Reportagen

DIE PREMIERE

Gemeinde und Heimatverein Niederfrohna hatten für den Abend des 20. Mai zur Premiere des Buches „Niederfrohna. Gestern-Heute-Morgen 2“ in die Begegnungsstätte LINDENHOF eingeladen. Autoren des Buches sind Christiane W. Hoffmann und Carl F. Hoffmann Jr. aus Frohna/Missouri. Die Nachkommen Niederfrohnaer Amerikaauswanderer aus dem Jahre 1838 führten anlässlich eines Besuches in Niederfrohna Interviews durch, recherchierten nach ihren Vorfahren und dokumentierten die Heimat ihrer Vorfahren in zahlreichen farbigen Fotos. Der Blick der Besucher entdeckt im Alltäglichen einige Besonderheiten der 2500-Einwohner Gemeinde in Sachsen.

Die musikalische Begrüßung der Besucher, die am Freitagabend den Weg in den LINDENHOF gefunden hatten, übernahm das Akkordeonorchester Penig mit schwungvollen Weisen. 

Nach der Musik hörte man das Ausklingen eines Hubschrauberrotors. Der Bühnenvorhang öffnete sich langsam. Das Spotlight erstrahlte. Christiane W. Hoffmann und Carl F. Hoffmann Jr. traten ins Scheinwerferlicht, noch etwas unsicher vom langen Flug. Im Gegenlicht vermochten sie zunächst nicht die Saalbesucher zu erblicken. Doch die Unsicherheit dauerte nur kurz. Endlich waren sie angekommen. Beifall brandete auf. Der Moderator begrüßte sie und bat am Rundtisch Platz zu nehmen.

Neben Christiane W. Hoffmann (2. v. li.) und Carl F. Hoffmann Jr. (1. v. li.) nahmen der Vertreter des Amtes für Ländliche Entwicklung (ALE) René Fleischer (Mitte), Bürgermeister Klaus Kertzscher (2. v. re.) und der Moderator am Rundtisch Platz. Christiane W. Hoffmann aus Frohna/Missouri bekundeten ihre Freude in Niederfrohna sein zu können. Der Moderator verwies auf den Anlass der Buchpremiere: Am 24. April 1992 besuchte der Sächsische Staatsminister für Landwirtschaft und Forsten, Dr. Rolf Jähnichen, die Gemeinde Niederfrohna, um sich über die Lage der Landwirtschaft zu informieren. In der Folge wurde Niederfrohna 1993 als Programmdorf in die Förderung des Ministeriums aufgenommen und verabschiedete eine Ortsgestaltungssatzung zur Bewahrung des ländlichen Charakters und des Verzichtes auf Flächenversiegelung durch Gewerbegebiete „auf der grünen Wiese“. 1996 startete in Niederfrohna das erste Flurbereinigungsverfahren im damaligen Kreis Chemnitzer Land. Auf Nachfrage erklärte René Fleischer dass der ländliche Raum in den 1990er Jahren über die Programmdorf-Förderung gestärkt wurde. Aus den Anfangszeiten lägen keine Zahlen vor. Seit dem Jahr 2000 seien etwa 3,5 Millionen Euro Fördermittel in kommunale und private Projekte in Niederfrohna geflossen. Dazu seien die doppelte Summe an Eigenmitteln gekommen. Insgesamt seien damit Investitionen von mehr als 10 Millionen Euro getätigt worden. Gleichzeitig sei damit die handwerkliche Infrastruktur der Gemeinde erneuert worden. Heute erfolge die Stärkung des ländlichen Raums und der kommunalen Selbstverwaltung über LEADER-Regionen. Auf die Frage, warum die Gemeinde seit den 1990er Jahren gegen große Trends (Gewerbegebiete, Zentralisierung) auf Selbstständigkeit, eigener Schule, eigenem Kindergarten u.a. beharrte, antwortete Bürgermeister Klaus Kertzscher, dass der eingeschlagene Weg für ihn und seinen Vorgänger Lothar Philipp (beide Freie Wähler) nach dem Gebot der sparsamen Haushaltsführung zu gehen war und ist. Der Bürgermeister fasste am Ende zusammen: Heute kann es nicht mehr um die alleinigen Interessen einer einzelnen Großstadt, einer Kleinstadt oder eines Dorfes gehen. Die Zusammenarbeit selbstständiger Gemeinden in der Region ist der Maßstab unserer weiteren Entwicklung.

Auf die Frage, was ihn beim Besuch in Niederfrohna am tiefsten beeindruckte, antwortete Carl F. Hoffmann Jr.: „Die Eiscreme vom Eiscafé Hoppe.“ Er hatte die Kenner auf seiner Seite.

Der Moderator dankte den Diskussionsteilnehmern. Diese nahmen im Saal Platz. Der Vorhang öffnete sich und der Moderator stellte in einer Bilderfolge den Inhalt des Buches „Niederfrohna. Gestern-Heute-Morgen 2“ vor. Das Schlussbild – eine Gruppe der Kindertagesstätte in einer Blumenwiese vor dem Rathaus – blieb stehen. Der Bürgermeister sprang spontan auf, um den beiden Autoren zu danken.

Das Akkordeonorchester Penig sorgte zum Ausklang für gute Stimmung. Bei einem amerikanischen Eisenbahntitel „Orange blossom“ (Orangenblüte) hielt es Carl F. Hoffmann Jr. nicht mehr auf seinem Stuhl … voller Begeisterung fotografierte er die Musiker.

