Limbach-Oberfrohna
Reportagen

VERGEUDE KEINE ENERGIE – VERWERTE SIE!

Am Abend des 16. November füllte sich der Saal des Esche-Museums in Limbach-Oberfrohna. Peter Siegel vom „L.O.s geht’s e.V.“ begrüßte den Referenten Dipl.-Ing. Matthias Kuhn, den Inhaber der Firma MSR  (Messen Steuern Regeln) Gebäudeautomation. Das Thema des Vortrages lautete: Wärmepumpen und Co. – Was sollte der Hauseigentümer beim Einbau und der Nutzung von Energiewendetechnologien beachten?“ Anlass war die am 1.1.2024 in Kraft tretende Novellierung des Gebäudeenergiegesetzes. Aus dieser Neufassung des Gesetzes können sich für Bauherren und Investoren beträchtliche Konsequenzen ergeben. Entsprechend groß war die Aufmerksamkeit, mit der die Zuhörer dem Vortrag lauschten. 

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Matthias Kuhn hob zunächst hervor, dass er keine Energieberatung ersetzen wolle. Dann fragte er nach der Bedeutung des Ausdrucks „Energiewende“? Was solle denn „gewendet“ werden? „Energie“? Nein. Es gehe um die Senkung des Energieverbrauches und die verstärkte Nutzung alternativer Energieerzeugung. In zwei Ausdrucken hatte er die Zuhörer auf die Dimensionen und Strukturen des Energieverbrauches aufmerksam gemacht. So ist Elektroenergie die teuerste Form. Der Preis für eine Kilowattstunde wurde im Durchschnitt von 14 Cent im Jahre 2000 auf 34 Cent im Jahr 2022 erhöht. Gleichzeitig verwies er auf vielfältige Möglichkeiten der Energieeinsparung. Etwa mit dem Hinweis, dass die Erwärmung eines leeren Raumes mit 125 m3 (5 m × 10m × 2,5m) von 10° C auf 20° C 0,455 kWh Wärmeenergie verbrauche. Die gleiche Menge an Energie verbrauche man für 27 Minuten Haarföhnen. Und im Durchschnitt machen Kommunikation und Unterhaltung etwa ein Drittel des privaten Stromverbrauchs aus.

Matthias Kuhn reaktivierte bei den Zuhörern naturwissenschaftliche Grundkenntnisse, um kompliziert erscheinende technische Prozesse verstehen zu können. Zugleich machte er anschaulich, dass ein Haus ein komplexes System ist, in dem vielfältige Einflüsse zu berücksichtigen sind. Der Eigentümer muss Entscheidungen mit mittel- und langfristigen Folgen treffen. Deshalb muss man den Standort des Hauses, die Besonderheiten des Hauses, die Zahl seiner Bewohner, die Lebensweise seiner Bewohner, die technischen Möglichkeiten, die finanziellen Möglichkeiten genau kennen. Letztlich ist für jede Lebensweise und jedes Haus eine andere Lösung notwendig, um tatsächlich Energie einsparen zu können. Das zu erkennen, sei die wichtigste Aufgabe der Eigentümer. Dem Gesetzgeber sei es gleichgültig, wie die Bürger die gesetzlichen Vorgaben erfüllten und die Hersteller wollten ihre Technik verkaufen. Deshalb rate er zur Besonnenheit und zur Abwägung. Zeitdruck und Angst seien schlechte Ratgeber.

Wichtig sei dagegen die Beratung durch einen Energieberater und Fachfirmen, die über praktische Erfahrung im Umgang mit alternativer Energiegewinnung verfügen. Die zahlreichen Beispiel aus kleinen oder großen Projekten, die Kuhn einflocht, waren für den Besucher besonders wertvoll.

Die Möglichkeit der Fragestellung wurde von den Besuchern ausgiebig genutzt. Nach etwa zwei Stunden dankte das Publikum dem Referenten mit herzlichem Applaus.

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Peter Siegel dankte dem Referenten mit einer Flasche Wein

Auf dem Heimweg erinnerten wir uns an eine Buchvorstellung mit Marc Elsberg 2014 in Borna (https://www.mironde.com/litterata/3314/reportagen/blackout-in-borna). Dort wurde von kompetenten Teilnehmern (Stellvertreter des Landrates, Kreiskrankenhauschef, Kreisfeuerwehrchef, Kreischef des Technischen Hilfswerkes, Chef der Stadtwerke Borna u.a.) über die drohende Gefahr eines flächendeckenden, 14tägigen Stromausfalls (Blackout) diskutiert. Eine der wichtigsten Erkenntnisse bestand darin, dass für die Handlungsfähigkeit der Stadtwerke im Krisenfall eine andere Art des Stromnetzes notwendig ist. Bisher existiert das Netz nur, wenn zentrale Kraftwerke am Netz sind. Wenn das zentrale Kraftwerk ausfällt, dann gibt es kein Netz. Die Stadtwerke Borna könnten bei einem zentralen Blackout Strom für 12.000 Haushalte einspeisen, die jetzigen Netzstrukturen lassen das aber nicht zu. Es ist also eine Kombination von zentralen Netzen und relativ selbstständigen, dezentralen Stadtwerkenetzen notwendig.

