Rezension

NEUES AUS ZEITSCHRIFTEN

Sehr geehrte Damen und Herren, 

wir möchten Sie auf neue Zeitschriften und interessante Artikel aus einem breiten Themenspektrum hinweisen. Wir wissen, dass unsere Erde ein Lebewesen ist und dass in der Natur, alles mit allem zusammenhängt. So sind wir heute auch von allen Menschen auf dieser Erde abhängig. Es gibt deshalb nur eine Existenzkrise der Menschheit, nicht die eine Armutskrise und die andere ökologische. Die Erfahrungen über den Umgang mit Krisen wurde über die Jahrtausende als Weisheit mündlich und schriftlich überliefert. Bücher und Bibliotheken waren dafür die anerkannten Medien. Weisheit ist die Einheit der Gegensätze Glaube und Vernunft. Mit der neuzeitlichen Naturwissenschaft verselbstständigte sich zunächst in Europa die Vernunft als berechnender Verstand, als quantifizierendes Denken und brachte im 19. Jahrhundert die „Wachstums- und Wegwerfwirtschaft“ hervor. 1972 thematisierte der Club of Rome in seinem ersten Bericht die „Grenzen des Wachstums“. Der Bericht basierte zwar auf neuartigen, „digitalen“ Computersimulationen, doch grundsätzlich blieb er in dem alten, bloß quantifizierenden Denken verhaftet, das uns in diese Existenzkrise geführt hat. 

Das Problem besteht also darin, dass wir mit Vernunft als nur berechnender Verstand, als bloß quantifizierendem Denken niemals aus der Existenzkrise herausfinden werden. Man kann den „Bericht an den Club of Rome“ noch unendlich viele Male zu wiederholen versuchen, ohne einer Lösung näher zu kommen. 

Was sollten wir tun? Wir sollten in unseren Kulturen und Religionen nach den überlieferten Weisheiten suchen, um diese zu aktivieren. Erst die wechselseitige Begrenzung und Korrektur kann das Potenzial der Gegensätze Glauben und Vernunft ausschöpfen. Erst damit können wir versuchen an der Vernunft des Universums teilzuhaben. Dieser Teilhabe bedarf es, um uns wieder in den Naturkreislauf einzuordnen. Johan Gottfried Herder (1744–1803) mit seinem Buch „Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit“ (1784) und Walther Rathenau (1867–1922) mit seinem Buch „Von kommenden Dingen“ (1917) demonstrierten, dass dieses Verfahren grundsätzlich möglich ist. Papst Franziskus fragte in seiner Umweltenzyklika „Laudato si‘“ von 2015, wer es heute vermag, die Gegensätze von Glauben und Vernunft zu vereinigen? Das ist auch unsere Frage bei der Zeitschriftenlektüre.

Das Winterheft 2022 der Zeitschrift „Vier Viertel Kult“ der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz hat den Schwerpunkt „Braunschweigisches Landesmuseum“. In einem umfangreichen, reich illustrierten Artikel informiert die Direktorin Heike Pöppelmann den Leser über die Geschichte des Landesmuseums, dessen Hauptstandort am Viehweghaus bis 2027 umfassend saniert wird, um eine Institution aufzubauen, in dem gesammelt, bewahrt, ausgestellt, geforscht, gelernt, gespielt, gegessen, kommuniziert und Raum für Utopien geschaffen wird. Teile der Ausstellung werden „Hinter den Aegidien“, einem früheren Kloster mit der ältesten erhaltenen Bausubstanz Braunschweigs, untergebracht. Dem Anschein nach versucht man hier die klassische Bildung zu retten, nachdem der Hochschulbereich auf digitale Wissensvermittlung reduziert wurde. In der Tat ermöglichen die Sammlungen bildhafte, anschaulich und sinnlich-fassbare Vermittlung, bis hin zu praktischer Methodenerfahrungen. Es könnte ein Modell für viele Museen in Deutschland werden, die aufgrund ihres Sammelgegenstandes bereits in den letzten Jahrzehnten zur Bildung und Ausbildung beigetragen haben, ohne dass das hinreichend anerkannt wurde.

Ein Schwerpunkt des Landesmuseums ist die Dokumentation der sächsischen Bevölkerung, die sich der brutalen Eroberung durch Frankenkaiser Karl widersetzte und 919 mit Heinrich I. den ersten Königs des Ostfränkischen und späteren Deutschen Reiches stellte.

