Leipziger Erzählungen
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Leipziger Erzählungen

Auch in diesem Jahr fand in der alten Messe- und Handelsstadt Leipzig die Buchmesse statt. Vom 15.–18. März präsentierten sich um die 2000 Verlage aus Deutschland, Europa, den USA und China in den Hallen des neuen Messegeländes. Man konnte hier das Zusammentreffen von wirtschaftlichen, politischen und geistigen Strömungen unserer Zeit aus nächster Nähe verfolgen.

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Der Mironde Verlag trat am 15. März im Sachbuchforum der Halle 5 zunächst mit der Vorstellung eines regionalgeschichtlichen Buches: »Niederfrohna: Gestern–Heute–Morgen« auf. Das Buch besteht aus einer geschichtlichen Einleitung, 55 Interviews mit Selbständigen zur Gegenwart und 5 Interviews mit Fragen nach der Zukunft (mit dem Ortspfarrer, der Leiterin der Kindertagesstätte, der Schulleiterin, dem Geschäftsleiter des ZV Frohnbach und dem Bürgermeister der 2500-Einwohner-Gemeinde.

Nach den Vorstellungen vom »grünen Tisch« ist eine solche Gemeinde nicht selbständig existenzfähig. Bürgermeister Klaus Kertzscher und ZV-Frohnbach Geschäftsleiter Dr. Steffen Heinrich waren nach Leipzig gekommen, um dem Moderator Dr. Andreas Eichler, der auch der Buchautor ist, noch einmal Rede und Antwort zu stehen, und um die Lebenskraft der Gemeinde zu beweisen.

Bürgermeister Kertzscher machte schon in der Art und Weise seines Auftretens deutlich, dass die Fähigkeit und der Willen zur Selbstbestimmung in einer Gemeinde entscheidend ist. Der Bürgermeister, der auch Vorsitzender des Sportvereines ist (450 Mitglieder), hob hervor, dass die Überschaubarkeit der Gemeinde ein wesentlicher Grund für die Lebensqualität ist. ZV-Geschäftsleiter Dr. Steffen Heinrich skizzierte die bereits vorhandenen Formen der dezentralen Nutzung alternativer Energiequellen und deutete an, dass die kommunale Erzeugung von Energie aus alternativen Quellen für den Vor-Ort-Verbrauch mittelfristig ein Grund des Zusammenlebens und ein entscheidender Standortfaktor werden kann. Dr. Heinrich fügte an, dass er in seiner brandenburgischen Heimat mit großem Interesse gefragt werde, was denn in Niederfrohna wieder Neues unternommen wurde. Mitunter glaube er sogar, dass es so etwas, wie ein »Niederfrohna-Prinzip« gäbe.

Die Zuschauer waren sichtlich überrascht, dass es kleine Gemeinden mit solchem Zukunftspotenzial gibt, dass man das Außergewöhnliche, das Große nur im Alltäglichen, im Kleinen finden kann, nicht separat. Nach der Diskussion wollten viele Zuhörer am Stand des Mironde-Verlages das Buch »Niederfrohna: Gestern–Heute–Morgen« sehen.

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Professor Dr. Karin Heinrich und Dr. Steffen Heinrich, die Autoren des Kleinkläranlagen-Handbuches, nahmen am 15. März an einer weiteren Diskussionsrunde im Fachbuchforum teil, in der es um die bisherigen Erfahrungen bei der Umstellung auf vollbiologische Kleinkläranlagen ging. Dr. Steffen Heinrich konstatierte, dass der Gesetzgeber in Sachsen den 31.12.2015 als letzte Frist für eine Umstellung aller bisherigen Kleinkläranlagen auf Vollbiologie gesetzt habe. Zudem sei ein Förderprogramm aufgelegt worden. Dennoch hielten sich die Grundstückseigentümer mit der Umstellung auffallend zurück. Prof. Dr. Karin Heinrich verwies darauf, dass das Herausfinden des für das Grundstück und die Lebensweise richtigen Kläranlagen-Verfahrens für den Grundstückseigentümer die entscheidende Aufgabe sei. Man habe bewusst darauf verzichtet dem Leser »griffige Regeln« zu präsentieren, weil es keine allgemeinen Regeln, die für alles und jeden passten, gäbe. Es führe kein Weg daran vorbei, dass man sich mit den Grundlagen, den Besonderheiten, den Vor- und Nachteilen der heute zehn gängigen Verfahren beschäftige. Um dem Leser diesen notwendigen Aneignungsprozess zu erleichtern, habe man den Text mit farbigen Funktionszeichnungen und Fotos in großer Zahl ergänzt.

Moderator Eichler konnte es sich an dieser Stelle nicht verkneifen ein Herder-Zitat unterzubringen: Es gibt keine allgemeinen Regeln, nur allgemeine Voraussetzungen, die wir uns aneignen und unter unseren individuellen Lebensbedingungen anwenden müssen. Viele Zuschauer waren angenehm überrascht, in diesem Rahmen ein solches Zitat zu hören. Eigenartig.

