Am 25. August 2024 stellte Dr. Dieter Schwartze im Rahmen der Veranstaltung zum 25jährigen Gründungsjubiläum des Mironde-Verlages erstmals sein neues Buch vor. Der Titel lautet »János Plesch (1878–1957). Europäischer Arzt, Herz-Kreislauf-Forscher und Bonvivant.« Wir kamen mit dem Autor ins Gespräch.
Prof. Dr. med. János Plesch war von 1900 bis 1950 ein sehr prominenter Arzt. Heute ist er nahezu vergessen. Wollen Sie dessen Leben und Werk wissenschaftlich erforschen?
Dr. Dieter Schwartze: Nein. Es liegt eine Dissertation von Caroline Krings mit dem Titel »János Plesch. Aus seinem Leben und medizinischen Wirken« aus dem Jahre 1990 vor. Die Autorin machte Leben und Werk János Pleschs dem Fachpublikum zugänglich. Im Unterschied dazu wollen wir das allgemein interessierte Publikum neugierig auf das Schicksal dieses jüdischen Arztes machen, der von Beginn des 20. Jahrhunderts bis zur Emigration 1933 in Berlin lebte. János Plesch erscheint in der Erinnerung als ein umtriebiger, intelligenter, geistreicher und fleißiger Mann, der gleichzeitig durch seine unorthodoxen Behandlungsmethoden wie auch elegante und luxuriöse Lebensweise für Aufsehen sorgte.
War nicht schon die 1949 erschiene Autobiographie »János. Ein Arzt erzählt sein Leben« für diesen allgemeininteressierten Leserkreis gedacht?
Dr. Dieter Schwartze: In seiner Autobiographie ging Plesch mit den Fakten sehr frei um und war stolz darauf, nie ein Tagebuch geführt zu haben. Deshalb versuchten wir Leben und Werk verständlich und sachlich-nüchtern darzustellen. Der 1878 in einer jüdischen Kaufmannsfamilie in Pest, in der österreichisch-ungarischen Doppelmonarchie, geborenen Mediziner János Plesch begann 1894, mit 16 Jahren, in Budapest ein Medizinstudium. Studienaufenthalte führten ihn nach Bologna, Neapel, Rom und Berlin. In Budapest erfolgte das Rigorosum und an dieser Universität wurde er auch promoviert. Sein beruflicher Weg führte über Straßburg an die Berliner Charitè, 1912 habilitierte er sich und 1917 folgte eine Berufung als Professor. Gleichzeitig arbeitete János Plesch intensiv in der Herz-Kreislauf-Forschung, veröffentlichte zahlreiche Fachartikel, entwickelte Standard-Untersuchungsmethoden und spezielle Untersuchungsgeräte, unterhielt in Berlin eine Privatpraxis und leitete die Abteilung für Innere Medizin am St. Franziskus Sanatorium. Der Wissenschaftler Albert Einstein, der AEG-Gründer Emil Rathenau, der Schriftsteller Gerhart Hauptmann, der Finanzminister Matthias Erzberger, der Maler Max Slevogt, der Schriftsteller und Lektor des S. Fischer-Verlags Oskar Loerke, der Ex-Außenminister Ulrich Graf Brockdorff-Rantzau u.a. zählten zu seine Patienten. In sogenannten »Herrenabenden« traf sich dieser Kreis auch kulinarischer Kenner regelmäßig in der Villa »Lemm«.
Der Arzt Janos Plesch vereinte in sich die Eigenschaften des naturwisenschaftlich geschulten rationalen Forschers ( »genialster Schüler«-Geheimrat Friedrich Kraus‘) mit einer aus Berufs- und Lebenserfahrung erworbenen Intuition, die ihn aus der Sicht eines Patienten zur bewunderten Mischung von »Genius und Scharlatan« (J. M. Keynes) werden ließen.
Sehr geehrter Dr. Schwartze, vielen Dank für das Gespräch.
Johannes Eichenthal
Information
Dieter Schwartze: János Plesch (1878–1957). Europäischer Arzt, Herz-Kreislauf-Forscher und Bonvivant. Broschur 21 × 21 cm, 60 S., 54 z. T. farbige Fotos und Abbildungen V P 16,00 € ISBN 978-3-96063-064-7
In jeder Buchhandlung oder direkt beim Verlag erhältlich: https://buchversand.mironde.com/p/dieter-schwartze-janos-plesch-europaeischer-arzt
Die Litterata – Technik und Poesie in Mitteleuropa – ist ein Feuilleton des Mironde Verlags (www.mironde.com) und des Freundeskreises Gert Hofmann.