In weiteren Beiträgen wird über die Geschichte des Zisterzienserklosters Riddaghausen, eine Sonderausstellung zu Max Beckmanns Zeit in Braunschweig, die virtuelle Rekonstruktion eines Renaissance-Gartens, eine Pilzkunde-Exkursion in den Buchhorster Forst, eine Sonderausstellung in der Gedenkstätte KZ-Drütte und auch über die Pächterfamilie des Klostergutes Ahlum berichtet. Die studierten Landwirte Sina Isabell Strube und Dr. Christian Putensen-Strube betreiben auf 240 ha landwirtschaftliche Nutzfläche erfolgreich konventionelle Landwirtschaft und bewahren gleichzeitig den historischen Gebäudekomplex. In der Rubrik „Aus dem Braunschweigischen“ werden interessante Neuerscheinungen vorgestellt. Der aufmerksame Leser vermisst lediglich die Literaturzusammenstellung zum Themen-Schwerpunkt die in früheren Ausgaben durch die Herzog-August-Bibliothek in Wolfenbüttel beigefügt wurde.

https://www.sbk-bs.de/vierviertelkult

Die Nummer 69 der Zeitschrift „Das Zündblättchen. Überelbsche Blätter für Kunst und Literatur.“ erschien mit Lyrik von Ulrike Tillich (Jg. 1923) und Bleistiftzeichnungen von Wolfgang E. HerbstSILESIUS (1935–2022). Herausgeberin der Zeitschrift in der Edition Dreizeichen ist Else Gold. E-Mail-Adresse: diedreeizeichen@aol.com 

Die von der Pirckheimer-Gesellschaft e.V. herausgegebenen „Marginalien, Zeitschrift für Buchkunst und Bibliophilie“ erschien in der 247. Ausgabe (2022/4). Aus der Vielzahl der Beiträge rund um die Buchkunst fiel uns ein Artikel von Elke Lang über Publikationen des Kleistmuseums in Frankfurt/Oder, ein Artikel von Ekkehard Schulreich über die Gruppe Leipziger Grafiker, die von 1975–1990 die Tradition der gedruckten „Bilderbogen“ pflegte und ein Artikel von André Schinkel über ein Gruppe von Künstlerinnen, die in der ehemaligen Leipziger Baumwollspinnerei heute noch die Druckgrafik pflege, auf. Maria Bogdanovich erinnert mit ihrem Beitrag daran, dass 1922, vor 100 Jahren, im Leipziger Verlag E. A. Seemann das dreibändige Handbuch „Die großen Bibliophilen“ von Gustav Adolf Erich Bogeng (1881–1960) erschien. Zunächst verweist Bogdanovich auf den Lebensweg Bogengs, der aus einer wohlhabenden Kaufmannsfamilie im ostpreußischen Tilsit stammte, 1899 nach Berlin zog, hier Jura studierte und 1907 in Heidelberg promoviert wurde. Es wird ein Freundeskreis mit Fedor von Zobeltitz, Martin Breslauer, Hans von Müller, Anton Kippenberg, Ernst Rowohlt, Konrad Haebler u.a. erwähnt. Bogeng engagierte sich als Mitglied in Vereinen, als Publizist und als Ausstellungsmacher (Ausstellung für Buchgewerbe und Graphik 1914 in Leipzig). Neben einer Dokumentation zur Geschichte des Büchersammelns versuchte Bogeng in seinem Handbuch auch dem Kern der Sache näher zu kommen. Das Buch vereine 1. die Vorzüge des geistigen und des literarischen Schaffens, 2. die eigene seelische Mitarbeit am Kunstgenuss und 3. das Streben nach der besten Buch- und Büchereigestaltung. In seiner eigenen Sammlung habe Bogeng Forschung und Sammlung zu vereinen gesucht. Letztlich sieht die Autorin Anzeichen dafür, dass er seine konservative Bibliothek in eine Arbeitsbibliothek umwandelte. In einer Beilage veröffentlichen die Marginalien einen Textauszug aus dem Handbuch, in dem es um die Sammler in den USA geht. Hier wird ein Problem deutlich. Der Bankier John Piermont Morgan vermochte ungeahnte Summen aufzubieten, um sich Bücher aus europäischen Auktionen kaufen zu können. Damit wurde das Sammeln von Büchern zu einer reinen Geldfrage.

