Zweckverband Frohnbach
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WELTWASSERTAG

Seit 1993 wird weltweit der 22. März als „Weltwassertag“ begangen. Eingeführt wurde er durch Beschluss der UN-Generalversammlung in einer Resolution am 22. Dezember 1992. Ziel dieser Initiative ist die Erinnerung an den verantwortungsbewussten Umgang mit Wasser. Das beginnt bei der sparsamen Verwendung von Trinkwasser und endet mit der Reinigung des Abwassers nach dem „Stand der Technik“. Der Zweckverband Frohnbach (ZVF), dem die öffentliche Aufgabe der Abwasserbeseitigung für die Große Kreisstadt Limbach-Oberfrohna und die Gemeinde Niederfrohna obliegt, hatte anlässlich des Weltwassertages für den 23. März zu einem „Tag der offenen Tür“ auf der zentralen Kläranlage in Niederfrohna eingeladen. Mehr als 100 Interessentinnen und Interessenten meldeten sich daraufhin an. Selbst Sturmböen, Regenschauer und ein Temperatursturz am Vormittag konnte sie nicht von einem Besuch des Klärwerkes abhalten.

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Pünktlich um 10 Uhr begrüßte Dr. Steffen Heinrich, der Geschäftsleiter des ZVF, die erste Besuchergruppe, unter ihnen auch Gerd Härtig, der Oberbürgermeister der Großen Kreisstadt Limbach-Oberfrohna und Vorsitzende des Zweckverbandes Frohnbach.

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Die Führung begann über dem Zusammenfluss der beiden Hauptsammler A und B unter der Gitterabdeckung des Vereinigungsbauwerkes.

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Den ersten Arbeitsschritt der Abwasserreinigung erledigt ein Grobrechen, mit dem größere Fremdbestandteile (Holzklötze, Steine, Scherben u.a.) aus dem Abwasser entfernt werden.

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Nach der Passage des sich anschließenden Feinrechens fließt das Wasser im natürlichen Gefälle zu den weiteren Bearbeitungsstufen.

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Ein Blick in das Vorklärbecken.

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Dr. Heinrich vermochte es, komplizierte biochemische Prozesse, die in den Bioreaktoren für die Abwasserreinigung sowie für die Klärgaserzeugung genutzt werden, verständlich und nicht frei von Humor, darzustellen.

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Am Kläranlagenauslauf werden regelmäßig Wasserproben entnommen.

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Endlich ging es zur Klärschlamm-Veredlungsanlage, dem großen Anziehungspunkt für die Besucher. Zunächst erklärte Dr. Heinrich das Klärschlamm-Trocknungsverfahren und die Kompaktierung des Trockengutes zu Pellets.

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Vor dem Pyrolysereaktor, der abschließenden Station, erläuterte Dr. Heinrich dessen Beschickung mit Pellets, die dann ablaufende thermische Zersetzung der organischen Inhaltsstoffe unter Sauerstoffabschluss bei etwa 800° C mit einer Behandlungsdauer von über einer Stunde bis zur Abkühlung der erzeugten, stark phosphorhaltigen Biokohle und deren Abfüllung in Bigbags. 

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Heiko Irmscher (Limbach-Oberfrohna) war schon lange vor Beginn der Führung gekommen, um sie ja nicht zu verpassen. Er wollte endlich einmal sehen, was mit seinem Abwasser im Klärwerk gemacht wird.

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Eine Besucherin schickte als Dankeschön eine Collage an den ZVF. Fritz Liebert (Niederfrohna) sagte uns, dass es immer wieder erstaunlich sei, wie Dr. Steffen Heinrich komplizierte chemische Prozesse auf verständliche Weise erklären könne. Mario Meyerl (Burgstädt) war beeindruckt von dem, was im Zweckverband Frohnbach in Sachen Klärschlammveredlung unternommen wird.

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Wir nutzten eine Pause zwischen den Führungen, um ein paar Fragen an Dr. Heinrich zu stellen:

Sind Sie mit dem Verlauf des Tages der offenen Tür zufrieden?

