Rezension

Hinweis auf neue Zeitschriften

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Die Nr. 51 der Zeitschrift »Das Zündblättchen« erschien mit »Ammenreimen & Liebesgeschichten aus pessimistischen Nächten« von Edda Rosemann und Zeichnungen von Ilse Kilic.

Herausgeber: Else Gold, ISSSN 1866-1726, Verkaufspreis 1,50 €

Bestellanschrift: Edition Dreizeichen, Goldgrund 15, 01662 Meißen,

E-Mail: diedreizeichen@aol.com

 

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Das Winterheft 2013 der Zeitschrift Signum – Blätter für Literatur und Kritik – bietet dieses Mal Texte von Andreas Altmann, Hans-Jörg Dost, Jürgen Egyptien, Gregor Hens, Jürgen Israel, Henry-Martin Klemt, Jürgen Kross, Gerd Künzel, Roland Lampe, Erwin Messmer, Heinrich Peuckmann, Richard Pietrass, Vasile V. Poenaru, Lutz Rathenow, Walle Sayer, Christiane Schulz, Eva Taylor, Jens Wonneberger, Joachim Zünder.

Rezensiert werden Bücher von Wulf Kirsten, Maik Lippert, Eva Förster, Nina Neumann, Ralph Grüneberger, Wilhelm Bartsch, Wolfgang Berends, Sylvia Kabus, Johannes Lange, Benedikt Dyrlich, Norbert Marohn, Roger Manderscheid, Eugen Ruge, Klaus Martens, Ulrich Becher, Wolfgang Emmerich / Bernd Leistner (Hrsg), Norbert Weiß / Jens Wonneberger, Joochen Laabs.

 

An dieser Stelle sei mir ein Wort zu Gert Rauschenbachs Rezension des 2008 erschienen Sammelband »Literarischen Chemnitz« gestattet. Es ist löblich, dass sich der Rezensent auch die Mühe zum Detail macht. Wir sehen einmal davon ab, dass er Gert Hofmann mit einem »f« zu viel schreibt. Das kann passieren. Aber den Namensgeber des Litterara-Herausgeberkreises Gert Hofmann als »Heimatdichter« zu bezeichnen, wenn auch mit der Einschränkung »im wohlverstandenen Sinne«, geht am Werk Gert Hofmanns vorbei.

Gert Hofmann: Das Grundthema des Erzählens lautet: es hätte so gewesen sein können

1. Gert Hofmann ging 1948 aus seiner Geburtsstadt weg. Er absolvierte auf der Leipziger Sprachenschule gleichzeitig die Kurse Englisch, Russisch und Französisch. Im Normalfall war es schwer, nur einen Kurs erfolgreich zu beenden. Sein Studienfreund im ersten Leipziger Semester, Günter Johne aus Dresden, berichtete, dass Hofmann schon damals europäische Klassiker im Original las. Nach dem Wechsel zur Universität in Freiburg, dem Diplom in Germanistik und der Promotion in Anglistik, war Gert Hofmann bis 1981 als Sprachdozent in aller Welt tätig.

1993 kehrte er auf einen Besuch in seinen Geburtsort zurück. Er wurde für kurze Zeit wiederentdeckt. Der Durchschnittslimbacher suchte in den Werken Gert Hofmanns nach Erwähnungen der Heimatstadt, glaubte in den Büchern das Leben des Autors wieder zu finden, und wurde enttäuscht. Die Eifrigsten monierten »Fehler« in der Darstellung: das Apollo-Kino steht gar nicht in der Helenenstraße usw. Selbst ein Kinoerzähler Karl Hofmann, der Held des gleichnamigen Romans, ist bis heute nicht nachweisbar.

Der Ruhm des Dichters verblasste in seiner Heimat schnell. So wurde das Geburtshaus Gert Hofmanns abgerissen, obwohl es auf Initiative des Freundeskreise, mit einigen Schwierigkeiten (»Prof. Magirius kennt keinen Gert Hofmann …«) auf die Landesdenkmalliste gelangt war. Erst 2011, anlässlich des 80. Geburtstages des großen Sohnes, interessierte sich wieder eine etwas breitere Öffentlichkeit für den großen Sohn.