www.pirckheimer-gesellschaft.org

Die Zeitschrift „Schrot & Korn. Bio leben, bio lieben“ bringt in ihrem Heft 1/2023 nicht nur jede Menge Hinweise für eine gesunde Ernährung und bewusste Lebensweise. Wir können auch einen Artikel über die Geräuschverschmutzung unseres Lebens und die Bedeutung der Ruhe lesen, ebenso ein Interview mit einer Polarforscherin und auch einen Artikel über die Wiederentdeckung einer alten landwirtschaftlichen Technik. Es wird ein Betrieb vorgestellt, der zwischen die gepflanzten Kulturen Pflanzenmulch aufbringt, damit die Ackerfläche immer bedeckt bleibt. Das kommt nicht nur der Bodenfeuchtigkeeit und den Erträgen zugute, damit verhindern diese Landwirte auch die Reflexion der Sonnenwärme in die Atmosphäre, die von kahlen Ackerflächen, wie von den Betonflächen der Metropolen und von Wüsten ausgeht.

www.schrotundkorn.de

Die Zeitschrift 79Oktan – Das Magazin für Ostoldtimer – stellte im Heft 4/2022 wieder fundierte Beiträge mit Erinnerungen an den Produktionsstart des PKW-Trabant von 1957, den leichten LKW Garant, das 98 ccm-Zweirad „Mücke“ aus Freital-Hainsberg, einen Ikarus-556-Doppeldecker-Prototyp, den 6-Zylinder-Zweitaktmotor MA 1300 von Hans Müller-Andernach, sowjetische Motorradgespanne, Kurzmeldungen, Szenemeldungen  u.v.a. Die Titelgeschichte und das Titelbild erinner an die Entwicklung des Barkas SMH 3. 1952 wurde das DRK der DDR gegründet. Der Bestand umfasste 138 Krankenfahrzeuge 19 verschiedener Typen. 1967 führte man die Dringliche Medizinische Hilfe (DMH) ein, um Notfallhilfe leisten zu können. 1975 wurde die Bezeichnung in „Schnelle Medizinische Hilfe“ (SMH) geändert. Der beliebte Kleintransporter Barkas B 1000 wurde in der Variante SMH 2 zum Symbol. Der VEB Labor- und Wägetechnik Ilmenau und der VEB Karosseriebau Parkentin  (in der Nähe von Rostock) entwickelten Ende der 1970er Jahre mit dem Formgestalter Professor Horst Brockmann von der Fachschule für angewandte Kunst in Heiligendamm Prototypen und 1984/85 begann die Serienproduktion von jährlich 50 bis 60 Fahrzeugen des Typs Barkas B 1000 SMH 3, womit der Inlandbedarf kaum zu decken war. 1990 brach der Absatz, trotz inzwischen eingebautem Viertaktmotor „über Nacht zusammen“.

www.79oktan.de

Die Zeitschrift „Signum. Blätter für Literatur und Kritik“ veröffentlicht im 24. Jahrgang in ihrem Winterheft 2023 wie gewohnt Kurzprosa, Lyrik, Aphorismen u. a. Eine besondere Würdigung erfährt der Dichter Thomas Rosenlöcher (1947–2022) mit einigen Referenzen und dem Abdruck seines Textes „Erschütterungsaugenblicke“. Bei dessen Lektüre wird der Dichter bei jedem Leser, der ihn einmal hat Möricke-Gedichte vortragen hören, im Geiste lebendig. Kritiken und Rezensionen schließen das Heft ab.

