Gabriel K. Lobendanz, promovierter Theologe und Philosoph, nimmt die Leserin und den Leser seines Buches mit auf eine »Wanderung« über die Höhen und durch die Tiefen des Alltagslebens. Als Fazit seiner Lebenstätigkeit wählte der Autor, der selbst tausende dicke Bücher las, die kurze und prägnante Form des Aphorismus. Dem suchenden Leser bietet er Wegweisungen, die über moderne Schlagworte wie »Gelassenheit« oder »Mindfullness« hinausgehen. In der europäischen Tradition solcher Denker wie Meister Eckhart, macht er uns deutlich, dass, da dem arbeitenden Menschen eine »Flucht« aus dem Alltag letztlich unmöglich ist, es um unser inneres Gleichgewicht gehen muss. So regt er uns, manchmal mit einem Augenzwinkern, auch zum Erklimmen des »Gipfels« an. Und, er macht uns deutlich, dass dieser Weg zum »inneren Frieden« ein geistiger ist.

1966 trat P. Lobendanz als Novize in das Stift Stams des Zisterziensser-Ordens ein und am 8. Juli 1972 wurde er in der Stiftskirche von Stams zum Priester geweiht. Ein Lebensweg begann, der ihn bis nach Rom führte. Er studierte an der berühmten Benediktiner-Hochschule Sant’Anselmo, die auch den Zisterzienser offensteht, und wurde dort promoviert. 1991 kehrte er ins Stift Stams zurück, wo er als Novizenmeister, Meditations- und Exerzitienleiter hohe Verantwortung trug. Ab 1996 war er als Spiritual der Zisterzienserinnen-Abtei Waldsassen tätig. Hier, im schönsten Barockkloster Deutschlands, hat Pater Gabriel mit Sicherheit die großartige Bibliothek inspiriert, die im Auftrag von Abt Eugen Schmidt von 1724 bis 1726 von dem Egener Bildhauer Carl Stilp in höchster künstlerischer Vollendung gestaltet wurde. Heute lebt Pater Gabriel in einem Pflegeheim der Barmherzigen Schwestern in Innsbruck.

Aus mehr als zweitausend, im Laufe der Zeit von Pater Gabriel aufgeschriebenen Aphorismen, wählte der Mironde-Verlag 83 Reflexionen für das 2015 entstandene Buch »Auch die Zweifel wollen gelobt werden« aus. Der berühmte mittelalterliche Philosoph Meister Eckhart stellte einmal die These auf, dass sich echter Glaube beim Menschen da zeigt, wo er am wenigsten von Gott redet. Ein Prinzip, an das sich Pater Gabriel strikt hält. Nur sechs mal fällt im Text das Wort Gott – aber wenn es fällt, wer will da widersprechen: »Glaube ja nicht, dass du es allen recht machen kannst, das bringt nicht mal der liebe Gott fertig.« Aufgrund seiner Souveränität vermag Pater Gabriel selbst unseren Zweifel, der in der zwecksetzenden Tätigkeit des Menschen unvermeidbar ist, weil er das Wesen von Vernunft ausmacht, für eine Sinnstiftung positiv aufzunehmen. Mehr noch: »Auch die Zweifel wollen gelobt werden.« Ohne einen Lebenssinn, d. h. ohne einen Glauben im weiten Sinne, ist keine menschliche Existenz möglich. Aber auf vernünftige Zweifel können wir genau so wenig verzichten. Darauf macht uns Pater Gabriel mit seinen Aphorismen aufmerksam.

»Auch die Zweifel wollen gelobt werden« ist darüber hinaus eine graphische Kostbarkeit: in braun, grün und weiß begleitet die Buchgestalterin Birgit Eichler die Gedanken von Gabriel K. Lobendanz. Eine feine Linie zieht sich wie das Auf und Ab des Lebens von der ersten bis zur letzten Seite durch das Buch. Es handelt sich im Original um eine zwölf Meter lange Gouache, deren Abbild sie fortlaufend in das Buch einfügte.
Johannes Eichenthal
Information
Gabriel Lobendanz (OCist): Auch die Zweifel wollen gelobt werden.
14,0 × 20,5 cm, 88 Seiten, fester Einband, Fadenbindung, Lesebändchen
Titelgestaltung und Goache von Birgit Eichler.
ISBN 978-3-937654-53-9
VP: 11,00 €

Bestellbar in jeder Buchhandlung oder direkt beim Verlag: https://buchversand.mironde.com/p/auch-die-zweifel-wollen-gelobt-werden
Die Litterata – Technik und Poesie in Mitteleuropa – ist ein Feuilleton des Mironde Verlags (www.mironde.com) und des Freundeskreises Gert Hofmann.