder Bach: Fahrzeugspuren in Chemnitz. Teil 2. Fahrzeugschicksale.

23 × 23 cm, 216 Seiten, fester Einband, Fadenbindung, Lesebändchen

etwa 600 zum Teil farbige Fotos und Abbildungen, VP 24,90 €

ISBN 978-3-937654-96-6

Heute wird die Lebenszeit eines Neufahrzeuges schon bei seiner Projektierung festgelegt. Nach einer vorausgeplanten Nutzung endet das Auto in der Schrottpresse.

Die Fahrzeuge, die zu einer Zeit entstanden, in der der PKW-Besitz im Wesentlichen als Luxus galt, erfuhren noch sehr unterschiedliche Schicksale. Besonders durch den Zweiten Weltkrieg und die wirtschaftlich schwierigen Folgejahre wurde die Nutzungszeit von PKW und Motorrädern über alle Maßen verlängert, indem sie trotz eines unfallbedingten »Totalschadens« oder des Erreichens der altersbedingten Verschleißgrenze generalüberholt oder mit Fremdteilen neu aufgebaut wurden.

In der unmittelbaren Nachkriegszeit betraf dies in erster Linie Klein-LKW und Lieferwagen. Als dann jüngere Serienfahrzeuge wieder den Bestand aufbesserten, wurden auch die »Selbstgeschraubten« verschrottet. Nur sehr wenige blieben als Zeitzeugen erhalten und beleben die heutige Oldtimerszene. Diese Fahrzeuge passten viele Jahre nicht in’s Bild des »möglichst originalgetreu restaurierten Oldtimers«. Das Umdenken kam für viele der nicht originalen, aber oft originellen Fahrzeuge zu spät. Da sie aber eine bedeutende Rolle im Nachkriegsaufbau unseres Landes gespielt haben, sollen sie mit diesem zweiten Teil der Chemnitzer Fahrzeugspuren endlich ins Scheinwerferlicht unserer Aufmerksamkeit »gefahren« werden. Der Autor will dem Publikum 2018 einen dritten Teil der Chemnitzer Fahrzeugspuren vorlegen, der dem Rennsport gewidmet sein soll.

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