Reportagen

FAHRZEUGSPUREN SONDERAUSSTELLUNG IN CHEMNITZ

Am Abend des 24. Mai eröffnete das Museum für sächsische Fahrzeuge in Chemnitz eine Sonderausstellung mit dem Titel »Fahrzeugspuren in Chemnitz«.
Der Leiter des Fahrzeugmuseums Dirk Schmerschneider (re.) und der Vorsitzende des Fördervereins Ludwig Karsch (li.) begrüßten die Gäste und erklärten das Ausstellungskonzept, das auf dem Titel einer Buchreihe von Frieder Bach basiert. Im Band 1 habe Frieder Bach mehr als 400 kleine und mittlere Firmen dargestellt, die an der Fahrzeugentwicklung beteiligt waren. Das Museum versuche diesen Reichtum der Region zu dokumentieren. Aber man sammle nicht um des Sammelns willen, sondern um der gegenwärtigen Fahrzeugindustrie der Region Impulse zu geben. Abschließend luden beide die Besucher zu einem Ausstellungsrundgang ein.
Der gewählte Ausstellungstitel bezieht sich auf eine Buchreihe von Frieder Bach. Bisher liegen zwei Bände vor. Der vergriffene Band 1 und der neue dritte Band werden gleichzeitig im Sommer diesen Jahres erscheinen. Wir nutzten die Möglichkeit, um mit Frieder Bach über seine Buchreihe zu sprechen.
Wann, wie lange und warum wurde der erste Band geschrieben?
Frieder Bach: Wann geschrieben, lässt sich schlecht beantworten, da das Buch schon Jahre vor der Veröffentlichung im Kopf gewachsen ist, sicher seit der Beschäftigung mit dem »Fahrzeugmuseum in Chemnitz«. Ich habe dann in relativ kurzer Zeit nur die Sätze formuliert und einiges recherchiert, was noch offen war. Wie lange habe ich nicht registriert, da zu gleicher Zeit ja die »Chemnitzer Oldtimergeschichten« entstanden, zu deren Niederschrift mich immer wieder Museumsbesucher drängten.
Gründe für die Niederschrift des Teiles 1 gibt es mehrere. Erstens ist es ein Teil meines Hobbys, meines Berufes und als Rentner wieder meines Hobbys. Zweitens forderte die Bedeutung der Fahrzeugindustrie in Chemnitz einmal, dass selbige in Wort und Bild festgehalten wird, ehe sie von so »wichtigen« Dingen der Gegenwart in die Versenkung gedrückt wird und ehe die letzten Zeitzeugen nicht mehr verfügbar sind. Da in unserer Familie jetzt schon die fünfte Generation mit und von dem Kraftfahrzeug lebt, liegt mir das Ganze eben am Herzen. Vielleicht können weitere Generationen Lehren für ihr Leben daraus ziehen, wenn sie lesen können, wie früher das Verhältnis von Mensch zu Maschine war.
Wenn das so ist, warum verfassten Sie nach diesem Teil 1 noch Teil 2 und 3?
Frieder Bach: Bei den Recherchen zu Teil 1 tauchten auf dem Papier und auch in meiner Erinnerung immer wieder Fahrzeuge auf, die etwas Besonderes waren, zur Entwicklung des Kraftfahrzeugs beitrugen oder für die Menschen hier in der Gegend zum Überleben wichtig waren. Die sollten auch mal festgehalten werden. Der aktuelle Anlass dazu war dann mein Blick in die Fotoalben der »Chemnitzer Autohilfe Bräunig«, bei Frau Iris Müller.
Beim Entstehen der beiden ersten Bände wurde ich immer wieder mit der Nase auf rennfahrende Firmeninhaber oder im Motorsport benutzte Fahrzeuge aus Chemnitz gestoßen. Am Ende hatte ich so viele Notizen zu diesen Themen auf dem Papier und im Kopf, dass mir klar wurde: Mit einem Kapitel »Motorsport« am Ende des Buches Teil 1 wird man der Bedeutung desselben keineswegs gerecht. Hier muss noch ein Teil 3 folgen. Dabei stellte sich heraus, dass da ein einziges Buch kaum reicht.
