Rezension

Ein kleines Buch – und ein großes Thema

Es heißt: »Innokonservation« – im Untertitel »Erneuern und Bewahren« von Andreas Eichler, erschienen im Mironde-Verlag 2013.
Am Rande der Wiener Buchmesse, der wohl traditionellsten Buchmesse Europas: eine einzige Messehalle mit Büchern, überschaubar, keine Überfülle wie in Frankfurt, kein Klamauk wie in Leipzig. Der Autor trifft einen Bekannten, einen jungen Wiener Architektursoftware-Spezialisten, und in einem der zahlreichen Cafés, bei Wiener Café und Sacher-Torte reden sie über Bücher, digitale Bücher, Computer, Innovation und Tradition.
Auf fünfzig Seiten ist dieser Dialog festgehalten, unterbrochen nur von den fantasievollen Grafiken von Birgit Eichler. Die haben die Modernität genauso in sich wie die Dialoge. Unsere Zeit wird untersucht, mit ihrem Neuigkeitswahn einerseits und ihrem sehnsüchtigen Festhalten an alt Bewährtem andererseits.

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Die Schriftstelllerin Katharina Kammer bei einer Lesung in der Stadtbibliothek Chemnitz am 27. Oktober 2012

 
Jedes Jahr kommen ca. 90.000 Neuerscheinungen auf den Buchmarkt – und der Mensch steht fassungslos vor dieser Fülle. Moderne Suchmaschinen, die Millionen Informationen zu jedem Thema liefern, helfen ihm auch nicht, und er bekommt Angst, daß er hinter dem Leben zurückbleibt, wenn er sich dem Neuen versperrt.
Der eine kauft ein E-Book und preist die Vorteile des elektronischen Buches. Er braucht keine Bücherregale mehr, er hat alle Bücher auf seinem iPad gespeichert und kann sie dort lesen, wo er sich gerade befindet, denn sein iPad hat immer dabei.
Für den anderen sind nur gedruckte Bücher echte Bücher und  er verwünscht die ganze Computerei. Wäre das Computerzeugs nicht erfunden worden, viel wäre der Menschheit erspart geblieben. Aber man muß auch zugeben, daß der Computer schneller und genauer rechnen kann als der Mensch, warum sollte man das nicht nutzen?
Nun tasten sich die beiden Männer am Wiener Café-Haus-Tisch an die Vor- und Nachteile des Computer-Zeitalters heran. Fest steht, daß zum Beispiel komplexe Steuerungsaufgaben in der Industrie und im Verkehrswesen nur noch mit Computer zu lösen sind. Ohne den 1981 erfundenen Personal-Computer geht nichts mehr. Es würde alles zusammenbrechen. Der internationale Aktienhandel wird heute von Computern gesteuert, bald braucht man dort keine Menschen mehr.
Und das ist es.
Der Punkt, an dem geniale Erfindungen nicht mehr dem Wohl des Menschen dienen, sondern seinen Untergang herbeiführen. Der Punkt, an dem der Mensch überflüssig wird und von Robotern seine Ressourcen aufgebraucht werden, Strom, Wasser, Metalle usw. Da ist es an der Zeit, nüchtern abzuwägen, ob die Vorteile oder die Nachteile des Computers überwiegen.
Der Autor führt den Dialog in einfacher, eindringlicher Sprache, die auch dem Nichtfachmann verständlich ist und ihm die Augen öffnet für das Heraufkommen eines gefährlichen Zustandes. Der Leser muß erkennen: Man kann nicht alles machen, was machbar ist. Konservative Ansichten, die Altbewährtes beibehalten wollen, müssen ernst genommen und geprüft werden, ehe im Innovations-Rausch Neues auf den Markt geworfen wird.
Zur Erforschung des Weltzustandes sind nicht nur die Philosophen gefordert, sondern auch Ökonomen und Politiker. Denn umwälzende Erfindungen gehören nicht in die Hände profitorientierter Konzerne, die nicht das Wohl der Menschheit im Blick haben, sondern nur die zu erwartende Rendite.
Ein weites Feld tut sich auf, wenn man dieses kleine Buch liest. Man ahnt die Mühe, die es kosten wird, wenn die Welt auch im Computerzeitalter im Gleichgewicht bleiben soll.
Katharina Kammer

Information

9783937654461
Innokonservation. Erneuern und Bewahren.
von Birgit und Andreas Eichler, Mironde-Verlag, ISBN 978-3- 937654-46-1

Erhältlich in jeder Buchhandlung oder versandkostenfrei direkt beim Verlag www.mironde.com

 

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