2. Als Erzähler wurde Gert Hofmann eigentlich 1980 von Sigrid Löffler entdeckt, die ihn, aufgrund seines Wohnortes Klagenfurt, und seiner Veröffentlichung im Salzburger Residenz-Verlag, in der Wiener Zeitschrift »Profil« auch als Österreicher betrachtete. Frau Löffler lieferte eine enthusiastische Einführung: »Hofmanns Verstörungen« lautete ihr Titel. Sie referierte die Methode des Schriftstellers, über Assoziationen in uns selbst die Grenze zwischen Humanität und Inhumanität spürbar werden zu lassen. Gert Hofmann brauchte keine »realistische Gewaltdarstellung«, um in uns die Verstörung zu erwecken. Das war nichts jedermanns Sache. Aber mit dem ersten (unveröffentlichten) Kapitel aus »Die Fistelstimme« gewann Gert Hofmann den Ingeborg-Bachmann-Preis. Das Manuskript der »Fistelstimme« lag einige Jahre beim Hanser-Verlag. So wurde die erste Prosaveröffentlichung Hofmanns die Novelle »Die Denunziation«. In der Stadt L. bereitet sich ein Rechtsanwalt in einer Nacht auf einen Prozesse vor (die Verteidigung eines jungen, Sandalen tragenden, langhaarigen Lehrers), schreibt einen Brief an einen Freund und ordnet die Erbschaft seines in New York verstorbenen obdachlosen Bruders. Schon hier wird klar, dass mit »L.« die Geburtsstadt nur als eine Art von Kulisse vorkommt.

3. Die Literaturwissenschaft in beiden deutschen Staaten war um 1980 mit der Abfassung von Literaturgeschichten von 1945 bis zur Gegenwart beschäftigt. Für diese Werke kam Gert Hofmann zu spät. In manchen Lexika fehlt er noch heute. Die Folge davon ist, dass viele Literaturwissenschaftler und Literaturjournalisten keine Texte von Gert Hofmann kennen.

4. Die wichtigsten Ehrung erfuhr Gert Hofmann zu seinem 80. Geburtstag von der Abteilung »Künstlerisches Wort« des MDR-Figaro. Man sendete nicht nur Hörspiele mit Rolf Hoppe in der Rolle des Kinoerzählers, sondern auch das Hörspiel »Die Brautschau des Dichters Robert Walser in der Anstaltswäscherei von Bellelay, Kanton Bern«, mit dem Gert Hofmann 1983 den Hörspielpreis der Kriegsblinden gewann. MDR-Figaro brachte es sogar fertig, die vollständige Dankesrede Hofmanns zu senden. Wohlgemerkt: Es war die Hörspielredaktion, nicht die Literaturredaktion. Diese Redaktion wusste eben, dass Gert Hofmann vor seinem Prosastart 43 Radio-Hörspiele schrieb, die 1960 bis 1992 von deutschen und internationalen Radiosendern z.T. mehrfach produziert und gesendet wurden. Dazu kommen sieben aufgeführte Theaterstücke und vier gesendete Fernsehspiele.

Das erste eigenständige Hörspiel Gert Hofmanns, »Die Beiden aus Verona«, inszenierte und sendete der Bayrische Rundfunk 1960. Am 7. Februar 1961 fand die Premiere von Hofmanns erstem Theaterstücks »Advokat Patelin« am Freiburger Wallgrabentheater statt.

Am 23. Januar 1963 ging in Bristol die Uraufführung seines zweiten Theaterstückes »The Borgemaster« (Der Bürgermeister) über die Bühne. Im Lauf der Jahre 1963/64 spielten Bühnen in ganz Westeuropa und in der Tschechoslowakei dieses Stück. 1965 produzierte der WDR zusammen mit SWF und BR eine Hörspielfassung des »Bürgermeisters«. Der SDR produzierte noch im Jahre 1965 eine Fernsehspiel-Fassung.

In jenen Jahren inszenierten Regisseure, wie Ivan Nagel in München oder Helmut Qualtinger in Hamburg Gert Hofmanns Theaterstücke. Der BBC-Hörspielchef, und Autor des »Theater des Absurden«, Martin Esslin, war ein Diskussionspartner Gert Hofmanns.