Das Fazit der beiden Autoren lief darauf hinaus, dass man für die Zurückhaltung der Grundstückseigentümer Verständnis haben müsse. Eine Folge der Veröffentlichung ihres Buches sei, dass das Wissen um die Zusammenhänge gewachsen sei, nicht nur bei Grundstückseigentümern, auch bei Herstellern, in Behörden und in Ingenieurbüros. Der Moderator bedauerte, dass Dipl.-Ing. Dietrich Bernd, der Betreiber eines Ingenieurbüros, wegen eines Havarie-Einsatzes an der Diskussionsteilnahme gehindert wurde. Auch nach dem Ende der Diskussion im Forum informierten die beiden Autoren geduldig am Stand des Verlages Fachbesucher und Grundstückseigentümer.

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Professor Eberhard Görner, der am Stand des Chemnitzer Verlages sein neues Buch über den Kurfürsten »August der Starke« vorgestellt hatte, machte anschließend am Stand des Mironde-Verlages Station.

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Am 16. März stellte Moderator Matthias Zwarg (Mitte), gemeinsam mit dem Autor Dr. Klaus Walther (re.) und Häuptling Gojko Mitic (li.) die Neufassung der Karl-May-Biographie am Stand des Chemnitzer Verlages vor.

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Nur wenige Minuten nach der Vorstellung der Karl-May-Biographie stellten sich Dr. Klaus Walther (Herausgeber) und Henry Kreul (für den Verein Silberbüchse, Förderverein Karl-May-Haus Hohenstein-Ernstthal e.V.) den Fragen des Moderators nach einer Neuauflage einer der erzgebirgischen Dorfgeschichten von Karl May, die in der Edition Kammweg unter dem Titel »Der Teufelsbauer« unmittelbar vor Messebeginn veröffentlicht wurde.

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Frau Dr. Sibille Tröml (re.), die Geschäftsführerin des Sächsischen Literaturrates, besuchte auch den Stand des Mironde-Verlages.

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Der 17. März begann für den Mironde-Verlag mit der Vorstellung des neuen Archicad-15Handbuches. Alfred Hagenauer, der Geschäftsführer der A-Null-Bausoftware GmbH Wien und sein Mitarbeiter Christoph Eichler waren dafür extra nach Leipzig gekommen. Alfred Hagenauer hob hervor, dass die Software, die von einem Modellbauer mit dem Blick auf die Macintosh-Benutzereigenschaften entwickelt wurde, die Arbeit des Architekten verändere. Christoph Eichler ergänzte, dass das Gebäude mit Archicad nicht mehr »gezeichnet« werde, sondern »gebaut«. Wenn man einmal ein Haus gebaut habe, verstehe man die Programm-Architektur schneller und besser.

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Auch nach der Buchvorstellung herrschte am Verlagsstand großes Interesse für das neue Archicad15-Handbuch.

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Am Nachmittag des 17. März stellte der Mironde-Verlag das Buch »Wer hat Angst vor Kater Sam?/Who’s afraid of Sam the Cat?«, eine Katzengeschichte in Deutsch und Englisch, vor. Die Autorin war leider verhindert, so dass freundlicherweise Illustrator Dr. Günter Arnold aus Weimar eine Textauswahl in beiden Sprachen vortrug.

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Die Zuhörer waren von dem neuen Buch begeistert und dankten dem Illustrator.

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Wir begleteten Dr. Günter Arnold nach seinem Auftritt zu den Büchern der Antiquariatsmesse. Mit Antiquar Prof. Dr. Bernd Wirkus entspann sich ein kleiner literaturhistorischer Diskurs. Das sind Augenblicke erhabener Größe und Schönheit, wie man sie als Journalist nur hier erleben kann.

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Am 18. März traten Lyriker zweier Generationen gemeinsam auf. Juni Kröner las mit sensibler Stimme aus ihrem neuen Buch »Zweiglein zerbrich nicht«. Hier blitzten Gedanken der jungen Generation auf, die uns Hoffnung spenden. Im Anschluss las Wolfgang Eckert mit seiner sonoren Stimme aus seinem neuen Gedichtband »Rettet die Clowns«. Seine Stärke liegt vielleicht in der existenziellen Sicht auf seine Generation, zu deren Eigenheiten eine, im heutigen neoliberalen Zeitgeist »altmodisch« erscheinende, gleichwohl für eine humane Zukunft unverzichtbare Verantwortung gehört.

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Am Stand des Mironde-Verlages ging die Leipziger Buchmesse am Abend des 18. März 2012 erfolgreich zu Ende.

