Der Mironde Verlag hatte für Sonnabend, den 9. September, zu einer Tagung mit dem Titel »Technik – Poesie – Naturkreislauf« in das Hotel Lay-Haus in Limbach-Oberfrohna eingeladen.
Die Verlegerin Birgit Eichler begrüßte die Gäste gegen 11 Uhr und hob hervor, dass im Tagungsraum Malerei und Grafik von Wolfgang E. Herbst Silesius, Osmar Osten und Rüdiger Mußbach zu sehen sei. Die Veranstaltung solle die Breite des Verlagsprogrammes und sein aktuelles Potential deutlich machen. Es gehe ihr um die Verbindung des technologischen Wissens mit Sprachkunst in Lyrik und Prosa sowie mit der philosophischen Begründung des Natur- und Kulturzusammenhanges.
Johannes Eichenthal, der Ex-Praktikant des Verlages, und Autor des Büchleins mit dem Titel »Skepsis und Hoffnung«, habe Thesen zur Einordnung in den Naturkreislaufes erarbeitet, die allen Gästen vorlägen. Eichenthal werde am Ende der Tagung mit dem Thema »›In den Werkstäten der Natur› – Johann Gottfried Herder über Naturgeschichte und Naturkreislauf« auftreten.
Der erfahrene Buchhändler und Bücherfreund Ullrich Osberghaus eröffnete den Reigen der Referenten. Er sprach zur »Lage des Buches«. Osberghaus betrachtete den Buchmarkt unter verschiedenen Gesichtspunkten sehr gelassen. Bücher seien unspektakulär, altmodisch und würden alle 15 Jahre für tot erklärt. Dennoch gebe es kein anderes Medium, welches derartigen Einfluss auf unser Denken habe. Unsere Zeit sei schnelllebig. Wenn das Handy veralte, dann müsse man es wegwerfen, das Buch veralte dagegen nicht, weil es um den Inhalt gehe. Das E-Book habe sich als Ergänzung zum traditionellen Buch etabliert, nicht als Alternative. Man könne Bücher nach Jahren wiederentdecken und sich auch von einzelnen Büchern trennen. Bücher seien einfach ein gutes Gefühl. Der Buchmarkt kenne keine Höhen und Tiefen. Das Buch sei das einzige Kulturgut, das ohne Förderung auskomme. Fazit: die Lage des Buches ist gut, nicht sehr gut, das war sie aber auch nie.
Der weitgereiste Künstler Wolfgang E. Herbst begann mit dem Vortrag eines Mundharmonika-Stückes. In seinem folgenden Aphorismen-Vortrag wurde die Verbindung von Sprache, Malerei und Musik sinnlich erlebbar.
Dr. Steffen Heinrich, der seinen Vortrag gemeinsam mit Prof. Dr. Karin Heinrich erarbeitete, referierte über die Problematik der Phosphorrückgewinnung aus Klärschlamm. Er hob hervor, daß die Fähigkeit des Elementes Phosphor, im Dunkeln zu leuchten, bereits im 17. Jahrhundert von einem deutschen Apotheker entdeckt worden sei. Heute wisse man auch um die Bedeutung von Phosphor für das menschliche Leben. Er sei dafür unabdingbar. Beispielsweise beruhe Muskelarbeit auf dem ATP (phosphatreiche sauerstofftragende Verbindung) und über 90 Prozent des körperimmanenten Phosphors seien als wichtiger mineralischer Baustoff in Knochen und Zähnen angelegt. Diese essentielle Substanz komme in der Welt praktisch überall und zumeist in nur geringer Konzentration vor, sieht man von den wenigen Lagerstätten mit weit höher konzentriertem Phosphor z.B. in Marokko, Jordanien und Südafrika ab. Im Allgemeinen mache Phosphor circa 0,1 Prozent der Erdkruste aus. Für Pflanzen sei er lebenswichtiger Nährstoff zum Aufbau der Biomasse. Sie bezögen ihn hauptsächlich über die Wurzeln im Boden. Die Versorgung aller übrigen Kreaturen erfolge über die Nahrungskette.
