bergmännische Volkskunst
Reportagen

95 JAHRE MUSEUM FÜR BERGMÄNNISCHE VOLKSKUNST

Der 14. Juli 2024 war ein warmer Sommersonntag. Der Himmel blaute wolkenlos auf und die Sonne erstrahlte. In der Bergstadt Schneeberg war vor 95 Jahren, am 14. Juli 1929, das Museum für bergmännische Volkskunst gegründet worden. Aus Anlass dieses Jubiläums bot das Museum seinen Besuchern ein Festprogramm für Kinder und Erwachsene bei freiem Eintritt.

bergmännische Volkskunst

Das Museum für bergmännische Volkskunst

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Im Innenhof konnten Kinder hölzerne Konstruktionen bewegen und Schätze ausgraben.

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Für Kinder und Erwachsene erfolgten Vorführungen Schmuckbasteln aus Schrauben und Unterlegscheiben, Schnitzen und Klöppeln.

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Ebenfalls für alle Generationen wurde im Ersten Stock eine Veranstaltung angeboten. Michael Schuster erzählte hier die Geschichte eines Bergzwerges, der sich vor 500 Jahren in Annaberg mit einem Schuljungen namens Lazarus Ercker anfreundete. Der Zwerg wusste selbstverständlich, dass der Junge einmal ein berühmter Gelehrter, der Begründer der Analytischen Chemie im Hüttenwesen, werden würde. Aber er verlässt sich nicht auf seine Fähigkeit in die Zukunft zu blicken. Vielmehr begleitet er den jungen Lazarus zwischen dem 12. und dem 17. Lebensjahr, in der Zeit, in der dieser die Annaberger Lateinschule und die Rechenschule Adam Ries besuchte. Bergwerke, Erzhütten und technischen Neuerungen, wie die Radpumpe zu Ehrenfriedersdorf, die außerhalb des Lateinschul-Horizontes lagen, besuchte der Zwerg gemeinsam mit Lazarus. Der Zwerg trägt aktiv zur Bildung des jungen Lazarus bei. Vielleicht wusste er, dass ohne höchste Aktivität selbst Prophezeiungen nicht in Erfüllung gehen?

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Birgit Eichler las zur Abwechslung einzelne Passagen aus dem Buch vor. Die Zuhörer lauschten gespannt der Geschichte. Am Ende konnte Michael Schuster die Gäste beruhigen: Lazarus Ercker wurde wirklich neben Vannoccio Birringuccio (1480–1537) aus Italien und dem den gebürtigen Glauchauer Georgius  Agricola (1494–1555) zur wissenschaftlichen Autorität im europäischen Montanwesen. In der zweiten Hälfte seines Lebens arbeitete Ercker in Prag bei Kaiser Rudolph II. als Oberaufseher über alle Bergwerke des Kaiserreiches. In Prag entstand 1574 auch sein wissenschaftliches Hauptwerk „Das große Probierbuch“. Es wurde 1960 von Paul Reinhard Beierlein als Freiberger Forschungsheft D 34 neu herausgegeben. Der Untertitel des Buches ist noch aufschlussreicher: „Beschreibung der allervornehmsten mineralischen Erze und Bergwerksarten“. Kaiser Rudolph II. wollte damals Prag zu einem europäischen Wissenschafts-Zentrum machen. Lazarus Ercker traft hier mit berühmten Gelehrten aus ganz Europa zum Wissensaustausch zusammen.

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Die Zuschauer nahmen die Geschichte, die Michael Schuster erzählte, dankbar auf. Die Geschichtenerzählung ist auch die Grundform der Wissensvermittlung. Erwachsene stellen sich den Vorgang oft als bloße Vermittlung von Zahlen und Fakten vor. Aber der Eindruck täuscht: Bildung ist mehr als bloßes Wissen und selbst Wissen wird erst kommunizierbar, sei es mit Laien oder anderen Wissenschaftsdisziplinen, wenn es die literarische Form der Erzählung angenommen hat. Über Jahrtausende waren es wahrscheinlich die erzählenden Großeltern, die den größten Anteil an der Bildung der Jugend hatten.

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Im Erdgeschoss wurde die angeregte Diskussion bei Kaffee und Kuchen fortgesetzt. Die Schneeberger Konditorei Willert sorgte für für das leibliche Wohl der Gäste. So konnten wir gestärkt den Heimweg antreten, schlenderten jedoch zuvor noch einmal über den am Sonntagnachmittag sehr gut besuchten Markt der traditionsreichen Bergstadt.

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In diesem Haus am Markt, in der früheren Gaststätte Zum Ring, wohnte vom 14. bis 17. August 1786 Johann Wolfgang Goethe. Zum 100. Todestag des Dichters brachte der Erzgebirgsverein eine Erinnerungstafel an. In den letzten Jahren wurde das Haus saniert und beherbergt heute eine Pension.

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In diesem Haus am Markt liegt der Ursprung des von Veit Hans Schnorr d. Ä. (1614–1664) gegründeten Erz- und Metallverarbeitungsunternehmens. Die Familie soll über eine umfangreiche Bibliothek verfügt und hier berühmte Gelehrte als Gäste begrüßt haben. Man sieht dem Haus diese Geschichte heute nicht mehr an. 

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Blick über den Marktplatz zur St. Wolfgangkirche. Schneeberg war über Jahrhunderte ein weltbekannter Bergbauort. Die Spuren dieser interessanten Geschichte sind heute noch sichtbar.

Clara Schwarzenwald

Information

Museum für bergmännische Volkskunst: https://www.museum-schneeberg.de

Die Bücher Michael Schusters sind in jeder Buchhandlung oder direkt beim Verlag beziehbar:

Michael Schuster: Der Zwerg aus dem Berg. Eine Zeitreise in die Montanregion Erzgebirge/ Krušnohoří.

Fester Einband, runder Rücken, 23,0 × 3,0 cm, 96 Seiten, zahlreiche farbige Abbildungen und Fotos

VP 17,95 Euro; ISBN 978-3-96063-048-7

https://buchversand.mironde.com/p/der-zwerg-aus-dem-berg

Michael Schuster: Der Zwerg aus dem Berg. Bildergeschichte einer Zeitreise in die Montanregion Erzgebirge/ Krušnohoří. Für Kinder ab 3 Jahre. Klammerheftung, 14,8 × 14,8 cm, 16 Seiten, Illustration von Birgit Eichler VP 5,95 Euro; ISBN 978-3-96063-058-6

https://buchversand.mironde.com/p/der-zwerg-aus-dem-berg-bildergeschichte-einer-zeitreise-in-die-montanregion-erzgebirge-krusnohori

Michael Schuster: Der Zwerg aus dem Berg. Eine Zeitreise in die Montanregion Erzgebirge/ Krušnohoří

Hörbuch auf CD. LZ 79:41 VP 12,50; ISBN 978-3-96063-057-9 

https://buchversand.mironde.com/p/hoerbuch-der-zwerg-aus-dem-berg-cd

Michael Schuster: Der Zwerg aus dem Berg. Eine Zeitreise in die Montanregion Erzgebirge/ Krušnohoří

Hörbuch als Download. LZ 79:41 VP 12,50; ISBN 978-3-96063-057-9 

https://buchversand.mironde.com/p/hoerbuch-der-zwerg-aus-dem-berg-download

Die Litterata – Technik und Poesie in Mitteleuropa – ist ein Feuilleton des Mironde Verlags (www.mironde.com) und des Freundeskreises Gert Hofmann.

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