Reportagen

WOLKENBURG UND DER EISENGUSS

Am Sonntag, dem 10. September 2023, eröffnete Thomas Schmidt, der Sächsische Staatsminister für Regionalentwicklung, im Festsaal des Schlosses Wolkenburg (Ersterwähnung 1241) den bundesweiten Tag des offenen Denkmals in Sachsen und verlieh den Sächsischen Kinder- und Jugenddenkmalpreis. In den Tagen zuvor hatten Künstler im Eisen-Guss experimentiert. Die Ergebnisse sind in einer Sonderausstellung im Schlossmuseum zu sehen. Am Vorabend erlebten hunderte Besucher im Schlosshof die Beschickung eines Kupolofens und den anschließenden Guss des flüssigen Eisens in vorbereitete Formen. Damit wurde an das Wirken des früheren Schlossherren und Konferenzministers der Sächsischen Regierung Detlev Carl Graf von Einsiedel (1737–1810) erinnert, der den Eisenkunstguss in Lauchhammer innovativ vorantrieb und damit die industrielle Nutzung für den entstehenden Maschinenbau und die industrielle Revolution in Sachsen vorbereitete. Er gilt auch als Begründer der Eisenwerke Gröditz bei Riesa und der Wollspinnerei Wolkenburg.

Der Sächsische Staatsminister für Regionalentwicklung Thomas Schmidt sagte unter anderem, dass der Denkmalschutz Vielfalt befördere, einerseits in Bezug auf die unterschiedlichen Objekte, andererseits in Bezug auf die unterschiedlichen Träger des Denkmalschutzes. Er fügte an, dass es im Freistaat etwa 100.000 Kulturdenkmäler und 13.000 Bodendenkmäler gibt. Das sei Ausdruck der historischen und industriellen Tradition Sachsens. Im aktuellen Haushalt seien 58 Mio. Euro für den Denkmalschutz eingeplant. Der Deutschen Stiftung Denkmalschutz sei für die Unterstützung zu danken. 

Anette Mitring, die Vertreterin der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, hob hervor, dass die zentrale Eröffnung des Tages des offenen Denkmals in diesem Jahr in Münster stattfinde. In ganz Deutschland seien an diesem Tag 5500 Denkmäler zu besichtigen und es fänden mehr als 8000 Events statt.

Gerd Härtig, der Oberbürgermeister der Großen Kreisstadt Limbach-Oberfrohna, zu der der Ortsteil Wolkenburg-Kaufungen gehört, hob hervor, dass der Denkmalschutz des Schlosses Wolkenburg für eine Industriestadt, wie Limbach-Oberfrohna eine Herausforderung ist. Trotzdem seien 6 Mio. Euro für die umfassende Rekonstruktion des Witwenpalais eingeplant. Auch er danke der deutschen Stiftung Denkmalschutz für ihre Unterstützung. Neben der baulichen Rekonstruktion gelte es aber auch den Gebäudekomplex mit Kulturveranstaltungen zu beleben. Die Eisen-Guss-Tage und die Ausstellung im Schlossmuseum seien Beispiele dafür. 

Alf Furkert, der Sächsische Landeskonservator, moderierte die Veranstaltung. Er erinnerte auch daran, dass vor 30 Jahren, am 12. September 1993, der Sächsische Landtag einstimmig ein Denkmalschutzgesetz verabschiedete. 

Im Anschluss an die offiziellen Eröffnung kam es zu zahlreichen Begegnungen. Anna Franziska Schwarzbach (re.), gehört gemeinsam mit Erik Seidel (D), Julia Ebner (D), Georg Mann (D), Andreas Glaser (CH), Susanne Roewer (D), Pawel Czekański (PL), Gerhard Haug (D) und Michael Staszczak (PL) zu den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der „Eisen-Guss-Tage Wolkenburg“. Die Ausstellung mit den Ergebnissen des Workshops wurde am 9. September 2023 um 14 Uhr im Museum Schloss Wolkenburg eröffnet. Frau Schwarzbach hob hervor, dass Kunst die Möglichkeiten des Materials und des Verfahrens ausloten kann. Maxim Engelmann (Foto li.), der Geschäftsführer der Kunstgießerei Lauchhammer, ergänzte, dass Eisenguss immer noch auf dem Prinzip des Kupolofens aufbaut, der am Vorabend verwendet wurde. Inzwischen seien aber auch gravierende technologische Innovationen dazugekommen. Seine Gießerei verfüge über die modernste Gusstechnik.

