Reportagen

BEI LAZARUS ERBEN

Im Lazarus-Ercker-Haus in der Annaberg-Buchholzer Magazingasse 8 fand am 24. Mai eine weitere Buchvorstellung statt. Aus Platzmangel hatten am 11. Mai nicht alle angemeldeten Interessierten teilnehmen können. Das Haus war vom Namensgeber des Vereins „Lazarusʼ Erben“, dem großen Metallurgen Lazarus Ercker (1528/30–1594) im Jahre 1565 gekauft worden. Heute gehört es zum UNESCO-Welterbe. 

Engagierte Vereinsmitgliedern machten die Gäste vorab mit der historischen Stätte vertraut. Unter anderem gehört ein sehr großes Tonnengewölbe in acht Metern Tiefe zum Haus. Es wird vermutet, dass hier der Weinkeller des naheliegenden Franziskaner-Klosters gewesen sein könnte.

Heiko Meyer (re.), Mitglied des Vereins „Lazarusʼ Erben“, begrüßte um 19 Uhr die Gäste.

Der Autor Michael Schuster stellte dann sein neues Buch mit dem Titel „Der Zwerg aus dem Berg. Eine Zeitreise in die Montanregion Erzgebirge/ Krušnohoří“ vor. 

Michael Schuster betonte, dass er den Gelehrten und Praktiker Lazarus Ercker in seiner Heimat bekannter machen möchte. Er sei 1980 bei seinem Studium an der Bergakademie Freiberg erstmals auf den Namen Lazarus Ercker gestoßen und habe sich sofort Exzerpte aus dessen Büchern angefertigt und mit der Schreibmaschine abgeschrieben. 1994 fand in Annaberg-Buchholz endlich eine wissenschaftliche Tagung zu Leben und Werk von Lazarus Ercker statt. Doch die Wissenschaft habe eigene Zielstellungen. Ihm gehe es um die Vergegenwärtigung des bedeutenden Münzmeisters und Probierers Lazarus Ercker für den heutigen Leser.

Jacky las wie am 11. Mai wieder einzelne Passagen aus dem Buch. 

Michal Schuster zeigte dazu vergrößerte Buchillustrationen.

Der Autor verwies darauf, dass er in einem Buch aus dem Jahre 1898 von W. Persch mit dem Titel „Mit Schlägel und Eisen“ auf die Rolle der Zwerge im Bergbau gestoßen sei. Sind nun auf dem Titel Zwerge oder Bergleute abgebildet? Dieses Thema habe ihn auch nicht mehr losgelassen. Die Zwerge seien Hüter der Schätze und Beschützer der Bergleute zugleich. 

Michael Schuster machte deutlich, dass nun ein Zwerg im vorgestellten Buch sogar die Hauptrolle spiele. Er trete als Vermittler zum jungen Lazarus Ercker auf, der in der Zeit zwischen 1542 und 1547 in seiner Annaberger Jugend vorgestellt werde. Insgesamt ist der Lebensweg Erckers beispielhaft für viele andere große Geister des Bergbau- und Hüttenwesens: Studium an der Universität Wittenberg, danach in kurfürstlich-sächsischen Diensten, später über Goslar im Dienst des böhmischen Königs Rudolph II. (1552–1612); ab 1576 deutscher Kaiser, holte Johannes Keppler (1571–1630) und Tycho Brahe (1546–1601) nach Prag und machte Prag zu einer europäischen Begegnungsstätte der Wissenschaft.

In reifen Jahren wurde Lazarus Ercker neben der Arbeit als Münzfachmann vor allem ein berühmter Autor mit der Beschreibung von hüttentechnischen Verfahren, was sich in seinem 1574 in Prag erschienenen Hauptwerk „Probierbuch: Beschreibung der allerfürnemsten Minralischen Erzt und Bergwerksarten“ niederschlug. Der Autor führte damit an die Begriffswelt des Münzwesens heran. Hinter dem Ausdruck „Schrot und Korn“ stecke zum Beispiel die Frage nach dem Feingehalt einer Münze. (Schrot = Gesamtgewicht; Korn = Edelmetall- oder Feingehalt)

Wir verließen das Lazarus-Ercker-Haus in der Annaberger Magazingasse 8 mit vielen neuen Eindrücken. Der recht abstrakte Ausdruck „Montanregion“ wurde für uns in der Biographie des Lazarus Ercker verstehbar. Es waren besondere Menschen, die ins Erzgebirge kamen, Städte gründeten, Bergbau betrieben, aus dem abgebauten Erz Metall gewannen. Eine Fülle von Gewerken muss an dem beteiligt gewesen sein, was wir heute abstrakt „Bergbau“ nennen. Nicht zu vergessen die notwendige Bildung. Bereits in den Latein- und Bürgerschulen der Erzgebirgsregion, einschließlich Chemnitz und Zwickau, wurden die Grundlagen für erfolgreiche Universitätsbesuche gelegt.