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Die österreichische Akademie der Wissenschaften veröffentlichte vor einigen Jahren eine Studie, in der darauf verwiesen wurde, dass kleine und mittlere Städte im ländlichen Raum Entwicklungspotenzial besitzen, wenn Sie gemeinsam mit ihrem Umland alternativ Energie für die Bevölkerung sowie Handwerk und Gewerbe erzeugen. Energie würde dann dort erzeugt, wo sie gebraucht wird. Der Eigenverbrauch erhöhe die Akzeptanz der alternativen Energiegewinnung.

Wilhelm Ostwald, der erste sächsische Nobelpreisträger, formulierte sein Lebensmotto bereits vor über 100 Jahren: „Vergeude keine Energie – verwerte sie!“ Die Oswaldsche Konsequenzen kann man noch heute in seinem Landsitz in Großbothen besichtigen. In der Tat traf er den Punkt: Den absoluten Energieverbrauch senken und Energievergeudung beenden.

Clara Schwarzenwald

Die Litterata – Technik und Poesie in Mitteleuropa – ist ein Feuilleton des Mironde Verlags (www.mironde.com) und des Freundeskreises Gert Hofmann.

One thought on “VERGEUDE KEINE ENERGIE – VERWERTE SIE!

  1. Es ist ein Lichtblick, wenn, wie in Matthias Kuhns Vortrag, das Thema Energie frei von Ideologien beleuchtet wird. Populistische Wortakrobaten erfinden immer neue Begriffe, die aber mit dem, was wir einmal im Physikunterricht als Grundlagen vermittelt bekamen, nichts zu tun haben. Es gibt keine erneuerbaren Energien. Energie lässt sich weder erzeugen noch vernichten noch anschließend erneuern. Das Wörtchen „Wende“ ist inflationär. Was ist denn das, Wende? Wollen wir zurück ins vorindustrielle Zeitalter. Es geht doch vielmehr um notwendige Korrekturen, in erster Linie um Verhaltensweisen im Umgang mit Energie.

    Die Lage ist hoffnungslos aber nicht ernst, so könnte man den weltweiten Umgang mit der fortschreitenden Erderwärmung beschreiben. Selbst wenn wir hierzulande alle Möglichkeiten ausschöpfen würden – und davon sind wir noch weit entfernt – wäre dies nicht mehr als der berühmte Tropfen auf den heißen Stein. Nur wenn alle Staaten an einem Strang zögen, würden wir unseren Planeten retten können. Doch das ist Utopie.

    Dennoch führt kein Weg daran vorbei, alle bestehenden Möglichkeiten zu nutzen und neue Wege zu beschreiten, die Erderwärmung zu stoppen. Kriege und Krisen haben schon immer Entwicklungsschübe ausgelöst. Bahnbrechende Erfindungen sind aber nicht in Sicht. Auf sie warten können wir nicht. Hier und jetzt müssten wir handeln. Aber anscheinend ist der Leidensdruck noch nicht groß genug, bzw. die Einsicht zum Ernst der Lage.

    Sobald eine Möglichkeit, Energie zu sparen, ins Spiel kommt, wird mit Statistiken jongliert. Der Straßenverkehr sei ja nur zu wenigen Prozent beteiligt, Luftverkehr falle kaum ins Gewicht, stromfressende Giga-Rechenzentren seien schließlich für die allseits gepriesene Digitalisierung unumgänglich und so weiter und so fort. Verbände und Lobbyisten bremsen wo sie können, nur Otto Normalverbraucher hat keine Lobby.

    Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, jetzt müssten Hauseigentümer und Bauherren die Welt retten, verbunden mit gewaltigen finanziellen Lasten Die meisten Eigentümer von Bestands- und Altbauten werden die Kosten nicht stemmen können, abgesehen davon, dass die technischen Hürden und örtliche Gegebenheiten in vielen Fällen die Umsetzung der neuen Vorgaben erschweren oder gar unmöglich machen. Ganz zu schweigen von bürokratischen Hürden, die immer monströser werden.