Am Abend des 9. September hörte der Besucher bereits außerhalb des Schlosshofes ein Geräusch. Wenn man durch das Schlosstor trat, dann sah man auch die gewaltige Flamme des Ofens, die das Geräusch verursachte. 

Das Prinzip, das dem verwendeten Kupolofen zugrunde liegt, der Schachtofen, ist etwa 5000 Jahre alt. Ohne die komplizierte Apparatur moderner Anlagen sind mit relativ einfachen Mitteln Temperaturen möglich, die das Eisen zum Schmelzen bringen. Frieder Bach schreibt im dritten Band seiner „Fahrzeugspuren in Chemnitz“, dass unter den eingeschränkten Gewerbe-Bedingungen der DDR, Firmen existierten, die erst nach „Feierabend“ ihre volle Stärke erreichten. Hier wurden Überrollbügel geschweißt, Motorsteuerungen entwickelt und Motorblöcke „im Garten“ gegossen. Dem Anschein nach nutzten diese Fahrzeugbauer ebenfalls Kupolöfen.

Die Wandergesellen der Metallgewerke arbeiteten emsig und umsichtig, um den Brennprozess im Kupolofen am Laufen zu halten. Die Verflüssigung von Eisen erzeugt einen Prozess, der den Arbeitsrhythmus bestimmt.

Schloss und Eisengießerei waren Voraussetzungen des Wirkens von Detlev Carl Graf von Einsiedel. Dieser hatte 1776, nach dem Tod seiner Patentante Benedicta Margaretha Freifrau von Löwendal, das von ihr 1725 gegründete Eisenhammerwerk in Lauchhammer geerbt. 1781 unternahm der Graf in Lauchhammer erste Kunstguss-Versuche und 1784 gelang den beiden Bildhauern Joseph Mattersberger (1752–1825) und Thaddäus Ignatius Wiskotschill (1753–1795) erstmals der Nachguss einer antiken Skulptur. Der Eisenkunstguss revolutionierte das Skulptur-Genre, die Krone der Bildenden Kunst. Die präzise gegossenen schwarzen Skulpturen lösten in kurzer Zeit die bis dahin üblichen Sandsteinskulpturen in ihrer Dominanz ab. Damit erlangte der Kunstguss aus Lauchhammer große Aufmerksamkeit. Aber der Kunstguss und seine extremen Erfahrungen wurden von Einsiedel auch zum Guss von Bau- und Maschinenteilen verwendet. Damit trug der Graf zur Erneuerung des Maschinenbaus und der industriellen Revolution bei.

Kann man den Geist der Erneuerung konservieren, wie Bauwerke? Nein, eher nicht. Die Mentalität des Erneuerungsdenkens genießt deshalb auch keinen „Denkmalschutz“. Kommen wir ohne Erneuerung aus? Nein, eher nicht. Wie dann? Die Künstler und die Wandergesellen der Metallgewerke haben den Geist vergegenwärtigt, der einst auf Schloss Wolkenburg zu Hause war. Dafür gebührt ihnen Dank.

Johannes Eichenthal

Information

Die Ausstellung „Eisenkunst ganz heiß. Eisen hat viele Gesichter“ ist im Museum Schloss Wolkenburg noch bis zum 7. Januar 2924 zu sehen-

www.limbach-oberfrohna.de

Die Litterata – Technik und Poesie in Mitteleuropa – ist ein Feuilleton des Mironde Verlags (www.mironde.com) und des Freundeskreises Gert Hofmann.

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