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DIE LEIPZIGER TERRATEC 2017

Vom 5. bis zum 7. April lud die Terratec, eine Fachmesse für Entsorgung, Kreislauf- und Ressourcenwirtschaft, zu einem Besuch in das Leipziger Messeglände ein. Bisher fand die Messe im Zweijahresrhythmus statt. Im Rahmen der Messe fanden zahlreiche Tagungen und Vorträge, so zum Building Information Modeling und zur Phosphorrückgewinnung aus kommunalem Klärschlamm statt.

Wie können wir die Messethematik verstehen? Am Stand der SASA gGmbH antwortete uns Stephan Mlodoch auf die Frage, dass im Rahmen der Stadtwerdung die Aufgaben der Seuchenvermeidung und Stadtreinigung entstanden. Mit der Zeit kamen die Fragen der Abfallvermeidung und Abfallverwertung hinzu. Aus diesen Gründen sind auf der Messe auch große Entsorgungs-Verbände vertreten. In diesen Rahmen sollten wir die Stichworte »Entsorgung, Kreislauf und Ressourcen« einordnen.

 

Die Messe fand in der Glashalle, zwischen den eigentlichen Messehallen statt. Im Unterschied zur Leipziger Buchmesse ist die Terratec überschaubar. Die Besucher haben Platz und Zeit um sich zu informieren.

 

Am 5. April trat im Forum 1 der Glashalle Dipl.-Ing. Bernd Simbach von der Firma Poll Umwelt- und Verfahrenstechnik GmbH mit einem Vortrag zur Phosphorrückgewinnung aus Klärschlamm auf. Er plädierte am Ende für die Herstellung von Phosphorsäure, weil diese weit höhere Preise erziele als zum Beispiel Düngemittel.

 

Am 5. April fand im Congress Center Leipzig der Ingenieurkammertag Sachsen statt. Eine der drei Fachsektionen beschäftigte sich am Nachmittag mit dem Thema »Building Information Modeling«. Etwa 150 Teilnehmer hatten sich für dieses Thema entschieden. Als erster Referent trat Prof. Dr.-Ing. Ulrich Möller von der HTWK Leipzig, Fakultät Bauwesen auf. Sein Thema lautete »Einführung der BIM-Thematik in die studentische Ausbildung«. Er berichtete über ein prozess- und projektorientiertes, fakultätsübergreifendes Seminar. Beteiligt hätten sich 24 Bauingenieurstudenten, 15 Architekturstudenten und drei Maschinenbaustudenten (Gebäudetechnik).

Man habe keine Entwurfsplanung vorgesehen sondern die Studenten hätten die Aufgabe bekommen, ein bestehendes Gebäude auf der Grundlage klassischer Ausführungsplanung im Maßstab 1 : 50 als 3 D-Modell zu entwickeln.

Grundlage für die Einbindung der verschiedenen Fachplaner-Software sei das Programm Archicad 20 gewesen, mit dessen Versionen man schon lange zuverlässig arbeite. Der schwierige Punkt sei der Datenaustausch der verschiedenen marktüblichen Fachprogramme über eine IFC-Schnittstelle.

Zusammenfassend sagte Prof. Möller, dass die Studenten in diesem Seminar hochmotiviert eigenständig arbeiteten. Bei künftigen Seminaren wolle man auch die Fakultät Elektrotechnik einbeziehen, um den gesamten Gebäudetechnik-Bereich abdecken zu können.

Prof. Möller hob abschließend hervor, dass die Ausbildung von Studenten allein nicht den notwendigen BIM-Fachkräftebedarf decken könne. Es seien auch berufsbegleitende Ausbildungen notwendig und die HTWK Leipzig besitze dafür die Voraussetzungen.

Im Anschluss stellte Wolfgang Horstmann von der »Deutsche Bahn / Station & Service« Beispiele von BIM-Projekten vor, die der Bereich seit 2014 baute. Abschließend sprach Rechtsanwalt Mike Rasch über den Zusammenhang von BIM und Datenschutz.