In einem begeisterten Brief sprach Werner Klippert vom NDR, nachdem er einen Entwurf des Hörspieles »Der Lange Marsch« gelesen hatte, davon, dass Gert Hofmann eine Erneuerung des Hörspieles eingeleitet habe: »Mir scheint, dass Sie auf dem Wege sind, mit Ihren großen chorischen Stücken fast so etwas wie eine neue Epoche im Hörspiel einzuleiten oder wenigstens eine neue Form einzuführen, Motto: die Wiederentdeckung der Epopöe.«

In seiner Dankesrede anlässlich der Entgegennahme des renommierten Hörspielpreises der Kriegsblinden am 26. April 1983 demonstrierte Gert Hofmann sein nahezu charakteristisches Understatement: »Also keine neue Technik, keine neue Tendenz, keine neue Kunsttheorie … obwohl es natürlich viel interessanter ist, wenn man … von etwas Neuem und Künftigen reden kann, der Weltgeist raunt da immer gleich mit. Und wer möchte nicht endlich aus dem Alten heraus und hinein in das Künftige, das Neue? Ich gebe gern zu, dass es mir schwer fällt, so zu denken, dafür bedeutet mir manches Alte zuviel. Daß man vieles nicht mehr machen kann, weil es ausgeleiert und abgegriffen ist, weiß ich natürlich auch. Meine Innovationen sind unauffälliger, diskreter.«

Im Nachwort zu vier Hörspieltexten Gert Hofmanns, die 1981 unter dem Titel »Die Überflutung« (identisch mit dem Titel eines der vier Hörspiele) veröffentlicht wurden, schrieb Christoph Buggert, Leiter der Abteilung Hörspiele im Hessischen Rundfunk, Gert Hofmann durchaus die Rolle eines Erneuerers zu. »Gert Hofmann bedient sich der traditionsreichen Form des Lehrstückes. Dass Instrumentarium dieser Gattung … wird variantenreich eingesetzt. Was aber verweigert wird, ist das traditionsreiche Kernstück der Gattung, die Lehre selbst. Eher ist ein grundsätzlicher Zweifel an Lehren aller Art die ‹Lehre› dieses Lehrstückes …« Im Detail stütze sich Gert Hofmann auf eine neuartige Technik, um den Leser permanent in das Geschehen einzubeziehen: »… die Technik, dass der Text die Differenz zwischen Außen- und Innenrede aufzuheben versucht, daß er ausprobieren hilft, was wir zum Thema fühlen und zu sagen haben, … macht den fast ausschließlich monologisierenden Text auch zum Hör-Spiel: Unsere Imagination und unser Nachdenken über uns selbst spielen mit.«

In diesem Zusammenhang verweist Buggert auf eine ähnliche Technik in Hofmanns Roman »Die Fistelstimme«. Tatsächlich scheint der neuartige Erzählstil das übergreifende Moment in Gert Hofmanns Gesamtwerk zu sein.

5. Warum zögerte Gert Hofmann so langem bevor er Romane und Erzählungen schrieb? Bis dahin hielt er es mit Thomas Mann (»Heute wird alles als Roman bezeichnet, was keiner ist.«) Er war Erst Ende der 1970er Jahre hielt Gert Hofmann es wieder für möglich, Romane zu schreiben.

In der Nachfolge von Henry James und Thomas Mann praktizierte Hofmann eine »Dramatisierung des Romans«. Aus der Einsicht, dass die abgeschlossene Darstellung einer abgeschlossene Epoche, wie der Roman allgemein definiert wird, etwa mit langatmigen Beschreibungen, nicht mehr möglich ist, versuchte Hofmann dem Leser die Assoziation der Geschichte im Kopf zu ermöglichen. Eine Vergegenwärtigung von Geschichte in uns. Der (neue) Roman bestand damit fast nur noch aus Dialogen.

Zudem folgte Hofmann James auch in der Ablehnung der Versuchung aktuell sein zu wollen. Kunst darf nicht aktuell sein wollen, sondern soll uns grade von dem langweiligen Leben erlösen. Wenn sich die Literatur auf einem Wettlauf mit der Wirklichkeit einlasse, (etwa um der Aktualität willen), dann verlören am Ende beide.