Nach dem Abschluss der offiziellen Veranstaltung waren die beiden Autoren begehrte Partner für Erinnerungsfotos: von links: Carl F. Hoffmann Jr., Dr. Kersten Kruse (Regionalmanagement LEADER Region Schönburger Land), René Fleischer (Amt für ländliche Entwicklung), Christiane W. Hoffmann, Angela Hoffmann (Regionalmanagement LEADER Region Schönburger Land), Max Liebert (Landwirt, besuchte in den 1980er Jahren erstmals Frohna/Missouri), Bürgermeister Klaus Kertzscher, Bürgermeister Robert Volkmann (Stadtverwaltung Große Kreisstadt Limbach-Oberfrohna), Robert Hößler (Stadtverwaltung Große Kreisstadt Limbach-Oberfrohna) und Steffen Riedel (Leiter Akkordeonorchester Penig).

Die beiden Autoren erzählten beim Signieren, dass sie von der Vorsitzenden des Heimatvereins, Gabriele Liebert, die leider an diesem Abend verhindert war, wichtige Details über das Leben ihrer Vorfahren in Niederfrohna erfuhren. Die Niederfrohnaer waren ja nur ein Teil der etwa 800 Auswanderer, die sich 1838 unter die Führung des Dresdner Pfarrers Martin Stephan begaben. Der ordinierte Niederfrohnaer Pfarrer Ernst Gerhard Wilhelm Keyl (1804–1872) verließ seine Gemeinde mit etwa 50 Niederfrohnaerinnen und Niederfrohnaern, darunter mehrere Minderjährige, die der Gruppe ohne Wissen ihrer Eltern folgten. Aus Bräunsdorf und Langenchursdorf reihten sich die Pfarrer-Brüder Walther mit Teilen ihrer Kirchgemeinde ein. Von Bremen aus stachen die Auswanderer auf fünf Schiffen in See. Davon kamen nur vier in New Orleans an. 

Der Heimatverein ist im Besitz von etwa 1200 Briefen und Schriftstücken, die auch den Briefwechsel des Niederfrohnaer Leinewebers Johann Gottlieb Martin (1794–1875) mit seinen drei ausgewanderten Kindern August Wilhelm (geb. 5.4.1817), Christiane Wilhelmine (geb. 17.3.1819) und Karl Gottlob (geb. 24.11.1820) dokumentieren. 

August Wilhelm Martin starb bereits 1839 in den USA an der Ruhr. 

Karl Friedrich Martin heiratete 1844 Johanna Christiane aus Lunzenau. Beide leben in der Nähe von St. Louis und betrieben kleine Landwirtschaft. 

Christiane Wilhelmine Martin heiratete im April 1842 Carl Friedrich Hoffmann aus Frankenberg. Sie betrieben in der Nähe von St. Louis Gartenbau und Landwirtschaft. Dem Ehepaar wurden 13 Kinder geschenkt, von denen acht die Kindheit überlebten. 

Carl Friedrich Hoffmann hatte im Oktober 1841 per Brief um die Hand Christiane Wilhelmines bei deren Vater Johann Gottlieb Martin in Niederfrohna angehalten. Gleichzeitig übermittelt er an dem Vater die Bitte seiner Braut um Verzeihung für das mit der Auswanderung der Familie zugefügte Leid. 

Der Vater verzieh seiner Tochter. Obwohl er noch zehn weitere Kinder zu versorgen hatte, schickte er dem jungen Ehepaar in Zeiten größter Verschuldung sogar Geld und andere lebenswichtigen Dinge. 

Es ist uns ein Rätsel, wie ein Leineweber in den 1840er Jahren, angesichts der konkurrierenden maschinellen Großproduktion, seine ausgewanderten Kinder derartig unterstützen konnte. Die Liebe des Vaters muss alle Schwierigkeiten überwunden haben.

Die Damen des Heimatvereins sorgten an diesem Abend im Hintergrund dafür, dass alles seinen geordneten Gang geht. Die Veranstaltung war ein voller Erfolg. Der LEADER-Region Schönburger Land ist für die Unterstützung des Heimatvereins Niederfrohna e.V. bei der Buchpublikation zu danken. Den Mitgliedern des Heimatvereins, der Gemeinde Niederfrohna, dem Akkordeonorchester Penig und den beiden Gästen aus Frohna/Missouri gebührt der Dank für ihr Engagement. Die Premiere war ein Ereignis.

Clara Schwarzenwald

Information

Zur Reportage des Regionalfernsehens Chemnitzer-Land: https://www.kabeljournal-chemnitzer-land.de/index.php?option=com_content&task=view&id=5233&Itemid=1

Christiane W. Hoffmann, Carl F. Hoffmann Jr.: Niederfrohna. Gestern-Heute-Morgen 2

Format 23 × 23 cm, fester Einband, Fadenheftung, runder Rücken, Lesebändchen, 144 Seiten, etwa 250 farbige Abbildungen und Fotos. 

VP 12,50 €

ISBN: 978-3-96063-046-3

Erhältlich ist das Buch im Buchhandel oder direkt beim Verlag: https://buchversand.mironde.com/epages/es919510.sf/de_DE/?ObjectPath=/Shops/es919510/Products/9783960630463

Die Litterata – Technik und Poesie in Mitteleuropa – ist ein Feuilleton des Mironde Verlags (www.mironde.com) und des Freundeskreises Gert Hofmann.

2 thoughts on “DIE PREMIERE

  1. Ein sehr gelungener und schöner Beitrag zur Vorstellung eines wunderschönen Buches.
    Selten haben wir ein Buch mit so viel Freude gelesen. Ein herzliches Dankeschön allen Beteiligten!

  2. Da sieht man wieder, daß Souveränität, Engagement und Selbstbewußtsein sowohl Ursache als auch Ergebnis sind und im Zusammenspiel mit Verständnis für die Positionen und Interessen der Nachbarn zugleich Voraussetzung für ein friedliches und gedeihliches Miteinander. So sollte das auch im Großen sein!

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