    Was die Windkraft anbelangt, haben wir es mit der grotesken Situation zu tun, dass dort, wo Offshore-Windkraftanlagen gigantische Strommengen produzieren, die Kilowattstunde für den Endkunden am teuersten ist, weil die Verbraucher die Defizite mittragen müssen, wenn der Strom mangels Netz nicht an die Abnehmer im Binnenland geliefert werden kann.

    Hier und jetzt haben wir keine andere Wahl, als sehr viel bewusster mit Energie umzugehen. Aber die Menschen lassen sich nichts wegnehmen, woran sie gewöhnt sind, es sei denn, sie würden durch die Umstände gezwungen. Es ist alles so herrlich bequem. Teurer wird es, aber für das Leasing eines feisten SUV reicht es allemal. Ein Mal Handy einschalten und Tante Google befragen macht 40 Watt. Handy-Dauerquaken frisst noch mehr Energie. Die IT insgesamt ist mit Abstand der größte Stromfresser mit weit mehr als der Hälfte des Gesamtenergieverbrauchs. Das größte Einsparpotenzial liegt in festgefahrenen Gewohnheiten. Warum nicht wieder einen Telefon-Zeittakt einführen? Warum kein Tempolimit? Warum keine Limits für Kraftstoff- und Stromverbräuche bei Kraftfahrzeugen. Warum keine Limits für die Masse von PKW. Warum keine Zeitfenster für die Nutzung energieintensiver Haushaltsgeräte oder, wie in Frankreich, nach Verfügbarkeit elektrischer Energie?

    Stattdessen lockt man die Menschen mit sogenannten Balkonkraftwerken. Hier ist ein gigantischer Markt entstanden. Schon der Begriff „Kraftwerk“ ist irreführend. Man suggeriert den Menschen, mit einem Balkonkraftwerk einen Beitrag zur „Energiewende“ leisten zu können, und sogar Förderprogramme unterstützen das, anstatt reinen Wein einzuschenken. Die propagierten Stromerträge sind rechnerisch ermittelt. In der Praxis kann man mit dem Strom eines Balkonkraftwerks noch nicht einmal eine Kanne Kaffee kochen, selbst bei voller Sonneneinstrahlung. Und da gehen die Panels sozusagen in die Knie, weil bei steigender Oberflächentemperatur der Wirkungsgrad sinkt. Versteckt sich die Sonne hinter den Wolken, reicht es vielleicht gerade eben noch für die elektrische Zahnbürste, oder nicht einmal dafür. Also besser Nägel mit Köpfen machen? Die Photovoltaik ist unbestritten eine Schlüsseltechnik für die sogenannte Energiewende, die jedoch erst ihre Vorzüge voll entfalten kann, wenn wir überschüssigen Strom im nötigen Ausmaß und dazu noch bezahlbar speichern können.

    Die wenigsten privaten Hauseigentümer werden aber gewillt sein, in eine leistungsfähige Photovoltaik zu investieren. Warum ist das so?

    Wer im Jahr 2001 als Hausbesitzer eine Solaranlage installieren ließ, erhielt für den überschüssigen Strom bis zu 58 Cent pro Kilowattstunde, aktuell sind es nur noch 8,2 Cent. Ferner gab es von 2009 bis 2012 sogar für den Solar- Eigenverbrauch eine Einspeisevergütung von anfangs bis zu 25 Cent pro Kilowattstunde. Damit rechnete sich für Hausbesitzer der Kauf einer Solaranlage in den „goldenen Zeiten“ der Solarförderung spätestens nach zehn Jahren. Diese Anreize sind Geschichte. Daher betragen die Amortisationszeiten heute mehr als 20 Jahre. Da in der Zeit Komponenten erneuert werden müssen, bleibt die Photovoltaik ein teures Hobby für Idealisten.

    In Bestands- und insbesondere in Altbauten fallen im Zusammenhang mit der Installation einer leistungsfähigen Photovoltaik teure Ertüchtigungsmaßnahmen an der Elektroinstallation an. Nahezu in allen Fällen muss der Zählerkasten erneuert werden, ferner entsprechen Erdung und Potentialausgleich nicht mehr den Vorschriften. Grober Anhaltspunkt: 10.000,- Euro aufwärts für Material und Löhne. Wer an den Kauf einer Photovoltaik denkt, sollte also unbedingt im Vorfeld die Stadtwerke und einen ortsansässigen Elektroinstallateur zu Rate ziehen und sich keinesfalls auf den Solaranbieter verlassen, schon gar nicht auf einen, der nicht in der Nähe ansässig ist. Nicht auf die vollmundigen Versprechungen überregionaler Anbieter hereinfallen. Seriöse, alteingesessene regionale Unternehmen haben einen Ruf zu verteidigen und werden unter dem Strich das preisgünstigste Paket, garantiert aber nicht das billigste Angebot abliefern. Mittlerweile sind Produkte aus deutscher Produktion in jeder Hinsicht konkurrenzfähig.