Das heute so beliebte autobiographische Genre verbot sich aus der Sicht von Henry James ebenfalls von selbst. Schon deshalb musste man hellhörig werden, wenn Gert Hofmann am Anfang des Kinoerzählers und im Anhang Details des Lebens seines Großvaters Karl ausbreitet, und dessen Enkel auch noch »Gert« nennt.

In der Vorbemerkung zum Lichtenberg Roman schrieb Hofmann: Kenner Lichtenbergs werden bemerken, dass vieles in diesem Roman erstunken und erlogen ist. Aber vom Himmel her gesehen ist mitunter das Erstunkene und Erlogene das Wahrhaftigste in unserem kleinen Menschenleben.

Die Romane und Erzählungen wurden schnell in andere Sprachen übertragen. Von 1981 bis 1993 wurde Gert Hofmann zu einem der meistübersetzten deutschen Gegenwartsschriftsteller. Befreundete Autoren wie Michael Hamburger und Christopher Middleton übersetzten zum Beispiel seine Werke ins Englische.

6. Gert Hofmann war nicht nur ein großer Dichter, sondern auch Sprachwissenschaftler und Philosoph. Seine Dissertation mit dem lapidaren Titel »Interpretationsprobleme bei Henry James« kann in der Stadtbibliothek Limbach-Oberfrohna zu wissenschaftlichen Zwecken eingesehen werden. Gert Hofmann, der bei Korff, Frings, Bloch, Heidegger u.a. studierte, war sich bewusst, dass wir Heimat (heute Identität) nicht in äußerlichen Dingen, etwa Landschaften oder denkmalgeschützen Häusern finden, sondern in uns, in unserer Seele, in der Sprache.

7. Neben den Romanen und Erzählungen schrieb Hofmann auch Novellen. Hier findet seine Sprachkunst vielleicht die angemessene Form, konzentriertes Erzählen, von Dialogen strukturiert, mit wenigen Änderungen »übersetzbar« in ein Hörspiel. Die Novelle »Die Rückkehr des verlorenen J.M.R. Lenz nach Riga« wird von Kennern, trotz unterschiedlichster Ansätze, mit der Lenz-Novelle Georg Büchners verglichen.

(Zum 80. Geburtstag Gert Hofmanns, am 29. Januar 2011, gab der Mironde-Verlag diese Novelle neu heraus. Ergänzt wird Hofmanns Text durch die kongenialen Illustrationen von Wolfgang E. Herbst-Silesius) aus Meißen. Die eigentliche Gewichtsklasse Gert Hofmanns wird wohl im heutigen sächsischen Literaturbetrieb erst noch zu entdecke sein.

 

So. Wir bitten um Enschuldigung. Jetzt wieder zur Zeitschrift Signum.

Bestellmöglichkeit der Zeitschrift Signum

Signum ISSN 1438-9355 Verkaufspreis 8,20 €

In jeder Buchhandlung oder direkt beim Verein Signum e.V. www.zeitschrift-signum.de

E-Mail: m.n.weiss@t-online.de

 

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Das kultuhistorische Archiv »Weimar-Jena. Die große Stadt« brachte als Heft 4 des Jahrganges 2012 ein Themenheft zum 100. Geburtstag von Leiva Petersen, der Verlegerin des Böhlau-Verlages in Weimar.

Volker Wahl, Johannes Schilling, Helmut Steiner, Ulrich Ott und Harald S. Liehr erinnern an Verlegerin und Verlag.

Es fügen sich Artikel zur Geschichte großer Editionen des Böhlau-Verlages an. Johannes Schilling berichtet über die Weimarer Luther-Ausgabe, Norbert Oellers über die Schiller-Ausgabe, Jutta Eckle über die Leopoldina-Ausgabe »Goethe. Die Schriften zur Naturwissenschaft«, Volker Wahl über Goethes Amtliche Schriften, Günter Arnold über die Herder-Briefausgabe und Sabine Schäfer über die Regestausgabe »Briefe an Goethe«.

ISSN 1869-7895

Verlag Vopelius, August-Bebel-Straße 10, 07743 Jena

www.weimar-jena.de

verlagvopelius@email.de

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