Eine weitere Buchvorstellung ist für den 5. Juli im Schwarzenberger Bahnhof N° 4 geplant. Die Veranstaltung soll um 18 Uhr beginnen.

Johannes Eichenthal

Information

Michael Schuster: Der Zwerg aus dem Berg. Eine Zeitreise in die Montanregion Erzgebirge/ Krušnohoří.

23,0 × 23,0 cm, fester Einband., runder Rücken, 96 Seiten, zahlreiche farbige Abbildungen und Fotos

VP 17,95 Euro; ISBN 978-3-96063-048-7 

Erhältlich ist das Buch im Buchhandel oder direkt beim Verlag: https://buchversand.mironde.com/epages/es919510.sf/de_DE/?ObjectPath=/Shops/es919510/Products/9783960630487

Stimmen zum Buch

2019 hat das alte Bergbaugebiet des sächsisch-böhmischen Erzgebirges Eingang in die prominente UNESCO-Liste des Weltkulturerbes gefunden. Michael Schuster, montanhistorisch wie volkskundlich gleichermaßen beschlagen, hat es in seinem wunderschön illustrierten 80seitigem Werk „Der Zwerg aus dem Berg. Ein Zeitreise in die Montanregion Erzgbirge/Krušnohoři“, erschienen 2022 im Mironde-Verlag zu Niederfrohna, unternommen, zumal dem jungen Leser diese für die Kulturgeschichte Mitteleuropas hochbedeutsame Landschaft in leicht fasslicher – erzählerischer – Form nahezubringen, wobei der zeitliche Schwerpunkt auf dem 15./16. Jahrhundert liegt. Damals nahm die Region durch reiche Silberfunde einen ungeahnten Aufschwung und brachte überdies so hervorragende Montanwissenschaftler wie Georg Agricola und Lazarus Ercker hervor. Ersterer kommt in seinem Werk „De Re Metallica. Libri XII“ auch auf den bergmännischen Volksglauben zu sprechen, indem er schreibt: „Schließlich kann man noch zu den unter Tage lebenden Tieren, oder, wie die Theologen sagen, zur Zahl der Wesen, die Geister rechnen, die sich in manchen Gruben aufhalten. Es gibt zweierlei Arten. Die einen bieten einen wilden und schreckenerregenden Anblick und sind meist den Bergleuten unfreundlich und feindlich gesinnt … Es gibt aber auch gute Geister, die manche in Deutschland, wie die Griechen, Kobolde nennen, weil sie Menschen nachahmen. Denn in lauter Fröhlichkeit kichern sie und tun so, als ob sie viele Dinge verrichteten, während sie tatsächlich nichts ausführen. Manche nennen sie auch Bergmännchen; sie besitzen die Gestalt eines Zwerges und sind nur drei Spannen lang. Sie sehen greisenhaft aus und sind bekleidet wie die Bergleute, d.h. mit einem zusammengebundenen Kittel und mit einem um die Schenkel herabhängenden Bergleder. Sie pflegen den Bergleuten keinen Schaden zuzufügen, sondern treiben sich in Schächten und Stollen herum. Und obwohl sie eigentlich nichts schaffen, tun sie doch so, als ob sie sich in jeder Art Arbeit üben wollten, d.h. sie graben Gänge, füllen das Ausgegrabene in Gefäße und drehen den Förderhaspel …“

Mit einem solchen guten Erd- oder Berggeist in Zwergengestalt lässt nun der Autor den jungen Lazarus Ercker ausführliche Unterhaltungen über vielerlei bergmännische Angelegenheiten führen und macht auf diese Weise den Leser mit den Sachgebieten des alterzgebirgischen  Bergbaus vertraut. Eine empfehlenswerte Lektüre für jung und alt!

Wolfgang Möhrig-Marothi (Kottenheide)

Die Litterata – Technik und Poesie in Mitteleuropa – ist ein Feuilleton des Mironde Verlags (www.mironde.com) und des Freundeskreises Gert Hofmann.

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