www.zeitschrift-signum.de

Das Heft 6/2022 der Zeitschrift „Austro-Classic. Das österreichische Magazin für Technik und Geschichte“ bringt auf 160 Seiten wieder eine Fülle an Sachberichten, Veranstaltungshinweisen, Klubnachrichten u.a. Neuigkeiten. Traditionsgemäß steuert der Herausgeber Dipl.-Ing. Wolfgang M. Buchta wieder einen längeren Artikel über die Automobilgeschichte bei. Auf 24 Seiten kann der Leser die prägnant zusammengefasste, reich illustrierte, amüsant geschriebene Geschichte der ältesten, heute noch existierenden US-Autofirma Buick kennenlernen. Die Geschichte beginnt am 17. September 1854 mit der Geburt David Dunbar Buicks im schottischen Fischerei-Hafenstädtchen Obar Bhrothaig. Im Alter von zwei Jahren wanderte der kleine Buick mit seinen Eltern in die USA aus, die sich in Detroit niederließen. Mit zwölf Jahren verließ Buick die Schule und lernte den Beruf eines Spenglers (Klempners). Zusammen mit einem Kollegen übernahm er 1882 die Werkstatt und trat mit zahlreichen Erfindungen und Patenten hervor. U.a. stammt das Verfahren zur Beschichtung von Gusseisen-Badewannen mit Emaille von ihm. Die Firma lief sehr gut, jedoch war das für Buick bereits uninteressant. Er wollte Neues entdecken und tüfftelte an Verbrennungsmotoren. 1899 verkaufte er seine Firmenanteile für 100.000,– $ und gründete mit dem Geld die Firma „Buick Auto-Vim and Power Co“, um Motoren für die Landwirtschaft und den Bootsantrieb zu bauen. Mit dem Ingenieur Walter Marr und dem Industriellen Benjamin Briscoe konstruierte Buick Motoren mit obenliegenden Ventilen, die bald Standard werden sollten. Doch die Prototyp-Entwicklung der ersten Autos verschlang das Vermögen. Investoren traten hinzu. Die „Buick Motor Company“ wurde gegründet. Immer wieder erfolgten Fusionen mit Kutschenproduzenten. 1905 gab es einen eher zufälligen Rennerfolg für das Buick Modell C, der die Nachfrage abrupt steigen ließ. 1908 wurde die „General Motors Company“ als Holding gegründet und die „Buick Motor Company“ war deren erste Marke. Es folgte ein steiler Aufstieg David Dunbar Buick geriet dabei in Vergessenheit. Der begnadete Erfinder arbeitete bis zu seinem Tod im Jahre 1929 als Lehrer und Pförtner der „Detroit School of Trade“. Weder die „Buick Motor Company“ noch General Motors gedachten seines 100. Geburtstages im Jahre 1954. Die weitere Entwicklung der „Buick Motor Company“ ist symbolisch für die USA. Die Wagen wurden immer größer und schwerer … Am Artikelende findet sich dann der Satz: „Neue Modelle werden heute typischerweise nicht mehr in Detroit, sondern in Schanghai präsentiert …“

www.austroclassic.net

Das Heft 4/2022 der Zeitschrift „Aus dem Antiquariat“ macht mit einem 16-Seiten-Artikel über den gelernten Drucker, Druckereibesitzer und Verleger Erich Blaschker von Wolfgang Christian Schneider auf. Es folgen Ausstellungsberichte von der Staatsbibliothek Berlin (Katrin von Boltenstern) und dem Museum für angewandte Kunst in Wien (Friedrich C. Heller), ein Interview mit der Antiquarin Regina Kurz von Björn Biester, ein Bericht von der Züricher Antiquariats-Messe von Martin Dreyfus, ein Bericht von der Antiquariatsmesse in Berlin-Karlshorst von Hans Lindner und ein Artikel zum 75. Geburtstag des Dresdner Antiquars Claus Kunze von Udo Geithner und Michael Kunze. Kataloglisten, Rezensionen, Nachrichten und Messe-, Auktions- und Ausstellungstermine schließen das Heft ab.

https://medien.mvb-online.de/produkte/aus-dem-antiquariat

Die Korrespondenz Abwasser-Abfall, das Organ der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser, und Abfall e.V. und des Güteschutz Kanalbau, widmet sich im Heft 1/2023 dem 75. Verbandsjubiläum. Ab der Seite 22 findet der Leser einen Bericht des Hauptausschusses Entwässerungssysteme. Hier wird daran erinnert, dass die erste Abwasser-Kanalisation 1842 in Hamburg gebaut wurde. Der Leser kann über zehn Seiten der historische Wandel der Abwasserentsorgung nachverfolgen. Man vermisst Hinweise auf den Wandel von der Abwasserentsorgung zur Stofftransformation.

https://de.dwa.de/de/ka-korrespondenz-abwasser-abfall.html

Sehr geehrte Leserinnen und Leser, wir hoffen, dass wir Ihnen mit NEUES AUS ZEITSCHRIFTEN vielleicht die eine oder andere Anregung zum Nachdenken ermöglichen konnten.

Johannes Eichenthal

Die Litterata – Technik und Poesie in Mitteleuropa – ist ein Feuilleton des Mironde Verlags (www.mironde.com) und des Freundeskreises Gert Hofmann.

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