Was ist der Zusammenhang der drei Bände?
Frieder Bach: Das Wort, das alle drei Bücher bündelt heißt natürlich »Chemnitz«. Im Teil 1 tauchen viele Namen von Chemnitzer Direktoren, Firmenchefs und kleinen Handwerkern auf, die im Motorsport aktiv waren. Im Teil 2 sieht man Fahrzeuge deren Erbauer, oft hobbymäßige Bastler, nach diesen Fahrzeugen dann Rennmaschinen bauten und oft auch selbst fuhren.
Viele der in Teil 3 beschriebenen Rennfahrzeuge entstanden in Chemnitzer Reparaturwerkstätten, deren Gesellen in 8 bis 10 Stunden Arbeitszeit den Lebensunterhalt für ihre Familie verdienten und dann noch in unzähligen Nachtstunden Rennfahrzeuge auf die Räder stellten. Ohne die Begeisterung dieser Menschen hätte es den Motorsport in dieser konzentrierten Form nie gegeben, für den Chemnitz auch in seiner Zeit als »Karl-Marx-Stadt« ein besonderes Zentrum war.
Sehr geehrter Herr Bach, vielen Dank für das Gespräch!
Kommentar
Die Besucher der Ausstellungseröffnung erfreuten sich noch lange an den Exponaten. Erinnerungen wurden wach. Chemnitz war und ist eine Hochburg der Fahrzeugindustrie. Aber kann das Fahrzeugmuseum der heutigen Industrie Impulse geben? Ich denke schon. Das Museum bewahrt Fahrzeuge und technologisches Wissen. Mitunter glauben wir, dass ältere technische Lösungen vom Fortschritt »überrollt« werden und ihre Existenzberechtigung verlieren. Das ist nicht so. Was wir Fortschritt nennen, das ist eigentlich nur ständige Spezialisierung. Die neue technologische Lösung ist in der Regel eine punktuelle Verbesserung, sie deckt aber nie das breite Feld der Vorgängergeneration ab, ist sogar mit Verlusten verbunden. Es wird jedoch nichts vergessen. Wenn die richtige Zeit kommt, dann erinnert man sich an längst überholt geglaubte Lösungen. Unter veränderten Bedingungen werden diese wieder interessant.
Dem Museum, dem Förderverein und Frieder Bach ist für ihren einzigartigen Beitrag zur Chemnitzer Erinnerungskultur zu danken.
Clara Schwarzenwald
Information
Die Ausstellung im Museum für Sächsische Fahrzeuge Chemnitz e.V., Zwickauer Straße 77, 09112 Chemnitz, ist noch bis zum 25. November zu besichtigen.
Im Sommer 2018 werden Band 1 von Frieder Bachs »Fahrzeugspuren« in zweiter Auflage, Band 3 neu erscheinen. Zusammen mit dem lieferbaren Band 2 werden dann alle drei Bände verfügbar sein.
Zweite Auflage
Frieder Bach: Fahrzeugspuren in Chemnitz. Teil 1. Zur Historie des Chemnitzer Fahrzeugbaus.
23 × 23 cm, 216 Seiten, fester Einband, Fadenbindung, Lesebändchen
etwa 600 zum Teil farbige Fotos und Abbildungen, VP 24,90 €
ISBN 978-3-937654-77-5
Frieder Bach folgt seit Jahren den Spuren des Chemnitzer Fahrzeugbaues, angefangen von Fahrrädern über Motorräder bis hin zu Automobilen. Dabei geht er bis ins 19. Jahrhundert zurück. Wegmarken sind Namen wie Tuchscherer, Presto, Schüttoff , Diamant, Wanderer, Auto Union, Barkas, Moll-Fahrzeuge, ESWECO, Pöge, Häckel, Riemann, Balaco, VEB Fahrzeugelektrik, Marklin, ALNO, Rasmussens Bootsmotoren, Motap, Oscar Winter, Braunsdorfer Maschinenfabrik, Motorenhaus Köhler; Hofmann & Kühn, Oswald Preußer, Alfred Niebl, Deutsche Dynamo-Werke, Hubert Hottek, Seyfert & Butscher, Heinrich Illgen, Stoßdämpfer Hofmann, Fa. Wachsmut, Fa. Schaumberger & Hempel, Fa. R. Neubert, Fa. B. Gerstenberger, Fa. Dietrich & Hannak, DKW-Simson, Erich Reif, Fa. Endig, Fa. Fa. Thranitz, Hans Franke, »Gustl« Sieper, »RIKS«, »Ehrlich«, Fa. Münch, Fa. Bräunig, »Elan«.