Das Problem bestehe nun darin, daß seit etwa 50 Jahren von den landwirtschaftlichen Nutzflächen mit den Feldfrüchten zunehmend mehr Phosphor entnommen als an dem Boden zurückgegeben werde, weil man zu wenig organisches Material dort belasse oder ausbringe. Zudem habe eine industriemäßige, hochkonzentrierte Massentierhaltung die über Jahrhunderte bestehende natürliche Verbindung von regionaler Tierhaltung und Feldwirtschaft gestört. Dadurch hätten sich erhebliche lokale Ungleichgewichte zwischen Anfall und Bedarf von nährstoffreichen organischen Düngern ergeben. Hinzu komme, dass seit dem Jahre 2015 die Ausbringung von Klärschlamm gesetzlich weitgehend unterbunden sei, da dieser nicht steril und mit organischen Schadstoffen sowie Schwermetallen – insbesondere Cadmium – belastet sei. So schieden beispielsweise in Sachsen wegen der drastisch verschärften bundesgesetzlichen Grenzwerte etwa drei Viertel des Klärschlammaufkommens aus kommunalen Klärwerken von vornherein für die Verbesserung von Böden und für Düngezwecke aus. Halte man sich vor Augen, dass jeder Mensch täglich ungefähr 700 Milligramm Phosphor benötigt, aber im Durchschnitt 1,8 Gramm vor allem mit seinen Exkrementen ins Abwasser abgibt, wovon sich im Zuge der Abwasserbehandlung in kommunalen Klärwerken rund 1,6 Gramm je Einwohner und Tag im Klärschlamm wiederfinden, so werde das mit der jüngsten Gesetzgebung ausgeschlossene Potential deutlich und somit die Schwere des Eingriffs in den regionalen Phosphorkreislauf.
Die als Alternative zugelassenen mineralischen Import-Düngemittel aus Erzen von nicht einheimischen Bergwerken brächten dagegen in der Regel weit höhere auf den Phosphorgehalt bezogene Konzentrationen etwa an Cadmium mit als der deswegen geächtete und zu Abfall degradierte Klärschlamm. Abgesehen davon sei in diesen Mineraldüngern das sehr giftige Element Uran enthalten. Folglich würden damit jährlich rund 170 Tonnen Uran auf die Felder ausgebracht. Seit Jahren mehrten sich in Deutschland Fälle von Grenzwertüberschreitungen bezüglich der Konzentration von Uran im Grundwasser im Zusammenhang mit der Gewinnung von Trinkwasser.
Die Mehrzahl aller für die Abwasserbeseitigung zuständigen Körperschaften stünde seitdem vor der Frage, die abwegige und teure Entsorgung des Wertstoffs Klärschlamm, der in der Regel zu rund 75 Prozent aus Wasser besteht, im Wege der Verbrennung (!) als unabänderlich hinzunehmen oder Alternativen zu entwickeln. Darum seien beim Zweckverband Frohnbach zielgerichtet verfahrenstechnische Untersuchungen durchgeführt worden. Man habe den für die Beseitigung im Braunkohlenkraftwerk Lippendorf vorgesehenen Klärschlamm im großtechnischen Maßstab getrocknet und anschließend für wenige Minuten unter Luftabschluss auf rund 600°C erhitzt. Dabei zersetzten sich fast alle organischen Bestandteile des Klärschlammes zu energiereichem Gas. Man könne das Gas schadlos verbrennen und mit der freiwerdenden Wärme sowohl einen Stirling-Motor zur Stromgewinnung antreiben als auch den vorgeschalteten Trocknungsprozess unterstützen. Das bei der thermischen Klärschlammzerlegung ebenfalls anfallende trockene, schwarze Granulat (Karbonisat) sei vollkommen frei von Krankheitskeimen, enthalte einen hohen Kohlenstoffanteil, mindestens so viel Phosphor wie die mineralischen Düngemittel, jedoch kein Uran, weit weniger Schwermetalle und kaum organische Schadstoffe. Der Zweckverband plane eine Versuchsanlage und wolle damit künftig seinen Klärschlammanfall von ca. 1400 Tonnen im Jahr zu rund 210 Jahrestonnen Karbonisat verarbeiten. Habe man damit Erfolg, würde dieses Produkt der regionalen Landwirtschaft kostenfrei als Phosphordünger und Bodenverbesserungsmittel zur Verfügung gestellt, um den regionalen Phosphor-Kreislauf zu erhalten und die Umwelt zu entlasten. Vom Freistaat Sachsen seien für das Vorhaben Fördermittel aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) bewilligt. Steffen Heinrich schloss mit einem nun schon mehrere Jahrzehnte alten Zitat von Isaak Asimov, der wohl als erster auf die Phosphorproblematik hinwies: »Lebewesen können sich vermehren, bis der Phosphor vollständig verbraucht ist. Unerbittlich kommt dann das Ende und niemand kann es verhindern … Wir können Kohle durch Kernkraft ersetzen, Holz durch Kunststoffe, Fleisch durch Hefe, Freundlichkeit durch Isolation – aber für Phosphor gibt es keinen Ersatz.«
Auf sich anschließende Fragen antwortete die Mit-Autorin Prof. Dr. Karin Heinrich.
