Reportagen

LESUNG IN DER JOHANNISKIRCHE

Am Abend des 30. September las der Schriftsteller, Dramaturg und Filmemacher Prof. Eberhard Görner in der Niederfrohnaer Johanniskirche vor etwa 80 Zuhörern aus seinem 2020 im Chemnitzer Verlag erschienenen Roman „Das Leben der Rosina Schnorr“.

© Foto: Carl F. Hoffmann Jr.

In der Johanniskirche fanden die Besuchern an jenem Freitagabend, am Ende der arbeitsreichen Woche, eine angenehme Atmosphäre vor. Die gediegenen Formen des Bauwerkes, der Porphyrbelag des Altarraumes, der Ambo (der Tisch des Wortes) neben dem Altar stimmten uns auf die angekündigte Buchlesung ein. Professor Eberhard Görner begann routiniert mit der Schilderung der Hochzeit des Hammerherren, Bergwerk- und Hüttenbesitzers Veit Hans Schnorr (1616–1664) mit Rosina Hübner (1618–1679) am 1. August 1636 in der St. Wolfgang-Kirche zu Schneeberg.

© Foto: Carl F. Hoffmann Jr.

Das Schicksal wollte es, dass Veit Hans Schnorr nach der Leipziger Oster-Messe 1648 verschwand. Das Medium der Erzählung ermöglicht es, dort zu sprechen, wo Dokumente fehlen. Eberhard Görner erklärte das Verschwinden des Firmengründers mit einer Entführung nach Russland. Dort solle Veit Hans Schnorr mit dem Aufbau eines Bergwerkes betraut worden sein.

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Im Erzgebirgischen Schneeberg wartete Rosina auf ihren Gatten und Firmeninhaber. Das Leben verlangte jedoch, dass sie die Verantwortung übernahm. Die Unternehmensführung durch eine Frau war damals aber auch nur im Status einer Witwe möglich. Beide Voraussetzungen kamen zusammen. Aus der Hausfrau und Mutter Rosina Schnorr wurde die Unternehmerin. Nicht nur das. Sie führte das Unternehmen sehr gut und ordnete die Nachfolge durch ihren Lieblingssohn Veit Hans Schnorr den Jüngere (1644–1715). Dem Sohn gelangen später technologische und kommerzielle Erfolge. Zum Beispiel entsprang der Zusammenarbeit mit dem Ausnahmewissenschaftler Ehrenfried Walther von Tschirnhaus (1651–1708) im Oktober 1708 die erste Herstellung von Hartporzellan in Europa. Veit Hans Schnorr wurde aufgrund seiner kommerziellen Erfolge vom Deutschen Kaiser in Wien der Adelstitel mit dem passiven Geschlechternamen „von Carolsfeld“ verliehen. Neben Unternehmern gingen auch viele Künstler aus der Familie hervor. Am Anfang dieser Entwicklung, das machte Eberhard Görner nachdrücklich deutlich, stand eine Frau.

© Foto: Carl F. Hoffmann Jr.

Gabriele Liebert, die Vorsitzende des Heimatvereins Niederfrohna e.V. dankte Professor Eberhard Görner für die fast anderthalbstündige Lesung. Görner war in den letzten 15 Jahren oft in Niederfrohna. Die Mitglieder des Heimatvereins bereiteten die Veranstaltung gründlich wie gewohnt vor und führten sie geräuschlos durch.

© Foto: Carl F. Hoffmann Jr.

Nach dem Ende der Lesung blieben die Zuhörer im Kirchenraum zusammen. Eberhard Görner signierte geduldig sein Buch. Es herrschte ein angenehme Atmosphäre.

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Der Heimatverein wählte in den letzten Jahren den Freitagabend für Veranstaltungen aus. Die Lesung Eberhard Görners war die zweite Veranstaltung in der nach einer Restaurierung wieder geöffneten Johanniskirche. Die Auswahl des Freitagabends und des Veranstaltungsortes stellen eine günstige Verbindung für den Ausklang der Arbeitswoche und die Besinnung auf das Wort her.

Allen Beteiligten gebührt Dank.

Johannes Eichenthal

Information

Link zum Bericht des Regionalfernsehens: https://www.kabeljournal-chemnitzer-land.de/index.php?option=com_content&task=view&id=5385&Itemid=1

Eberhard Görner: Das Leben der Rosina Schnorr. Chemnitzer Verlag 2020. VP 14,90 €

ISBN 9783944509747

Die Litterata – Technik und Poesie in Mitteleuropa – ist ein Feuilleton des Mironde Verlags (www.mironde.com) und des Freundeskreises Gert Hofmann.

One thought on “LESUNG IN DER JOHANNISKIRCHE

  1. Das war eine sehr anregende Lesung zum historischen Verhältnis von Sachsen zu Russland, auch verbunden mit dem 30-jährigen Krieg und dessen Zerstörungen in Sachsen. Machte nachdenklich und regte zur Diskussion. Im Mittelpunkt eine starke Frau ? in ihrem Glauben und Handlungen sowie ihrem sozialen Denken und Aktionen

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