Reportagen

MYTHOS IRONMAN HAWAII

Der Heimatverein Niederfrohna e.V. hatte unter dem Titel »Mythos Ironman Hawaii« für den 1. November 2019 zu einer Veranstaltung mit dem Triathlon-Vize-Europameister 2019 Alexander Kunze in die Begegnungsstätte LINDENHOF eingeladen.

Der große Saal der Begegnungsstätte LINDENHOF füllte sich am Abend des 1. November recht schnell. Gabriele Liebert, die Vorsitzende des Heimatvereins, begrüßte dann vor knapp 300 Gästen den Triathlon-Sportler Alexander Kunze, den »Sportler des Jahres 2018« der Nachbarstadt Limbach-Oberfrohna.

Alexander Kunze (Jahrgang 1972) erzählte dem Publikum, dass er 2005 nach einer Laufveranstaltung zur Teilnahme an einem Triathlon überredet wurde. Triathlon hatte damals bereits den Status eines »Mythos« errungen. Ursprünglich sei der erste Triathlon im Jahre 1974 in San Diego veranstaltet worden (500 Meter Schwimmen, 8 Kilometer Fahrrad und 10 Kilometer Laufen). 15 Teilnehmer starteten am 1. Februar 1978 zum ersten »Ironman«-Wettbewerb auf Hawaii. Der Sieger benötigte für 3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Fahrradfahren und 42,195 Kilometer Marathonlaufen 11:50 Stunden. Der erste deutsche Sieger des Wettkampfes brauchte 1997 nur noch 8:33 Stunden. Der Sieger 2019 brachte es auf 7:51 Stunden.

Alexander Kunze erzählte weiter, dass sein erster Ironman-Qualifikations-Versuch 2009 in Nizza erfolgte. 2011 qualifizierte er sich dann in Frankfurt am Main für den Ironman-Wettkampf in Hawaii. Bisher nahm er vier Mal an diesem Wettkampf teil. Der »Ironman« hat mittlerweile den Status eines Touristen-Spektakels angenommen. 3000 freiwillige Helfer organisieren den Wettkampf für 2000 Aktive. Bei der Beschreibung der Umstände des Wettkampfes mit Beamer-Fotos konnte man als Zuhörer Mitleid bekommen. Angefangen von einem dicht gedrängten Schwimm-Massenstart im Meer, über ein Radrennen auf einem schattenlosen Highway mit Asphalt-Temperaturen von etwa 50° Celsius, bis hin zu einem Marathon Lauf, der zum Teil wieder über den schattenlosen Highway und eine ebensolche Basaltfelsenlandschaft führte. Das Mitleiden wurde bei der Beschreibung einzelner Schwierigkeiten, wie Reifenpannen oder Wasserflaschenverlust, noch verstärkt. Zudem waren die gereichten Power-Getränke eher süß, was bei den Temperaturen vollends problematisch ist. Mit Salzsteinen versuchte Alexander Kunze den Geschmack wieder zu neutralisieren. Das macht die Sache aber auch nicht besser. Ein Foto vom »Sonnenbrandes« des Sportlers nach Wettkampfende brachten Stöhnen im Publikum hervor. 2013 benötigte Alexander Kunze 9:14,58 Stunden für die Strecke.

Alexander Kunze erzählte vorbildlich lakonisch und lapidar. Er vermied jeden Anschein von Pathos. Auch vermied er die heute üblichen kompensatorischen Bekundungen, dass ihm die Sache »ganz super tollen Spaß« mache. Übrigens ein Indiz dafür, dass die körperliche Bewegung ihm tatsächlich Spaß macht. Das ist nicht verwunderlich, wurde Kunze doch einst von der Trainerlegende Wilfried Granz entdeckt. Auf Nachfrage sagte Kunze auf seine bescheidene Art, dass er in der Woche 7–9 km schwimme, 60–80 km laufe und 200–350 km mit dem Rad fahre. Das deutet auf ein selbstbestimmtes und selbstbeherrschtes Lebensregime hin. Tag für Tag, Woche für Woche, Monat für Monat arbeitet er auf einen Wettkampfhöhepunkt hin. Aber über große Dinge kann man nur lakonisch und lapidar berichten. Insofern muss man sagen, dass Alexander Kunze nicht nur ein guter Sportler sondern auch ein guter Erzähler ist.

Das Publikum dankte Alexander Kunze am Ende mit herzlichem Applaus. Gabriele Lieber überreichte eine kunstvoll verpackte Weinflasche. Die ist sicher nicht als Wettkampfverpflegung sondern für einen gemütlichen Abend gedacht.

Apropos Wettkampfverpflegung: Seit vielen Jahren gibt es im Frühling im Thüringer Wald einen Rennsteiglauf über 45 und 75 km. Der führt nicht nur durch eine waldreiche, reizvolle, schattige Landschaft mit anspruchsvollem Höhenprofil, dort wird im Unterschied zu Hawaii als Verpflegung auch Bier gereicht, zumindest für die Läufer, die vornweg laufen. Leichtes Bier ist seit Jahrhunderten in Europa unter dem Namen »flüssiges Brot« eine ideale Ernährung bei langandauernden, schweren Arbeiten. Wäre das Bier, das es bekanntlich auf Hawaii nicht gibt, nicht ein Grund zum Wechsel?

Alexander Kunze und dem Heimatverein ist für diese Veranstaltung, die uns einmal aus dem von Konsum, Medien, Durchschnittlichkeit und Mittelmäßigkeit dominierten Alltag heraushob, zu danken. Selbstbestimmte Bewegung ist wichtig. Es muss ja nicht gleich der »Ironman« sein.
Johannes Eichenthal

Die Litterata – Technik und Poesie in Mitteleuropa – ist ein Feuilleton des Mironde Verlags (www.mironde.com) und des Freundeskreises Gert Hofmann.

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