Reportagen

KLAUS WALTER HÖRTE AUF ZU LESEN

Der Journalist, Buchhändler, Schriftsteller, Lektor, Verleger, Büchersammler und Buchliebhaber Dr. Klaus Walther verstarb fünf Wochen nach seinem 86. Geburtstag, im schönen Monat Mai, in Lößnitz. Er hinterließ ein vielseitiges und originäres Lebenswerk. Mehrere Bücher veröffentlichte er auch im Mironde-Verlag.

Klaus Walther am 9.5.2011 bei einer Lesung in der Stadtbibliothek Zwönitz

Mit dem Tod Klaus Walthers verliert die Region einen herausragenden Kulturaktivisten. Er vermochte die regionale Literaturgeschichte im Zusammenhang mit deutscher und internationaler Literaturgeschichte zu sehen. Der Verlust Klaus Walthers ist deshalb auch im kulturstrategischen Sinne nicht ersetzbar.

In einer hochkarätig besetzten Diskussionsrunde am 15. September 2005 in der Leipziger Hugendubel-Buchhandlung (v. re. Faber, Walther, Hoyer, Richter, Hametner) wurde anlässlich des zehnjährigen Bestehens des Faber & Faber-Verlages in Leipzig Klaus Walthers Buch „Was soll man lesen?“ vorgestellt.

Klaus Walther nahm den Leser grundsätzlich immer ernst und führte ihn zum Buch hin. Herausragend war in „Was soll man lesen?“ seine an Hermann Hesse geschulte Entdeckung, dass „Kanonbildung“, die Festlegung der Leser auf bestimmte Bücher, zwar immer wieder aus außerliterarischen Gründen versucht, jedoch beständig scheitern wird. Das Wesen des Buches bietet gerade die Möglichkeit des individuellen Zugangs zum Erbe: „Jedes Buch findet seinen Leser und jeder Leser in der entsprechenden Situation das richtige Buch.“ (Klaus Walther)

Klaus Walther am 2.8.2013 bei der Buchvorstellung in der Buchhandlung Walther in Stollberg

2013 gab Klaus Walther mit Kolleginnen und Kollegen, die mit ihm gemeinsam ihr ganzes Berufsleben lang in der Erzgebirgsregion wirken konnten, ein reich illustriertes Buch zum Erzgebirgskreis und zur Erzgebirgskultur heraus. 

Diese Autorinnen und Autoren leisteten Herausragendes für die Kultur der Region. Die Voraussetzung dafür war aber, dass sie ihr ganzes Berufsleben lang in der Region leben und arbeiten konnten.

Klaus Walther während einer Buchvorstellung am 28.4.2015 in Saarbrücken. Re. neben ihm die Buchgestalterin Birgit Eichler, li. neben ihm Mitherausgeber Dieter Lehnhardt und der Mitautor und Bücherfreund, der saarländische Ex-Ministerpräsident Reinhard Klimmt

Grundsätzlich waren Bücher für Klaus Walther bei privaten  Sammlern besser aufgehoben als in öffentlichen Bibliotheken. Gemeinsam mit Dieter Lehnhardt gab Klaus Walther 2014 das Buch „Haben Sie das alles gelesen“ heraus, in dem 16 Sammler und eine Sammlerin begründeten, warum  sie 30.000, 50.000 oder 100.000 Bücher zu Hause aufbewahren. 

Auf die Frage aus dem Buchtitel pflegte Klaus Walther zu antworten: „Wir besitzen Bücher nicht, um sie gelesen zu haben, sondern um sie dann, wenn wir möchten, lesen zu können.“

Klaus Walther liebte den erzgebirgischen Mundartdichter Fritz Körner besonders. Körner war einer der gebildetsten Menschen seiner Zeit. Kriegsinvalidität und Firmeninsolvenz brachten Körner mit seiner großen Familie immer wieder in existenzielle Bedrängnis. Unter diesem Druck schuf Körner Geschichten, wie „De gesungene Speisekart“ oder die Übersetzung des Lukas-Evangeliums ins Erzgebirgische. Im Mironde Verlag gab Klaus Walther eine Auswahl heraus. (Foto von der Buchmesse Leipzig, 18.3.2010)

Am 15. September 2005 erklärte Klaus Walther am Ende der Diskussion: Wenn er aufhören müsse zu lesen, dann werde er wahrscheinlich auch aufhören zu leben. 

Am 10. Mai 2023 hörte Klaus Walther auf zu lesen. Doch wir werden seine Büchern weiter lesen …

Andreas Eichler

Die Litterata – Technik und Poesie in Mitteleuropa – ist ein Feuilleton des Mironde Verlags (www.mironde.com) und des Freundeskreises Gert Hofmann.

One thought on “KLAUS WALTER HÖRTE AUF ZU LESEN

  1. Um mit den Worten Salomos (8,9) zu sprechen, hat auch er beschlossen, sich die Weisheit zur Gespielin zu
    nehmen, denn er wusste, dass sie ihm ein guter Ratgeber sein wird und ein Tröster in Sorgen und Traurigkeit.
    In Bewunderung für meinem Goethe-Freund Klaus Walther
    dankbar verbunden Siegfried Arlt, 11. Mai 2023

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