Am 7. April fand im Congress Center Leipzig eine Tagung zur Phosphorrückge­win­nung aus kommunalem Klärschlamm statt. Das Sächsische Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, die Sächsische Umweltstiftung und das Sächsische Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft waren gemeinsam in der Vorbereitung und Durchführung der Veranstaltung tätig. Kompetente Vertreter der Organisatoren umrissen zunächst die Rahmenbedingungen der Thematik. Dr. Eberhard Kietz (SMUL) erläuterte die Entwicklung der Referentenentwürfe zur Novellierung der Klärschlammverordnung. Dem Anschein nach sollen künftig Kläranlagen mit über 50.000 Einwohnergleichwerten zur Phosphorrückgewinnung verpflichtet werden. Dr.-Ing. habil. Uwe Müller (LfULG) verwies darauf, dass zur Zeit etwa 50 Verfahren der Phosphorrückgewinnung arbeiteten bzw. in Vorbereitung seien.

 

Es schlossen sich einzelne Fallstudien an. Gegen 11.45 Uhr trat Dr.-Ing. Steffen Heinrich, der Geschäftsleiter des »ZV Frohnbach« ans Rednerpult. Die zentrale Kläranlage des ZVF befindet sich in Niederfrohna, einer ländlichen Gemeinde zwischen Leipzig und Chemnitz. Gemeinsam mit Prof. Dr.-Ing. Karin Heinrich hatte er das Thema »Die Klärschlammpyrolyse als Schritt zum Phosphorrecycling« vorbereitet.

Dr. Heinrich nannte zunächst die Problemstellung: Für die Verwendung von Klärschlamm-Komponenten als Düngemittel gelte ein Grenzwert von 1,5 mg Cadmium pro Tonne. Gleichzeitig würden von der Landwirtschaft importierte, schadstoffhaltige Düngemittel mit mehr als 90 mg Cadmium pro Tonne verwendet.

Mit dem Verbot der Ausbringung von Klärschlamm auf landwirtschaftlichen Nutzflächen, wie es im Koalitionsvertrag der aktuellen Regierung festgelegt wurde, trat für den Zweckverband eine Zwangslage auf. Die Mitverbrennung von Klärschlamm in Kraftwerken sei mit einer Preissteigerung und gesteigerten Transportaufwendungen verbunden. Für eine Monoverbrennung von Klärschlamm sei die nächste Anlage in der Nähe von München. Die notwendigen Kosten würden sich vervielfachen.

Deshalb suchte der Verband selbst nach Auswegen und entwickelte auf der Basis von alternativer Energieumwandlung ein Verfahren aus Trocknung, thermischer Zerlegung und Verbrennung des entstehenden Gases im Stirling-Motor. Schadstoffe würden über die Abluft entfernt. Bei der Pyrolyse falle kein Kondensat an.

Das Resultat sei ein Granulat, das in verschiedener Körnung hergestellt werden kann, von Pulver bis zu einer Art Pellets.

 

An dieser Stelle gab Dr. Heinrich Gläser mit Anschauungsproben an die Zuschauer. Im Granulat seien 12–13 Prozent P2 O5 enthalten. Das Karbonisat sei mineralisch, frei von Schadstoffen und binde CO2.

Das Karbonisat entspreche den neuen gesetzlichen Anforderungen für Düngemittel. Man könne damit die schadstoffhaltigen importierten Düngemittel ersetzen. Es gäbe bereits Anfragen aus der Landwirtschaft. Weitere Untersuchungen des Karbonisats würden in Berlin erfolgen.

Die kontinuierliche Herstellung im Rahmen des Kläranlagenbetriebs sei möglich. Anträge auf entsprechende Genehmigungen seien gestellt.

Während des Vortrages von Dr. Heinrich hatte der Sächsische Staatsminister für Umwelt und Landwirtschaft, Thomas Schmidt, der sich auf einem Messerundgang befand, den Raum betreten und dem Referenten zugehört.

 

Im Anschluss an den Vortrag Dr. Heinrichs trat Staatsminister Thomas Schmidt zu einem Grußwort ans Rednerpult. Er hob hervor, dass es Ziel der Tagung sei, verschiedene Fachleute zusammenzubringen, die sich im beruflichen Alltag in der Regel nicht begegnen. Man habe für die Veranstaltungsreihe den Namen »Simul+« geprägt. Es gehe um den Meinungsaustausch mit Partnern. Man habe das Ziel Wirtschaft und Wissenschaft zusammenzubringen, um intelligente Lösungen zu finden und nicht mit Verboten und Restriktionen zu arbeiten.

