Der 13. November war ein milder, teils sogar sonniger Herbsttag. Interessierte Laien, Kleingärtner, berufliche Gärtner, Obstbauern, Landwirte, Ingenieure und Wissenschaftler zog es an diesem Tag in die Stadthalle Limbach-Oberfrohna. Hier wollte der ZV Frohnbach, anlässlich seines 30. Gründungsjubiläums, die ersten Sächsischen Humustage durchführen. Dr. Steffen Heinrich, der Geschäftsleiter des ZV-Frohnbach, hatte als Motto den Grundsatz „Theorie für die Praxis“ des großen Gottfried Wilhelm Leibniz (1646–1716) ausgegeben. Man konnte gespannt sein, ob die Begegnung von praktizierenden Landwirten und Universitätsprofessoren gelingen würde.

Gerd Härtig, der Oberbürgermeister der großen Kreisstadt Limbach-Oberfrohna und Verbandsvorsitzender des ZV Frohnbach begrüßte die Gäste, stellte seine Heimatstadt kurz vor und verwies auf die erfolgreiche Arbeit des ZV Frohnbach. Ein Indikator für das Niveau sei, dass die Abwassergebühren ab 1. Januar 2026 um bis zu 24 Prozent gesenkt werden können.

Staatsminister i.R. Thomas Schmidt, ein erfahrener Landwirt, der vor mehr als zehn Jahren die Entwicklung des Pyrolyse-Verfahrens des ZVF gefördert hatte, hob hervor, dass hier Phosphor zurückgewonnen und als Anwendung wieder in den Stoffwechselkreislauf eingebracht werde. Die Begeisterung der Mitarbeiter des ZVF sei der entscheidende Punkt gewesen. Wenn keine Begeisterung vorhanden sei, dann habe auch alle Förderung keinen Sinn.

Der Kräuterei-Gärtner Udo Schäfer referierte zum Thema „Was ist Humus?“ Er zählte verschiedene Definitionen von „Humus“ auf. Die Elemente Erde, Pflanzen, Mikroorganismen und Wasser tauchten immer wieder auf. Letztlich neigte Schäfer zur Formulierung von einer „Humussphäre“. Die Wirkung der Humussphäre sei die „Weitergabe des Lebens“.

Die Kräuterei-Gärtnerin Christina Wolffs versuchte dem Publikum deutlich zu machen, dass die Pflanzen ein Wunder darstellen.

Der Philosoph Andrej Schindhelm referierte zum Thema „Wissenschaft heute“. Mit wenigen Sätzen, wie ein guter Pfarrer, vermittelte er dem Publikum eine Vorstellung vom Dilemma des heutigen Wissenschaftsbetriebes. Die engen Disziplingrenzen behindern den Fortgang. Auch Nachhaltigkeit reiche als Ziel nicht aus. Er zitiert den amerikanischen Forscher William Albrecht, der in den 1940er Jahren die Folgen der industriellen Produktion von Lebensmitteln mit allgemeinem Verlust und geistiger Degeneration der Menschen beschrieben hatte. Das sei inzwischen alles nachweisbar. Doch die mechanistische Wissenschaft arbeite immer noch nach dem Prinzip des Galileio Galilei: Was nicht quantifiziert ist, das existiert nicht. Eine Überwindung des „technokratischen Paradigmas“ (Papst Franziskus), das sich auf bloß quantifizierende Methoden stützt, deute sich jedoch an.

Nach der Pause stellte Steffen Heinrich unter dem Titel „HUMASAT in der Praxis“ die Erfahrungen des ZVF mit der bodenbezogenen Anwendung von aus kommunalem Klärschlamm erzeugter Biokohle vor. Das Produkt des Pyrolyse-Verfahrens des ZVF sei mit dem Markennamen „Humasat“ geschützt, um zu verdeutlichen, dass es sich um „Abfall“ handele.

Der Terra-Preta-Aktivist Rainer Sagawe wurde über Video zugeschaltet. Er berichtete über das „Koroni-Modell“, bei dem es um die Vitalisierung von Oliven Einzelbäumen und Plantagen in Griechenland ging. Ausgehend vom Stockholm-Grazer-Modell zur Stabilisierung von Straßenbäumen, hatte er Lösungen zur Rettung der Olivenbäume erarbeitet.

