Reportagen

Buch und Kunst

 

Am 8. und 9. September fand im Chemnitzer Wasserschloss Klaffenbach die »11. Künstlerbuchmesse« statt. Kleinverlage, Handpressen und einzelne Künstler stellten dem Publikum die Ergebnisse ihrer Arbeit vor.

Zur Eröffnung gab Dr. Andreas Eichler, der Vorsitzende des Schriftstellervereins Chemnitz-Erzgebirge e.V., eine kurze Stellungnahme ab. Er plädierte für eine weite Fassung des Ausdruckes »Künstlerbuch«. In der Tat wird man bei Hiller/Füssel: »Wörterbuch des Buches«. Vitorio Klostermann 1954 ff, 6. Auflage 2002, S. 209 beim Stichwort »Künstlerbuch« auf »Malerbuch« verwiesen. Es geht also im engen Sinne um das Buch eines Malers. Nach diesem engen Maßstab wäre tatsächlich nur der kleinste Teil der in Klaffenbach gezeigten Exponate ein »Künstlerbuch«.

Aber, so Eichler, wenn die Maler ein »Malerbuch« herausgaben, und nicht einfach ein Bild malten, dann gehe es Ihnen doch im Wesentlichen um das Buch und den literarischen Text. Ein Merkmal von Literatur sei das poetische Moment. Im Text müsse Unsagbares gesagt werden, dann sei es Literatur.

In der Folge versuchte er das am Beispiel der Sage vom »Eingemauerten Burgfräulein«, die im Wasserschloss handelt, zu verdeutlichen. Anders als die Brüder Grimm behaupteten, sei auch die Sage durch Poesie gekennzeichnet, nicht nur das Märchen. Eichler interpretierte hier sogar einzelne Textstellen.

Die Geschichte von der Tochter des Burgherren, die sich weigerte den reichen, bösartigen und hässlichen Burgherren von Rabenstein zu heiraten, und die der Vater dann in den Turm des Wasserschlosses einmauern ließ, sei über Jahrhunderte weitererzählt worden. Vor etwa 200 Jahren habe man begonnen, die Sage aufzuschreiben. Bis heute gibt es Kritiker, die auf die Verluste hinweisen, die durch die Verschriftlichung entstanden.

Im Jahre 1956 habe der legendäre Lehrer Horst Strohbach die Sage zusammen mit anderen in einem schlichten A5-Heft zu Unterrichtszwecken herausgegeben. Gedruckt wurde der Texte auf holzhaltigem Papier, der Umschlag erinnerte an einfaches Packpapier. Die kongenialen, expressivem Federzeichnungen stammten von dem Maler Horst Schieke. Das klammergeheftete Büchlein wurde für Generationen von Schülern ein Leitfaden der Heimatgeschichte, eine Einführung in Poesie und Literatur ihrer Muttersprache und damit auch der Weltliteratur. Formell habe die Ausgabe nicht dem entsprochen, was manche Puristen heute als »Künstlerbuch« verstünden. Faktisch, so Eichler, sei es aber eines gewesen.

Mittlerweile gäbe es auch eine Hörbuch mit einer szenischen Lesung des »Eingemauerten Burgfräuleins« mit dem begnadeten Sprecher Siegfried Arlt. Eine Ausgabe als Elektronisches Buch, als »E-Book«, sei gerade in Vorbereitung.

Das Problem, so Eichler, sei nicht das Medium, mit dem eine Geschichte erzählt werde. Das Problem sei heute die massenhafte »Vermarktung« unliterarischer Texte, die acht Millionen Analphabeten in Deutschland und die 25 Prozent der Achtjährigen, die keinen Mindestwortschatz mehr beherrschten.

Er plädierte deshalb für eine verstärkte Zusammenarbeit aller, denen am Buch, am poetischen Text, am Lesen und Denken gelegen sei.

Als Idealfall aus Sicht des Schriftstellervereins bezeichnete er die Zeitschrift »Zündblättchen«. Sechs Mal im Jahr erhielten je eine Lyrikerin/Lyriker und eine Graphikerin/ Graphiker die Gelegenheit in einer Ausgabe der Zeitschrift aufzutreten. Der Computersatz sei von der Einhaltung alter handwerklicher Grundsätze geprägt, die mit Hilfe moderner Programme weitergeführt würden. Die »Zündblättchen« werden in kleiner Auflage auf einem kleinen Tintenstrahldrucker gedruckt. Mittlerweile ist Ausgabe 51 erschienen. Die Autorinnen und Autoren kommen aus ganz Europa. Es sei eine einzigartige Vermittlung von verschiedenen kulturellen Denkweisen.

An dieser Stelle beendete Eichler seine Rede. Bemerkenswert daran war vielleicht auch, dass er den Namen Johann Gottfried Herder kein einziges Mal …. Naja.

Im Anschluss erhielt die Chemnitzerin Bettina Haller den Von-Taube-Preis der Künstlerbuchmesse.

Else Gold und Wolfgang E. Herbst geben die Zeitschrift »Zündblättchen« heraus. Wolfgang E. Herbst, gelernter Schriftsetzer, Gründer mehrerer Handpressen, studierten Maler und Graphiker, Meisterschüler von Professor Sackenheim, Träger des in Fachkreisen geschätzten »V. O. Stomps-Preises« – der geistige Vater des Unternehmens.

Nach der Eröffnung nutzen die Besucher die Gelegenheit, um die Vielfalt der Exponate zu besichtigen.

Alle Räume des Schlosses waren an diesem Tag von den Büchermachern in Besitz genommen.

Auch der Mironde-Verlag war in Klaffenbach bis Sonntagabend vertreten. Bei herrlichem Spätsommerwetter ging die Veranstaltung zu Ende.

Johannes Eichenthal

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