Lösungsansätze, wie die Klärschlammpyrolyse vom ZV Frohnbach, die die regionale Entsorgung und die regionale Landwirtschaft zusammenbringen und die schadstoffhaltige Import-Düngemittel ersetzen können, seien solche intelligente Lösungen, die man suche.

Die Monoverbrennung von Klärschlamm sei dagegen keine gute Option, weil sie mit einem zusätzlichen hohen Transport und Energieaufwand verbunden sei.

Im Anschluss an den Minister sprach Prof. Dr. Martin Bertau von der TU Bergakademie Freiberg zur Phosphorrückgewinnung. Er plädierte für die Herstellung von Phosphorsäure.

 

Die beiden Autoren der Studie »Die Klärschlammpyrolyse als Schritt zur Phosphorrückgewinnung«, Prof. Dr.-Ing. Karin Heinrich(re.) und Dr.-Ing. Steffen Heinrich (2. v. re.), am Stand des Mironde Verlages.

Kommentar

Die 14. Terratec-Veranstaltung wurde von der Messeleitung 2017 von der bisherigen Ausrichtung auf Umwelttechnik zur Fachmesse für Entsorgung, Kreislauf- und Ressourcenwirtschaft umgewandelt.

Wenn wir an unsere Gespräch mit Stephan Mlodoch zurückdenken, dann ahnen wir, dass die Kreislauf-Thematik traditionell im Lichte der Stadtentsorgung, der Stadtreinigung, der Abfallvermeidung und der Abfallentsorgung gesehen wird.

In unserer Zeit geht es darüber hinaus um regionale Stoffkreisläufe. Der »Kreislauf«-Begriff« erscheint hier in einem erweiterten Sinn. Insofern steckt in der Themenstellung der Terratec ein großes Potenzial.

 

Glücklicherweise veranstaltete der Ingenieurkammertag eine Fachtagung zum Building Information Modeling (BIM). Hier geht es zunächst um digitales Planen und Bauen. Allein aus dem Abriss entstehen mehr als 50 Prozent  des Müllaufkommens. In dem Maße, wie man mit der BIM-Technologie den gesamten Lebenszyklus von Gebäuden (Entwurf, Errichtung, Betrieb, Abriss) erfassen kann, wird die Bedeutung dieses Verfahrens für die Regionalplanung, die Bestands- und Ressourcenerfassung und die Planung des regionalen Stoffkreislaufes deutlich.

Das Sächsische Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft, das Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie und die Sächsische Unweltstiftung demon­strierten mit Ihrer Veranstaltung zur Phosphorrückgewinnung aus kommunalem Klärschlamm ein Veranstaltungs-Format, wie man es sich als Messekonzept  gewünscht hätte.

Staatsminister Thomas Schmidt hob in seinem Grußwort hervor, dass man mit dem Zukunftsforum »Simul+« Partner für intelligente Lösungen suche, die sich im Rahmen des normalen Berufslebens nicht fänden. Die Terratec ist eine einzigartige Möglichkeit, um solche Ziele zu erreichen. Vielleicht müssten Ausstellung und Konferenzen aber dafür in direkten Austausch treten? Solche Veranstaltungen, wie die BIM-Fachtagung und die Tagung zur Klärschlammrückgewinnung gehörten dann auch räumlich in die Mitte der Messe.

Wenn die grenzwertige Akustik und Klimatik der Glashalle der Hinderungsgrund war, dann hätte es vielleicht eine normale Messehalle auch getan. Die Leipziger Buchmesse praktiziert seit Jahren erfolgreich das Nebeneinander von Ausstellung und Diskussionsveranstaltungen.

Clara Schwarzenwald

 

Information

www.terratec-leipzig.de

www.ing-sn.de

www.bauwesen.htwk-leipzig.de

www.smul.sachsen.de

www.zvfrohnbach.de

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