    Hintergrund-Informationen:
    Unser Ziel war es, die Abhängigkeit von der kommunalen Energieversorgung zu verringern. Im ersten Schritt stellten wir unsere Brennwertheizung auf Tankgas um, das aus Raffinerieabfällen gewonnen wird und früher einfach abgefackelt wurde. Der Vorrat reicht für zwei bis drei Jahre. An das Tankgas ist ein Inverter-Stromerzeuger angeschlossen, der für Dauerbetrieb ausgelegt ist. Über einen Netztrennschalter können wir auf Generatorbetrieb umschalten und das ganze Haus mit sauberem Strom versorgen, auch und gerade für empfindliche elektronische Geräte – alle Elektrogeräte gehören heute dazu.

    Wir haben eine Solaranlage mit einer Leistung von 7,6 kWh bei voller Sonneneinstrahlung, einen Speicher von 9,6 kWh und eine Wallbox, die das Auto wahlweise ausschließlich mit Überschussstrom vom Dach lädt, in Betrieb. Die maximale Entnahme beträgt 4,6 kW. In unserem Haus aus den 1960er Jahren fielen Zusatzkosten von 18.000,- Euro für die Ertüchtigung der Elektroinstallation an, die weder den Vorschriften noch den spezifischen Anforderungen einer Photovoltaikanlage entsprach. Bereits ohne die Ertüchtigungsmaßnahmen an der Elektro-Hausinstallation hätte die Amortisationszeit optimistische 25 Jahre betragen – unter der völlig illusorischen Annahme, dass bis dahin keine Komponenten erneuert werden müssen. Im Hochsommer liefert unsere Anlage weit mehr als doppelt so viel Strom, wie wir verbrauchen. Das System ist von Hager, hat die Bezeichnung Hager Flow. Die Solarpanels sind von Meyer Burger, also alles aus deutscher Fertigung. Die Wallbox kann so eingestellt werden, dass sie nur mit Überschussstrom vom Dach lädt. Mit einem Renault Zoe oder einem vergleichbaren Fahrzeug könnten wir bei Sonnenschein jeden Tag 150 Kilometer mit eigenem Strom fahren. Der Wirkungsgrad der Anlage liegt im Hochsommer bei maximal 80 Prozent. D.h., es kommen 6 kW im System an, zum direkten Verbrauch als auch zum Laden der Batterien. Die Werte fallen bei bewölktem Himmel rasch in den Keller. Im Winter müssen wir ca. 50 Prozent Strom zukaufen. Die Anlage ist wartungsfrei.

    Ganz gleich, was wir uns anschauen, Heizung (Wärmepumpen), Dämmung, Solar – so ist die sogenannte Energiewende nicht zu schaffen, weil für die weitaus meisten Menschen im Lande unbezahlbar. Wäre es politisch gewollt, Solar zum Standard zu machen, müssten bei den Einspeisevergütungen die privaten Investitionskosten berücksichtigt werden.

    Marc Elsberg hat in seinem Standardwerk „Blackout“ die Verletzlichkeit der Informationsgesellschaft eindringlich dargestellt. Heute können wir davon ausgehen, dass Kriege in naher Zukunft nicht mehr mit Panzern und Raketen ausgetragen werden. Die Putins dieser Welt wissen längst, wie sie die „feindliche“ Energieversorgung lahm legen können. Dank der vielgepriesenen Digitalisierung gehen dann überall die Lichter aus – keine Versorgung, keine Entsorgung, kein Geld am Bankautomaten – nichts. Irgendwann werden wir froh sein über jeden Fetzen Papier.

    Es steht außer Zweifel, dass etwas passieren muss, um die Erderwärmung zu stoppen. Das wird aber nur auf Basis globaler Anstrengungen funktionieren und nicht primär auf der deutschen Insel der Glückseligkeit und auf dem Rücken der Menschen in diesem Lande. Hier heißt es aufwachen, zu den alten Tugenden zurückfinden, Forschergeist, Erfindergeist, Unternehmertum. Mit Wärmepumpen werden wir die Welt nicht retten – vielleicht aber mit Vernunft. Aber bekanntlich haben Intelligenz und Vernunft nichts miteinander zu tun.

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