Dr. Steffen Heinrich: Ja, ich denke, dass dieser Tag ein voller Erfolg ist. Nach den Berichten im „Stadtspiegel“ über regelmäßige internationale Besuche in unserem Klärwerk, die der Pyrolyse-Anlage gelten, trugen Einwohner den Wunsch an den Oberbürgermeister heran, sich ebenfalls ein Bild vom Verfahren machen zu können. Wir hatten zunächst Bedenken, weil die Rundgänge ja mitten durch eine arbeitende technische Anlage erfolgen. Aber es gelang uns, letztlich Führungen zu organisieren, bei denen alle Sicherheitsbedingungen eingehalten werden. Und die Einwohnerschaft nahm unser Angebot zahlreich an, trotz des außerordentlich schlechten Wetters. Wir sind ja nur ein kleiner Zweckverband, unsere personellen Ressourcen sind begrenzt. Meinen 17 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern möchte ich für ihren Einsatz am heutigen Tage selbst und davor, bei der Vorbereitung der Veranstaltung, danken. Das macht alles viel Mühe. Andererseits haben wir schon in viele interessierte, erstaunte und zufriedene Gesichter schauen dürfen – zumeist Gebührenzahler, für die wir tätig sind und die uns unseren Lohn finanzieren.  

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Bitte erläutern Sie uns die Gründe für das internationale Interesse am Pyrolyse-Verfahren.

Dr. Steffen Heinrich: Der Zweckverband betreibt hier ein europäisches Pilotprojekt zur umweltfreundlichen Klärschlammveredlung. Unser Verfahren beseitigt praktisch ohne Zufuhr von Primärenergie im Wesentlichen alle organischen Bestandteile des Klärschlammes, wie Medikamentenrückstände, Hormone, Kunststoffpartikel u.a., hinterlässt keinen Abfall und erzeugt eine stark phosphorhaltige Biokohle, in der die mineralische Vielfalt erhalten ist. Das Produkt wirkt stark biokatalytisch und bodenverbessernd. Es fördert die Humusbildung, die Pflanzengesundheit und das Pflanzenwachstum. Wir haben das Verfahren nicht patentiert und wollen zur Nachahmung anregen. Die Internetseite des ZVF verzeichnete im Jahr 2023 etwa 170.000 Zugriffe aus aller Welt, die mehrheitlich dem Pyrolyse-Verfahren galten. Dies zeitigt bereits Erfolge. So nahm zum Beispiel vor knapp vier Wochen im US-Bundesstaat Illinois eine „Schwester-Anlage“ ihren Betrieb auf. Sie wird dort „Neu-Niederfrohna“ genannt. Der Mais-Farmer Mr. Shane war am 21. Februar 2023 gemeinsam mit dem Hersteller der Trocknungsanlage bei uns gewesen. Es ist unglaublich, mit welchem Engagement in der kurzen Zeit die Anlage errichtet und der Probebetrieb aufgenommen werden konnte.

Aber wir sollten nicht nur auf die internationalen Besuche achten. Anfang der Woche, am 18. März, besichtigten die Terra-Preta-Aktivisten Rainer Sagawe (Hameln) und Prof. Peter Schmuck (Heldrungen) unsere Veredlungsanlage. Wir waren uns einig, dass eine Kombination aus Aufforstung, regenerativer Landwirtschaft und Humusaufbau unter Verwendung von Biokohle unsere Klimasituation stabilisieren kann.

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Wie sehen Sie die Tatsache, dass man international die Pyrolyse als „Stand der Technik“ akzeptiert, der bodenbezogenen Nutzung von aus kommunalem Klärschlamm erzeugter Biokohle durchaus offen gegenübersteht, diese Entwicklung begrüßt und im US-Bundesstaat Kalifornien die Verbrennung von Klärschlamm mittlerweile ausdrücklich verboten ist, aber der Gesetzgeber in Deutschland immer noch versucht, die veraltete Technologie der Klärschlammverbrennung als einzige Möglichkeit durchzusetzen?

