Reportagen

DIE WELT DER HIMMELSSCHEIBEN

Am 14. Juli wurde in der Zentralwerkstatt Pfännerhall in Braunsbedra von Roland Karge, dem Vorsitzenden des Fördervereins, in Anwesenheit der Botschaftssekretärin der Republik Vietnam, mit kurzen Statements und einer anschließenden Führung unter Leitung von Dr. Dominique Görlitz und Dr. Helge Wirth die Ausstellung mit dem Titel „Die Welt der Himmelsscheiben“eröffnet. Görlitz erklärte, dass es um den Kontext der Himmelsscheiben, die Neuevaluierung der Bildinhalte und der Weltzusammenhänge von Himmelsscheiben gehe. 

Benedikt Görlitz begrüßte Frau Hang, die Botschaftssekretärin der Republik Vietnam, vor einer Trommel aus der Dong-Son-Kultur (800 v. u. Z – 200 u. Z.). Botschaftssekretärin Hang drückte ihre Freude darüber aus, dass die Kultur ihrer Heimat in die Ausstellung einbezogen wird.

Dr. Wirth erklärte dem Publikum, dass in der Dong-Son-Kultur die Himmelsscheiben auf bronzene Trommeln gebunden wurden, so wie auf dem ausgestellten Modell.

Dong-Son-Trommel

Günter Eckardt verwies auf den Zusammenhang der Erkenntnisse über die Herkunft der Himmelsscheiben mit Erkenntnissen über den Altbergbau im Erzgebirge, dem vormaligen Sudeten-Gebirge.

Bei der Führung gingen Görlitz und Wirth auf einzelne Aspekte der Scheiben ein. In verschiedenen Kulturen und Religionen entstanden Himmelscheiben. In zweidimensionaler Form wurden Sternbilder und Planeten erfasst. Görlitz stellte besonders die Orientierungsfunktion bei Seereisen heraus. In der Tat beeindrucken die Kommunikationszusammenhänge, die vor 4000 oder 6000 Jahren von Mitteleuropa über den Donauraum und das Schwarze Meer in den Orient verliefen, und umgekehrt.

Die Vorstellungen vom kosmischen Zusammenhang, in dem wir leben, war aber zugleich der Anfang von Religion. Eine Kosmogonie steht am Anfang jeder Religion. (Johann Gottfried Herder) Die Scheiben zeigen uns, dass sich der Sternbild-Mythos auf Sagen, Legenden und Märchen zur Weltentstehung stützt, zugleich aber auch auf recht präzise Darstellungen der Sternbilder. Der poetische Versuch den Weltzusammenhang mittels Sagen zu begreifen und rationale Messergebnisse schließen sich also nicht nur aus, sondern bedingen sich im Mythos.

Die Ausstellung besitzt eine große Bildungsfunktion. Hier sind die kulturellen Vorurteile des Westens über die „Vormoderne“ und die „Vorwissenschaft“ anderer Kulturen auflösbar.

Den Organisatoren der Ausstellung und dem Förderverein Zentralwerkstatt Pfännerhall ist für dieses Ereignis zu danken. Die Exponate weiten unseren Blick, bieten die Möglichkeit zum Weiterdenken und sind ein wichtiges Sommer-Reiseziel für Kinder und jung gebliebene Erwachsene in der Region Mitteldeutschland. Außer der Himmelsscheiben-Ausstellung sind zu sehen: Fundorte (mit der sechs Meter hohen Skulptur eines 1985 gefundenen Altelefanten-Skeletts), ABORA-Expedition (mit dem ausgestellten Schilfboot Abora III), Bergbau und Innovation im Geiseltal (zur Geschichte der Förderung von 1,4 Mrd. Tonnen Braunkohle). 

Johannes Eichenthal

Information

www.pfaennerhall-geiseltal.de

Die Litterata – Technik und Poesie in Mitteleuropa – ist ein Feuilleton des Mironde Verlags (www.mironde.com) und des Freundeskreises Gert Hofmann.

One thought on “DIE WELT DER HIMMELSSCHEIBEN

  1. Dieser Artikel ist sehr informativ und ein wichtiger Hinweis zum Besuch. Ich bin dort in meiner Halleschen Zeit auf dem Wege ins Unstruttal oft vorbeigefahren. Hoffentlich wird diese Initiative von Vielen genutzt, oder gehen die Leute vorbei wie an Vielem? Frage an die Pädagogik. Prof. Dr. H. Neef, Bockau

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