Das Leben Günter Eckardts endete für uns alle plötzlich und unerwartet am 30. Dezember 2022. Seine Offenheit und Weitsicht werden wir bewahren.
Am 8. November stellte Günter Eckardt, gemeinsam mit der Buchhandlung „Buch und Kunst“, in der Anton-Günther-Stube des Erzgebirgs-Zweigvereins Schneeberg-Neustädtel in Schneeberg am Markt 6, sein neues Buch „Zur Schneeberger Siedlungs- und Bergbaugeschichte“ einem interessierten Publikum vor. Das Einladungsplakat war mit einem Wilhelm von Humboldt zugeschriebenen Zitat überschrieben: „Nur wer seine Geschichte kennt – hat auch eine Zukunft“
Günter Eckardt verwies in seinem Vortrag auf die Erzgebirgschronisten Petrus Albinus, Ambrosius Frantz und Christian Melzer, auf die er sich seit 60 Jahren stütze, und die er versuche weiterzudenken. Wenn die alten Chronisten vom „sudetischen Gebirge“ sprachen, dann deshalb, weil erst nach 1550 von Philipp Melanchthon der Ausdruck „Erzgebirge“ geprägt wurde. Bereits bei Claudius Ptolemäus (um 140 u. Z.) fand Eckardt den Ausdruck „Sudeten“ (Wildschweinberge), geprägt von römischen Militärs. Hier wird auch der anregende Aspekt im Vortrag Eckardts deutlich: er stellt ungewohnte Verbindungen her.
Johann Gottfried Herder nannte in seinen Hodegetischen Abendvorträgen die Fähigkeit, Verbindungen zwischen Zusammenhängen herzustellen, die auf den ersten Blick nicht zusammen passen, „Witz“.
Eckardt schlussfolgert aus Hinweisen auf ein transkontinentales Wegenetz aus der Zeit der Aunjetitzer Kultur, der ersten frühbronzezeitlichen Kultur Europas (erste Hälfte des 2. Jahrtausends v. u. Z.), benannt nach dem ersten Fundort Únětice (Aunjetitz) nahe Prag, von der Wesermündung über das Erzgebirge in Richtung Konstantinopel, dass römische Truppen von der Donau her ins sudetische Gebirge vordringen, und auch strategische Rohstoffe, zum Beispiel Kobalt, mit antiker Technik abbauen konnten.
Im Detail münden Eckardts Bemühungen in dem Versuch nachzuweisen, dass die frühere Neustädler Fundgrube Rappolt auf den Fundamenten einer weit älteren Fundgrube errichtet wurde, und dass die Georgenhütte einst die Schmelzhütte der Fundgrube Rappolt war.
Günter Eckhardt hat sich den jugendlichen Willen, die Geschichte seiner Heimat zu begreifen, den früher alle Kinder hatten, bis ins Alter bewahrt. Er ist ein Beweis für die Richtigkeit von Marc Aurels Wort „Jugend ist keine Frage des Alters, sondern des Geistes!“
Clara Schwarzenwald
Information
Günter Eckardt: Zur Schneeberger Bergbau- und Siedlungsgeschichte. 21,0 × 21,0 cm, Broschur, 96 Seiten, zahlreiche farbige Abbildungen und Fotos
VP 16,00 Euro; ISBN 978-3-96063-050-0
„Viele Fachwissenschaftler mögen seine weitgreifenden Theorien belächeln. Doch keinesfalls bewegt sich Herr Eckardt mit seinen Hypothesen in einem absolut luftleeren Raum: Einerseits mahnen völlig neue Entdeckungen im böhmisch-sächsischen Erzgebirge zu einer Neubewertung des Gegenstandes. Andererseits belegen neue Untersuchungen zur Zinn-Isotopie frühester Bronzeartefakte im Bereich der Mittleren und Unteren Donau die große Bedeutung des Erzgebirges für Südosteuropa. Es zeichnet sich allmählich ein Silberstreif am Horizont ab, was die überregionale Bedeutung des Uralt-Bergbaus im Erzgebirge betrifft. Außerdem bemüht sich Günter Eckardt immer sehr, seine Hypothesen mit fundierten Studien von Fachwissenschaftlern zu untermauern. Sie liefern durchaus Evidenzen dafür, dass das Bergbaugebiet zwischen Jáchymov (Joachimsthal) und Schneeberg zu einem geologisch und mineralogisch einmaligem Areal auf der Welt gehört. Hier kommen die Metalle Kobalt, Wismut, Kupfer, Nickel und Silber gemeinsam miteinander vor, was nur für wenige andere Orte auf der Welt zutrifft.“ (Aus dem Geleitwort von Dr. rer. nat. Dominique Görlitz)
Bestellbar in allen Buchhandlungen oder direkt beim Verlag: https://buchversand.mironde.com/p/zur-schneeberg-bergbau-und-siedlungsgeschichte
Die Litterata – Technik und Poesie in Mitteleuropa – ist ein Feuilleton des Mironde Verlags (www.mironde.com) und des Freundeskreises Gert Hofmann.