Dr. Steffen Heinrich: Früher war in diesem Teil Deutschlands die Parole ausgegeben gewesen: „Von der Sowjetunion lernen, heißt siegen lernen.“ Wenn man heute über den „großen Teich“ schauen würde, um von dort Positives zu übernehmen, wäre dies nur zu begrüßen. Aber in unserem Lande sind die Beharrungskräfte sehr stark, und die Interessen weniger Großkonzerne scheinen stets weitaus bedeutsamer zu sein als die der kleinen und mittelständischen Unternehmen oder der Bevölkerung. Daran wird sich leider so schnell nichts ändern. Außerdem gibt es nur wenig Willen, zu lernen – will man bei der zitierten Parole bleiben. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Bereits vor mehr als dreißig Jahren war in Deutschland die zunehmende Versiegelung der Böden beklagt worden. Wie man lesen kann, nimmt die Versiegelung heute immer noch permanent zu, und zwar um täglich rund 100 Hektar. Was will man dazu sagen? Unser Land verfolgt denselben wachstums- und verbrauchsorientierten Kurs wie eh und je, mehr Zentralisierung und „Alternativlosigkeit“ bei weniger Marktwirtschaft und Vielfalt. Der Gesetzgeber sollte sich vielleicht die Natur zum Vorbild nehmen. Papst Franziskus verwies in seiner Umweltenzyklika von 2015 „Laudato si‘“ darauf, dass die Natur keinen „Abfall“ kennt, dass sie alles wieder einbezieht und transformiert. Die Weisheit der Religionen und Kulturen überliefert uns, dass diese Stabilität in der Natur auf Vielfalt gegründet ist. Daran sollten wir anknüpfen: „Wenn wir die Komplexität der ökologischen Krise und ihrer vielfältigen Ursachen berücksichtigen, müssen wir zugeben, dass die Lösung nicht über einen einzigen Weg, die Wirklichkeit zu interpretieren und zu verwandeln, erreicht werden kann. Es ist auch notwendig, auf die verschiedenen kulturellen Reichtümer der Völker, auf Kunst und Poesie, auf das innerliche Leben und auf die Spiritualität zurückzugreifen. Wenn wir wirklich eine Ökologie aufbauen wollen, die uns gestattet, all das zu sanieren, was wir zerstört haben, dann darf kein Wissenschaftszweig und keine Form der Weisheit beiseitegelassen werden, auch nicht die religiöse mit ihrer eigenen Sprache.“ (Papst Franziskus: Enzyklika Laudato Si’. Sorgen über das gemeinsame Haus, Rom 2015, S. 47. https://www.vatican.va/content/francesco/de/encyclicals/documents/papa-francesco_20150524_enciclica-laudato-si.html)

Sehr geehrter Dr. Heinrich, vielen Dank für das Gespräch.

Information

Link zur Reportage vom Regionalfernsehen Kabeljournal Chemnitzer Land: https://www.youtube.com/watch?v=O0ITqtKftmU&t=582s

Das „Making of“ der Niederfrohnaer Pyrolyseanlage: 

Karin Heinrich/Steffen Heinrich: Vom Abfall zum Gartengold – Klärschlammveredlung mit Pyrolyse.

Fester Einband, 23,4 × 0,5 cm, 400 Seiten, Fadenheftung, Lesebändchen, 226 farbige Fotos, 3 Karten, 56 Abbildungen, 43 Tabellen und Diagramme, Anhang mit digitalisierten ergänzenden Materialien (Filmaufnahmen, Dokumente, Versuchs-, Untersuchungs- und Labor-Prüfprotokolle).

VP 128,00 €

ISBN 978-3-96063-017-3

Das Buch ist in jeder Buchhandlung bestellbar oder direkt beim Verlag: https://buchversand.mironde.com/p/vom-abfall-zum-gartengold-klaerschlammveredlung-mit-pyrolyse

Die Litterata – Technik und Poesie in Mitteleuropa – ist ein Feuilleton des Mironde Verlags (www.mironde.com) und des Freundeskreises Gert Hofmann.

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