Reportagen

Mobil auf zwei Rädern

Es ist schon sehr warm, obwohl es noch nicht einmal 8 Uhr ist und die Stadt ist auch bereits recht wach – wenn man einmal als Gradmesser für das Wachsein einer Stadt das Verkehrsaufkommen heranziehen will. Selbiges ist schon so hoch, dass es bereits immer wieder zum Stocken kommt. Natürlich nur der Autoverkehr, ich schlängel mich auf meinem Rad an den Blechmassen vorbei. Entspannt, wenn nur der Gestank der Autos nicht wäre, der einem an einem so schönen Sommermorgen mehr zu stören scheint, als sonst. In der gewohnten Zeit komme ich an meinem Ziel an. Selbst die 48er (Magistratsabteilung für Abfallwirtschaft), die die Stadt von ihren Abfällen befreit und stoisch auch entgegen wild hupender Autolenker einfach ihre Arbeit verrichtet, sowie eine neue Baustelle ändern nichts daran.

Ähnliche Erlebnisse werden dieser Tage viele Radfahrerinnen und Radfahrer machen. Besonders jene, die im Aktionsmonat Juni der neuen RadeltZurArbeit-Kampagne zum Umstieg auf das Fahrrad motiviert werden konnten. Die vier Bundesländer Burgenland, Oberösterreich, Salzburg und Wien und weitere österreichische Institutionen unterstützen die von der Radlobby.IGF initiierte Kampagne. Mit attraktiven Gewinnen und der Möglichkeit sich mit anderen Radfahrerinnen und Radfahrern der Kampagne im Wettbewerb zu messen wird zum Radfahren animiert. Der Aktionsmonat Juni begann mit unglaublichen 5000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus nahezu 1000 Betrieben!

Quelle: IGF / Peter Provaznik

Neben dem Mehrwert für jede einzelne Person, vor allem in gesundheitlicher und finanzieller Hinsicht, profitiert die gesamte Gesellschaft. Und es zeigt auf, dass viele Menschen diese umweltfreundliche und schnelle Fortbewegungsart wählen. Aber es schlummert noch – mit Hinblick auf Radkommunen in Europa – ein weit größeres Potenzial von Menschen die dieses Fortbewegungsmittel gerne wählen wollen, dafür aber noch bessere Rahmenbedingungen vorfinden möchten. Wie die richtige Prioritätensetzung in der Schaffung von Infrastruktur bzw. vor allem in der Neuzuordnung zu den verschiedenen Verkehrsarten, Schaffung und Änderungen in der entsprechendn Gesetzgebung und Anpassung der steuerlichen Anreize zugunsten des Radverkehrs.

„Wie schnell komme ich von hier weg?“ eine bislang durch die Wirtschaft dominierte Fragestellung, die vorrangig auf die Anbindung des Standortes schaute, muss sich verändern zu „Was bietet mir dieser Ort?“. Denn während es in der Vergangenheit oftmals nur galt überhaupt eine Arbeit zu finden, stehen viele Branchen nun vor der Herausforderung gutes und entsprechend qualifiziertes Personal zu finden. Somit wird die Konkurrenz der Gemeinden um Einwohnerinnen und Einwohner nicht mehr nur vom Arbeitsmarkt dominiert. Bereits heute und auch künftig wählen qualifizierte Menschen ihren Lebensmittelpunkt sorgsam aus und wer hier als Kommune in die engere Wahl kommen möchte, darf sich seine öffentlichen Aufgaben nicht von der Wirtschaft diktieren lassen, sondern muss nachhaltig und langfristig agieren. Eine attraktive Stadt oder Gemeinde der kurzen Wege mit hoher Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum, die Mobilität als Wahlmöglichkeit aus verschiedenen Fortbewegungsmitteln versteht, steht wohl kaum im Widerspruch zu einer prosperierenden Wirtschaft.

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