Reportagen

NACHRUF FÜR DEN OSTDEUTSCHEN GRÜNDER DER „VIER-RINGE-FORSCHUNG“

Prof. Dr. Peter Kirchberg wird seinem Forschungsgebiet „Auto Union“ keine neuen Erkenntnisse hinzufügen, da er am 14.10.2023 in seiner Heimatstadt Dresden verstarb. Die Erforschung des Fahrzeugbaus in Deutschland war bei ihm Arbeit und Hobby gleichermaßen. Die Grundlagen hierfür gab ihm sein Studium an der Hochschule für Verkehrswesen in Dresden, wo er auch 1964 promoviert wurde. Nach seiner Tätigkeit als Oberassistent an jener Hochschule war er ab 1980 dort auch als Dozent tätig.

Prof. Dr. Peter Kirchberg zur Eröffnung einer F9-Ausstellung im Sächsischen Fahrzeugmuseum in Chemnitz am 4. Dezember 2014 (v. re.: Dirk Schmerschneider, Frieder Bach, Harald Linke, Prof. Peter Kirchberg, Wolf Friedrich/Sohn des MZ-Chefkonstrukteurs Herbert Friedrich.)

1977 verfasste er zusammen mit dem Handwerksmeister Paul Gränz  aus Rochlitz die Publikation „Ahnen unserer Autos“, die für viele Jahre fast das einzig Gedruckte in der DDR war, was den Oldtimersammlern zur Verfügung stand, wenn sie sich etwas Auskunft holen wollten über die Herkunft ihrer Fahrzeuge. Das für Paul Gränz wohl wichtigste Auto seiner Sammlung, ein „Wanderer-Puppchen“ steht als Leihgabe im Fahrzeugmuseum in Chemnitz Zwickauer Str. 77. Dessen Nachfolger, die Wanderertypen, aus dem Werk in Siegmar, wurden mit den Autotypen aus den Zwickauer Auto Union-Werken zu Peter Kirchbergs Lieblingen bei den Recherchen zu ihrem Entstehen. Auch die von Ferdinand Porsche konstruierten Rennwagen mit den vier Ringen und ihr Schicksal war stets eine Herausforderung für ihn. Die vielseitige Publikation „Plaste, Blech und Planwirtschaft“ wird wohl für lange Zeit das „Standardwerk“ über den Fahrzeugbau der DDR bleiben. Er beschrieb nicht nur was es für Fahrzeuge in der DDR gab, sondern auch wie es zu diesen kam, was schon dem Titel des Werkes zu entnehmen ist.

Prof. Dr. Peter Kirchberg (re.) in der Diskussion über das Buch „F 9 – der sächsische Konkurrent des Volkswagens“ mit dem Autor Frieder Bach, am 4. Dezember 2014

Nach der deutschen Wiedervereinigung stellte er sein Wissen und seine Schaffenskraft der gerade erst entstandenen  „Audi Tradition“ zur Verfügung und damit dem Entstehen des Fahrzeugmuseums in Ingolstadt und der Erweiterung des August-Horch-Museums in Zwickau. Dass er daran mit voller Hingabe arbeitete, beweisen die letzten Sätze in einem Brief an mich vom 2. September: „Ich habe ein erfülltes, herrliches Leben gehabt und wenn Schluss ist, ist Schluss. Auf jeden Fall habe ich nun den Gong zur letzten Runde gehört – wie lange sie auch immer dauern wird. In diesem Sinne unverdrossene, herzliche Grüße in dankbarer Erinnerung an jahrzehntelang genossene Freundschaft; Peter.“ Trotz 89 Lebensjahren und damit zahlreicher Jahre an Recherchearbeit zum Bau der Autos in Sachsen wirst Du uns fehlen!

Frieder Bach

Chemnitz, im Oktober  2023

Die Litterata – Technik und Poesie in Mitteleuropa – ist ein Feuilleton des Mironde Verlags (www.mironde.com) und des Freundeskreises Gert Hofmann.

3 thoughts on “NACHRUF FÜR DEN OSTDEUTSCHEN GRÜNDER DER „VIER-RINGE-FORSCHUNG“

  1. Das sind die Starken im Lande, die unter Tränen lachen, ihr eigenes Leid verbergen und andere glücklich machen!
    Insofern gibt es gar kein Ende, sondern immer nur einen neuen Anfang, im Weiterdenken und Handeln.
    Über die freundschaftliche Wertschätzung dürfen Sie sich glücklich preisen.
    Ihr ars.

  2. Ich kannte Prof. Kirchberg schon über 50 Jahre. Ich bedaure es außerordentlich, dass er nicht mehr unter uns weilt.. Ich finde es angenehm, dass in diesem Artikel auch mein Vater Paul Gränz Erwähnung fand, der leider bereits viel zu früh 1982 verstorben ist. Was Peter Kirchberg als Historiker war, konnte mein Vater die Kfz-Historie durch eigenes Erleben nachvollziehen. Es bestand eine ganz enge Freundschaft zwischen meinem Vater und ihm. Mein letzter Kontakt war Anfang des Jahres wo wir uns über das erwähnte „Wanderer-Puppchen“ ausgetauscht haben.
    Ich wünsche der Familie alles Gute. Er wird mit Hochachtung in meinen Gedanken bleiben.

    1. Schön, von IHnen zu hören! Über Ihre Mutter bekam ich 2 Jahre nach dem Tod Ihres Vaters Kontakt zu Peter Kirchberg, der bis heute hicht mehr abgerissen ist – wir haben einen guten Freund und Experten verloren, was sicher nicht nur ich sehr bedauere!

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