Reportagen

Thomas Rosenlöcher las in Leipzig

 

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Im Leipziger Haus des Buches hat auch der 1996 gegründete Sächsische Litereraturrat e.V. seinen Sitz. Am 29. Oktober hatte der Verein, der als Dachverband der sächsischen Literaturvereine fungiert, zu einem »Literaturmarkt« in das Foyer eingeladen. Literaturvereine und Verlage sollten die Möglichkeit zur Präsentation erhalten. Zugleich sollten im Foyer Lesungen stattfinden.

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Die Sächsische Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst, Frau Dr. Eva-Maria Stange, begrüßte die Gäste, blickte auf die vergangenen 20 Jahre zurück und wagte einen Ausblick in die Zukunft.

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Der Mironde-Verlag präsentierte einige Besonderheiten seines Programmes, z.B. das letzte Exemplar des Lyrik-Bandes »Aug’ um Ohr« von Gudrun Wendler, wie auch eines der letzten Exemplare von Heiner Ungers und Johannes Mädels »Die Papiermühle Penig und ihre Wasserzeichen.«

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Der Querschnitt des belletristischen Programms des Mironde-Verlage wurde von den Kennern und Liebhabern beachtet. Zugleich machte der Verlag mit einem Plakat auf die kommende Buchpremiere von Luthardt M. Nebels »Wenn ich Flügel hätt’«, aufmerksam.

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Der junge David Wagner, der zur Leipziger Buchmesse von 2014 mit dem Belle­tristik-Buchpreis geehrt wurde, begann das Lesprogramm.

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Die Regie hatte Altmeister Thomas Rosenlöcher an den Schluss des Programms gesetzt. Bereits dessen erste Worte verwandelten jedoch den Kantinenraum, der eher von schlichtem Charme zeugt, in eine Traumlandschaft. Mit angenehmem Understatement gestand er, dass ihn beständig ein Alptraum plage, bei einer Lesung seine Zettel nicht zu finden. Aber vielleicht ging es ihm zunächst nur um die Assoziation des Wortes »Traum«? In der Tat vermochte Rosenlöcher mit seiner Sprache Bilder und Räume aufzubauen, die an glaubhafte Träume erinnern. Mit dem Gedicht »Steinpilz«, im Vortrag über mehr als zehn Minuten, demonstrierte er die Erbschaft deutscher Sprach- und Literaturgeschichte in beeindruckender Weise. Mit liebevoller Ironie, die die Selbstironie einschließt, zeigte er sich in einem Dresdner-Mondblick-Gedicht als verständnisvoller Gegner der wachsenden Masse von »okay-Sagern«.

Das Schicksal gab dem Poeten wohl den richtigen Namen. Thomas Rosenlöcher erinnert uns an einen »Sprachgärtner«, der beständig unsere Sprachlandschaft pflegt. Dem widerspricht nicht, dass heute nur noch Kenner und Liebhaber dies zu schätzen verstehen. Hier, wie bei allen wesentlichen Dingen unseres kleinen Menschenlebens, geht es nicht allein um die Zahl. Thomas Rosenlöcher macht uns sanft darauf aufmerksam, dass wir uns in Sprache konstituieren, nicht in einem abstrakten Konstrukt wie »Identität«. In der Sprache vermögen wir als Individuum zu existieren und dennoch unsere Eingebundenheit in die Kette der Generationen (Johann Gottfried Herder) zu akzeptieren. Bei der »Identität« geht es dagegen um bloße Vereinheitlichung.

Rosenlöcher vermochte seine Kritik des narzistischen Konformismus so dezent, verständnisvoll und mit derartigem Humor zu formulieren, dass allein sein Auftritt unsere Reise nach Leipzig wert war. Danke!

Johannes Eichenthal

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