Der Landwirt Kai Dech, der einst als Seiteneinsteiger den verfallenen Hof seiner Großeltern übernahm, begründete seine Erfahrung, dass es bei einer dynamischen Landwirtschaft des Zusammenspiels von Ackerbau und Viehzucht bedarf. An sich eine uralte Erkenntnis, die allerdings durch die von der Lebensmittelindustrie getriebene „Spezialisierung“ der Landwirtschaft verschüttet wurde. Kai Dech musste sich, wie er sagte, über viele Irrtümer den Weg zu dieser alten Erkenntnis bahnen.

Der berufliche Gärtner Oliver Leipacher referierte zum Thema „Regenerative Landwirtschaft. Erfahrungen mit dem regenerativen Garten- und Landbau“ Er hob hervor, dass die heutige Zusammenkunft „das Andere“ in unserer Gesellschaft symbolisiere. Aber außerhalb Europas gäbe es sehr viele Menschen, die auch an einer regenerativen Landwirtschaft arbeiteten.

Nach der Pause stellte Anika Zacher von der Universität Rostock „Alternative Wege der Phosphordüngung im Pflanzenbau“ vor.

Der Vortrag Bruno Glasers, des Nestors der Terra-Preta-Forschung von der Universität Halle, war mit besonderer Spannung erwartet worden. Er referierte zum Thema „Schlüsseltechnologie für Zirkularökonomie. Stand der Forschung zur Klärschlamm-Pyrolyse“. Er rief dazu auf, sich an dem Diskussionsprozess der EU-Gremien zu beteiligen. In den EU-Staaten Tschechien. Dänemark, Schweden und Finnland sei die Pyrolyse inzwischen anerkannt.

In der Diskussion hob Glaser hervor, dass bei der Pyrolyse die organischen Stoffe nicht in Abgase, sondern in Bestandteile der Biokohle umgewandelt werden.

Petra Hausschild von der FH Nordhausen schilderte sehr glaubhaft und verständlich die Leistungen und Hindernisse eines Projektes zu Rekultivierungsversuchen auf Kalirückstandshalden. Ein grundlegendes Problem war dabei die Begrenzung auf drei Jahre.

Abschließend referierte Robert Wagner von der Firma „AnyChar“ über die Erfahrungen in der Kompostierung aus städtischen Bioabfällen in Berlin. Dabei gab er auch Hinweise für Kleingärtner-Kompostierung. Gegen 17.15 Uhr endete die Vortrags-Veranstaltung.
Die Abfahrt zur Exkursion in die Zentrale Kläranlage hatte sich um eine Stunde verschoben. Ungeachtet dessen machte sich ein großer Teil der Besucher auf den Weg nach Niederfrohna.

Die Mitarbeiter des ZVF hatten auch hier wieder alles vorbereitet. Roland Anders erwartete die ersten Gäste und begann mit Ihnen eine Führung durch das Klärwerk,einschließlich der Pyrolyse-Anlage.

Steffen Heinrich und Erik Anders führten die zweite Gruppe. So ging ein Tag der Vorträge und Diskussionen mit praktischer Anschauung sowie Vermittlung von praktischen Erfahrungen zu Ende. Wie hatte Steffen Heinrich gesagt: Theorie für die Praxis!
Johannes Eichenthal
Das Regionalfernsehen Chemnitzer Land führte in Vorbereitung der Tagung ein Interview mit Dr. Steffen Heinrich: https://www.youtube.com/watch?v=FBNQjn10O3s
Das Making-of des Pyrolyse-Verfahrens
Karin Heinrich/Steffen Heinrich: Vom Abfall zum Gartengold – Klärschlammveredlung mit Pyrolyse.
Fester Einband, 23,4 × 0,5 cm, 400 Seiten, Fadenheftung, Lesebändchen, 226 farbige Fotos, 3 Karten, 56 Abbildungen, 43 Tabellen und Diagramme, Anhang mit digitalisierten ergänzenden Materialien (Filmaufnahmen, Dokumente, Versuchs-, Untersuchungs- und Labor-Prüfprotokolle).
VP 128,00 €
ISBN 978-3-96063-017-3
Das Buch ist in jeder Buchhandlung oder direkt beim Verlag erhältlich: https://buchversand.mironde.com/p/karin-heinrich-steffen-heinrich-vom-abfall-zum-gartengold-klaerschlammveredlung-mit-pyrolyse