 

Kommentar

Die Wirklichkeit der Leipziger Buchmesse unterscheidet sich immer wieder von den Eröffnungsreden, Preisvergabe-Begründungen und anderen PR-Texten. Auffällig war, dass wieder sehr wenige Buchhändler die Möglichkeit nutzten. Dafür kamen sehr engagierte Buchhändler, wie Michael Schneider aus Schwarzenberg. Auch besuchten mehr interessierte Kunden, Bücherfreunde und Büchersammler die Verlagsstände direkt. Verantwortungsbewusste Bibliotheksdirektorinnen, wie Elke Beer, von der Stadtbibliothek Chemnitz, nutzen ebenfalls die Möglichkeit. Zur größten Stärke der Messe hat sich vielleicht das Interesse der Jugend entwickelt. Vielfach kommen die Cosplays in ihren bunten Kostümen. Dort, wo junge Leute lesen, dort findet man auch viele junge Zuhörer. An den Verlagsständen hat man mitunter den Eindruck, dass immer mehr junge Messebesucher kommen, um eigene Manuskripte anzubieten. Die technische Entwicklung macht das eigene Buch heute möglich. Verständlich ist auch das Streben nach »Unsterblichkeit« als Buchautor. Doch das kann man nicht erzwingen. Zudem: wenn wir alle Bücher schreiben, wie sollen wir diese dann noch lesen?

In einem Gespräch mit jungen Eltern sagte Dr. Eichler, dass Bücher uns vielleicht wesentlich zum Sprechen über das Gelesene anregen sollten, zum Weitererzählen, zum Weiterdenken. Hier kam er wieder, wie sollte es anders sein, mit Herder. Dieser habe gesagt, dass wir nur denken könnten, was wir auch sprechen können. Literatur habe Herder immer nach ihrem Beitrag für die Herausbildung von Eigenheiten der Nationalsprache bewertet. Das Nationale sei für Herder jedoch immer eine Erscheinungsform des Inter-Nationalen gewesen. Die alten Lieder und Heimatsagen waren deshalb nicht nur als Gesprächsstoff zwischen Großeltern, Eltern, Kindern und Enkeln geeignet, sondern im Herderschen Sinne gleichzeitig eine Einführung in die Weltliteratur.

Eichler meinte, dass das Weitererzählen, das Fabulieren und die Verwendung ambivalenter Worte die Quellen für Kreativität seien. Er könne sich vorstellen, dass die mündliche Erzählung wieder eine Bedeutung bekomme, wie vor der Erfindung des Buchdruckes. Das sei die eigentliche Revolution, nicht das E-Book.

Sei es, wie es sei. Es herrschte eine angenehme Atmosphäre auf der Leipziger Buchmesse. Gewiss erinnern manche Kostüme an Jahrmarkt. Aber der Jahrmarkt war der Ursprung der Messe. Schon vor Jahrhunderten wurden nicht nur Waren ausgetauscht, sondern auch Gedanken und Ideen. Wenn man bereits ist, sich auf Neues und Unbekanntes einzulassen, dann ist die Leipziger Buchmesse der richtige Ort. Es war wieder ein Ereignis. Wir bedauern alle, die nicht da waren.

Johannes Eichenthal

 

 

Information

Karin Heinrich/Steffen Heinrich: Das Kleinkläranlagen-Handbuch

23,4 × 30,5 cm, fester Einband, Fadenheftung, Lesebändchen

312 Seiten, 69 Farbfotos, 62 farbige Abbildungen, 17 Tabellen, 1 Karte, 27 Formularvordrucke, Sachwortverzeichnis, VP 48,00 €, ISBN 978-3-937654-34-8

 

Andreas Eichler: Niederfrohna. Gestern – Heute – Morgen

Format 22,5 × 22,5 cm, fester Einband, Fadenheftung, runder Rücken, Lesebändchen, 144 Seiten, 23 Abbildungen und Fotos. Erscheinungsjahr 2011, VP 19,90 €, ISBN: 978-3-937654-65-2

 

Edition Kammweg Band 9

Karl May: Der Teufelsbauer. Eine erzgebirgische Dorfgeschichte.

Herausgegeben und mit einem Nachwort versehen von Klaus Walther, Engl. Broschur, 12,4 × 18,6 cm, 96 S. Mit Illustrationen von Birgit Eichler, Neuerscheinung 2012, Verkaufspreis: 9,50 €, ISBN 978-3-937654-45-4

 

Bernhard Binder: Archicad15Handbuch

20,9 × 29,8 cm, 338 Seiten, Ringbindung, 560 s/w-Abbildungen

Erscheinungsjahr 2011, VP 29,00 €, ISBN 978-3-937654-69-0

 

Runhild Arnold: Der Kater Sam

Deutsch/Englisch, 23,4 × 30,5 cm, fester Einband, 46 S., März 2012,

VP: 14,90 €, ISBN 978-3-937654-67-6

 

Wolfgang Eckert: Rettet die Clowns

14,0 × 20,5 cm, Broschur, VP 9,95 €, ISBN 978-3-937654-61-4

 

Juni Kröner: Zweiglein zerbrich nicht

Gedichte und Illustrationen, 14,0 × 20,5 cm, Broschur, VP 9,95 €

ISBN 978-3-937654-60-7

 

 

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