Frieder Bach lässt vor dem Leser die Atmosphäre einer Zeit entstehen, in der Enthusiasten mit handwerklicher Tradition eine völlig neue Fahrzeugtechnik entwickelten. Bach verschweigt nicht, dass technologische Kreativität in den kleinen Firmen mitunter eine spartanische Lebensführung bedingte. Aber das Netzwerk kleiner Familienbetrieb war es, welches  Tradition und Erneuerung im Raum Chemnitz zu verbinden vermochte.
Neu!
Frieder Bach: Fahrzeugspuren. Teil 3. Motorsport 1900-1990
23 × 23 cm, ca. 300 Seiten, fester Einband, Fadenbindung, Lesebändchen
etwa 1500 zum Teil farbige Fotos und Abbildungen, VP 29,90 €
ISBN 978-3-96063-013-5
Motorsport in Chemnitz von 1900 bis 1990, dadurch auch aus der Zeit, in der die Stadt »Karl-Marx-Stadt« hieß. Im Wesentlichen hielt ich mich an die derzeitigen Stadtgrenzen, also incl. der Vororte, die auch nach 90 eingemeindet wurden. Es sind aber auch Motorsportler berücksichtigt, die etwas außerhalb dieser Stadtgrenze wohnen, aber immer für einen Chemnitzer Club bzw. eine hiesige Werksrennabteilung  starteten. Es werden die Rennstrecken, Rennbahnen, einmalige Rennveranstaltungen aus allen Motorsportarten beschrieben. Alle von Fabriken bzw. Werksrennabteilungen hergestellten Rennfahrzeuge und deren Entstehung werden erläutert. Rennfahrzeuge, die von Rennfahrern bzw. ihren Monteuren hergestellt wurden, werden teilweise im Lebenslauf der Fahrer vorgestellt. Auch die von der hiesigen Sportabteilung der Auto Union benutzten, größtenteils in den Wanderer-Werken hergestellten Wettbewerbsfahrzeuge werden in Wort und Bild vorgestellt.
Ein ausführliches Kapitel ist den Vereinen und Clubs gewidmet, die den Motorsport förderten, incl. deren Entwicklung über die NS-Zeit bis zu GST und ADMV in der DDR. Ein Kapitel beleuchtet Personen, die selbst keine Rennen oder motorsportliche Wettbewerbe fuhren, ohne die aber solche nicht möglich gewesen wären, wie Konstrukteure, Funktionäre, Motorsportfotografen. Der Hauptteil umfasst Namenslisten der hiesigen Motorsportler (ca. 360 Personen) alphabetisch und nach Sportarten, teilweise auch chronologisch geordnet. Davon werden von ca. 90 Personen aus allen Motorsportarten die Lebensabschnitte mit der aktiven Rennfahrerzeit näher beschrieben und bebildert. An Motorsportarten waren in Chemnitz fast alle existierenden vertreten: Straßenrennsport für Autos und Motorräder, Langstrecken-und Zuverlässigkeitsfahrten, Turniersport, Enduro (früher Leistungsprüfungsfahrten), Trial, Speedway, Skijöring, Bahnrennen, Motorbootrennen, Rallye, Kart-Sport (früher K-Wagen-Rennen), Oldtimerrennsport.

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