Der 27. Juni war ein schwülwarmer Sommertag. Die Wärme staute sich in den Gebäuden, auf den Plätzen, in den Straßen. Der Straßenverkehr staute sich in Chemnitz an Baustellen und unangekündigten Vollsperrungen. (Oder war es bloß wieder eine dieser „moderne Kunst“-Aktionen?) Auf dem Harthauer Berg wehte jedoch bereits ein leichtes Lüftchen und in Gelenau sogar ein frischer Wind. Michael Schuster eröffnete in Anwesenheit vieler Freunde, Unterstützer und zahlreicher Medienvertreter die Sommerausstellung 2024 im Depot Pohl-Ströher um 14 Uhr.
Akkordeonmusik lockte die Gäste, die sich bereits in die Ausstellung vertieft hatten, noch einmal zum Eingang.
Michael Schuster hob in seiner kurzen Rede hervor, dass Steiff- und Käthe-Kruse-Puppen einen wichtigen Teil der Ausstellung ausmachen.
Bei den Kinderfahrzeugen seien zum letzten Mal Fahrzeuge aus der Sammlung Eckhart Holler zu sehen. Mit einer Sonderausstellung werde das Werk des Leipziger Spielzeuggestalters Rudolf Fix (1908–2001) gewürdigt.
Peter Fix, der Sohn des Holzgestalters, erzählte, dass sein Vater den Beruf des Maschinenbauers erlernte und bereits vor dem Zweiten Weltkrieg zum Flugzeugbau der Firma Hugo Junkers kam, der dann mit Kriegsbeginn auf Kriegsflugzeuge umgestellt wurde. Nach dem Krieg wollte Rudolf Fix nicht mehr mit Metall arbeiten, weil es ihn an den Krieg erinnerte. Holz erschien ihm als das geeignete Material für Spielzeug, das bei Kindern in Zukunft friedliche Assoziationen erwecken kann. Deshalb meldete er am 15. Mai 1945 die „Herstellung von Spielware“ als Gewerbe an. Er stellte kleine Eisenbahnzüge, LKW- und Traktorgespanne, selbst kleine Mähdrescher her. Die Miniaturisierung ging bis hin zu Eisenbahnzügen, die in kleinste Schächtelchen passten.
1955 legte er die Meisterprüfung als Holzspielzeughersteller in Seiffen ab. Dort glaubte man damals noch, dass nur ein gebürtiger Erzgebirger den Meisterbrief erhalten könne. Doch mit seiner „Brockenbahn“, in der Größe eines Handwagens, legte Rudolf Fix ein Meisterstück vor, dass die Prüfungskommission überzeugte. Und so brachte Rudolf Fix vielleicht den ersten Meisterbrief aus Seiffen nach Leipzig.
Anfang der 1960er Jahre stellten Rudolf Fix und seine Ehefrau die Produktion von Holzspielzeug ein. 1963 legte er die ersten kunsthandwerklichen Arbeiten aus Edelhölzern vor. Erst 1992 beendete Rudolf Fix seine handwerkliche Tätigkeit.
Auf die Frage, wie er zum Ausstellen der Werke seines Vaters gekommen sei, antwortete Peter Fix, dass im Kreismuseum Grimma vor Jahren eine Ausstellung stattfand, in der man sein liebstes Kinderspielzeug präsentieren konnte. Unter den Exponaten seien einige Arbeiten seines Vaters gewesen. Er habe die Museumsleiterin, Frau Marita Pesenecker, angerufen, um ihr für diese Ausstellung zu danken, besonders dafür, dass auch etwas aus der Werkstatt seines Vaters zu sehen war. Sie habe darauf gefragt, ob er noch mehr von dem Fix-Spielzeug habe und begonnen, eine gesonderte Ausstellung organisiert. Frau Sibylle Karsch, die Leiterin des Museums in Mittweida, zeigte darauf die Grimmaer Ausstellung in ihrem Haus. Von dort sei sie in das Dorfmuseum Gahlenz gegangen. Dessen Leiterin Beate Mühl habe sie dann dem Depot in Gelenau empfohlen.
In den künstlerischen Arbeiten habe sein Vater die Lebenserfahrung verarbeitet. Dazu nahm er auch Anregungen aus der Literatur auf. Ernest Hemingways „Der alte Mann und das Meer“, Antoine de Saint-Exupérys „Der kleine Prinz“, Heinrich Hoffmanns „Struwelpeter“ u.a. halfen ihm, die Erfahrungen zu formulieren und mit holzgestalterischen Mitteln auszudrücken.
Die Zuschauer ließen sich von der Leichtigkeit der Rede Peter Fix’, von seinem freundlichen Humor und seiner leichten Ironie verzaubern. Oder war es das Holzspielzeug, das sie verzauberte? Jedenfalls fanden sich alle wieder im Café Seidel, das nur zur Eröffnungsveranstaltung präsent war. Auch der Antiquar Ulrich Osberghaus verließ eigens seinen Bücherstand. Die Gäste plauderten angeregt miteinander. Die Anregungen hatten sie in der Sommer-Ausstellung des Depot Pohl-Ströher empfangen.
Johannes Eichenthal
Information
Depot Pohl-Ströher: www.lopesa.de
Emil-Werner-Weg 96, 09423 Gelenau
Die Sommerausstellung ist vom 3. Juli bis 31. August 2024 Mittwoch bis Sonntag und feiertags von 10–18 Uhr geöffnet.
Fernsehreportagen von der Ausstellungseröffnung
Erzgebirgsjournal: https://youtu.be/laWcMBqwCqU?si=XxDtUAxBwDAXSUko
Kabeljournal Chemnitzer-Land: https://www.youtube.com/watch?v=QbRsPPW6euc
Literaturhinweis
Ute Krebs/Wolfgang Schmidt: Das Depot Pohl-Ströher. Volkskunst trifft Spielzeug
Mit einem Geleitwort der Sächsischen Staatsministerin für Kultur und Tourismus Barbara Klepsch
Fester Einband, 23,0 × 23,0 cm, 160 Seiten, 250 z.T. farbige Abbildungen und Fotos
VP 19,95 Euro; ISBN 978-3-96063-043-2
Bestellbar in jeder Buchhandlung oder direkt beim Verlag:
https://buchversand.mironde.com/p/das-depot-pohl-stroeher
Die Litterata – Technik und Poesie in Mitteleuropa – ist ein Feuilleton des Mironde Verlags (www.mironde.com) und des Freundeskreises Gert Hofmann.