Essay

Zur Erinnerung an den Bildhauer Fritz Böhme (21.2.1948–24.9.2013)

Wir wollen mit einigen Fotos von Heinz Hammer an das Schaffen des viel zu früh verstorbenen Künstlers Fritz Böhme erinnern.
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Gemeinsam mit Heinz Hammer hatte Fritz Böhme im vergangenen Jahr eine Dokumentation seines Werkes herausgegeben.
Dem Buch ist ein Geleitwort von Dr. Joachim Menzhausen, dem ehemaligen Direktor des Grünen Gewölbes in Dresden, aus dem Jahre 1996 beigegeben: Der Bildhauer Fritz Böhme
Fritz Böhme stammt aus einer Gegend, in der es viele Böhmes gibt. Sie kamen über den Kamm des Erzgebirges, nicht wenige verfolgt von den Sachwaltern der Gegenreformation, halsstarrig protestantisch und qualifiziert für einen Neuanfang. Zu ihnen gehörte auch die Bildhauerdynastie der Böhmes aus Schneeberg, von denen innerhalb dreier Generationen der neue Ansatz zu einer eigenständigen Plastik nach dem 30-jährigen Krieg ausging.
Fritz Böhme, 1948 in Glauchau geboren und ansässig bei Zschopau, sieht sich und steht tatsächlich in einer fünfhundertjährigen Abfolge von Bildhauern, deren Werkstoffe das Holz und die Steine des Westerzgebirges waren. Schnitzen und arbeiten in Holz sind dort noch immer bodenständig.
Fritz Böhme erlernte das Handwerk des Steinmetzen und Steinbildhauers, aber seine ersten Versuche, Plastik zu machen, begann er in Holz. Zum Glück gelang es ihm nicht, zum Studium in eine Kunstakademie aufgenommen zu werden. Er besorgte sich Bücher über Künstleranatomie und Plastik und wurde ein Bildhauer aus sich selbst und auch dank angeborenen Fleißes. Deshalb ist das, was er hervorbringt, nicht bestimmt von Theorien oder Schulen, sondern von seinem Auge und seinem Gefühl, seinem erlernten Beruf und seinem erarbeitetem Wissen. Dieser Elementarschule ist er sich bewusst, und deshalb schrieb er: »Ich fühle mich eingebettet in eine Tradition der Bildhauerkunst, welche in der Eiszeit begann und die als Volkskultur, als sogenannte primitive Kultur um den Erdball reicht, oder besser reichte.« Wie die alten, handwerklich geschulten Bildhauer kann er in allen Formaten arbeiten, von Spannenlänge bis Übergröße, und er kann aus allen tauglichen Materialien Plastik machen, aus Blei und Polyester, unterschiedlichen Steinen, gebranntem Ton und Holz. Am meisten liegt seinem heftigen Gestaltungsdrang jedoch die Monumentalfigur aus einem Baumstamm, ohne Anstückung.
Solche gewachsenen Einheiten haben auch afrikanischen, ostasiatischen und indianischen Bildhauern respektiert, denen er sich verbunden fühlt. So wie sie, vermag er aus den engen Grenzen des Stammes die unterschiedlichsten Gestalten herausschälen, die von ihrer Herkunft gezeichnet sind, blockhaft und gewachsen. Das Organische ihrer Struktur hat sein Formgefühl geschult und wirkt sich aus auf seine Gestalten aus Stein, Terrakotta und Polyester. Natürlich können deren Gliedmaßen freier in den Raum vorstoßen, jedoch vermeint man auch an ihnen einen geometrisch fassbaren Umriss wahrzunehmen, und dies fügt dem Organischen des menschlichen Körpers den Ausdruck von Ordnung hinzu. Dem dient auch ein gewisser Grad von Abstraktion bei der Behandlung der Oberfläche. Sie ist aber niemals schematisch angewandt, sondern sie betrifft in der Regel die individuellen Merkmale der Figuren stärker, etwa Gesichter und Hände, verbreitet sich aber auch über die anderen Körperteile im Sinne der Typisierung. Deshalb wirken Böhmes Frauen überaus weiblich und die Männer männlich. Dies geht bis in die Bewegungsabläufe, so das die männlichen Figuren im Liegen, Knien oder Kopfstehen Ecken ausbilden, die weiblichen aber durch Rundungen in sich ruhend erscheinen, selbst wenn sie Arme oder Beine strecken. Dabei ist in allen Körpern die Kraft sichtbar, mit der der Bildhauer an ihnen gearbeitet hat, und zu bewundern ist die handwerkliche Feinheit bei der abschließenden Behandlung ihrer Oberflächen.
Bei so ausgeprägtem und meisterlich vorgetragenem Gefühl für das Wirkliche, Sinnliche und Konkrete nimmt es nicht Wunder, dass Böhme nur gelegentlich versuchte, Abstraktes zu gestalten. Es gerät unter seinen Händen gleichsam zum Organischen an sich – fliegende, wachsende, schwimmende Formen, nicht Böhmes Stärke. Denn von den Dorfbewohnern im Zeitalter der Metropolen ist nicht die Erfüllung des Zeitgeistes zu erwarten, sondern dessen Erneuerung.
Solche Art unbekannter Modernität könnten die Figuren Fritz Böhmes ankündigen.

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Bildhauer Fritz Böhme
Format 26 × 21 cm, , fester Einband, gerader Rücken, Fadenheftung, 128 Seiten
Fast 200 Farbfotos, keine ISBN. VP 20,00
Mironde-Verlag 2012.
Das Buch ist über den Mironde-Verlag zu beziehen: verlag@mironde.com, Fax (03722) 879092

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