Der Schriftsteller Rainer Klis las nach der Klärschlamm-Odyssee seine novellistische Kurzgeschichte »Spätwerk«.
Doch schon kündigte die Moderatorin den nächsten Technologie-Fachmann an: Der Architekt Moritz Mombour referierte über den Zusammenhang von Planung und Digitalisierung. Er verwies zunächst darauf, dass der Beruf des Architekten allgemein mit Planung in Verbindung gebracht werde. Seit einiger Zeit versuche man die Planung mit Digitalisierung zu verbinden.
Das Problem bestehe in einer Vielfalt an Daten, die nicht miteinander abgestimmt seien. Dadurch entstehe ein großer Interpretationsspielraum. Zudem habe sich in der Planung ein Wandel vollzogen. Man könne mit »Fehlern«, eigentlich der Fehlersuche, Geld verdienen.
Was ist die gemeinsame Datengrundlage?
Man plane modellbasiert und könne Grafiken vom Modell herstellen. Zum Teil seien in einem Planungsprozess über 100.000 verschiedene Elemente einbezogen.
Aber Daten ohne Ordnung erzeugten Verwirrung. Deshalb seien Strukturierungen der Datenmenge notwendig. BIM (Building Information Modeling) sei dazu da, diese Elemente in Strukturen zu überführen.
BIM sei kein Paradigmenwechsel, weil es keine Veränderung der Denkweise sei. Die Architektur habe es schon immer mit einer »3D-Wirklichkeit« zu tun gehabt. Er verstehe deshalb die Vorbehalte mancher Kollegen gegen 3D-Planung nicht.
BIM sei zunächst nur ein Werkzeugwechsel.
Zum Paradigmenwechsel werde die Sache erst, wenn der gesamte Lebenszyklus eines Gebäudes in die Planung einbezogen werde, wenn ein Rückbezug hergestellt werde. Dies werde aber nur möglich, wenn eine gemeinsame Ordnung, wenn eine gemeinsame Sprache gefunden werde.
Die Branche zögere aber und warte auf den Gesetzgeber. Doch die zu erwartenden Gesetzesformulierungen, wonach ab 2020 öffentliche Projekte nur noch modellbasiert realisiert werden sollten, seien mehrdeutig. Mit Abwarten werde der Wandel zudem nicht gelingen.
In der Diskussion fragte Dr. Dietmar Scholz, ob im BIM-Verfahren das künstlerische Element einbezogen werden könne und ob man mit dem Verfahren auch die Wiedernutzung von Materialien befördern könne.
Moritz Mombour antwortete, dass es bei der Standardisierung im Verfahren darum gehe, auch die kleinsten Bauteile für das Computerprogramm eindeutig erkennbar zu machen. Die künstlerische Gestaltung des Bauwerkes werde dadurch nicht beeinträchtigt. Digitalisierung heiße nicht, dass alles was bisher Gültigkeit hatte, diese verlöre. Der Vorzug des Verfahrens bestehe aber darin, dass man selbst die Elemente im Laufe der Planung verändern, diese Auskonkretisieren könne.
Das Modell müsse immer eine Abstraktion bleiben, weil man die Wirklichkeit nicht vollständig abbilden könne, ohne die Bearbeitungsmöglichkeiten des Modells zu verlieren. Insofern sei Planung und Modell immer eine symbolische Darstellung der Wirklichkeit.
Auf die zweite Frage antwortete er: zum Leben eines Gebäudes gehört auch der Abriss. Die Registrierung der Bestandteile, die Verwaltung und der Betrieb des Gebäudes sowie die Wiederverwendung der Bestandteile sei mit dem BIM-Verfahren erstmals möglich.
Prof. Dr. Karin Heinrich fragte nach den Voraussetzungen für das Verfahren. Müssen sich die Baugewerke vollständig umstellen?
Moritz Mombour antwortete, dass es momentan noch die Frage sei, ob sich der Partner in den konkreten Projekten auf das neue Medium einlasse oder nicht.
Der Architekt Christoph Eichler ergänzte, dass dem Anschein nach die Bauausführenden momentan die höchste Kompetenz im Verstehen der neuen Pläne hätten.
Die Moderatorin fragte, wie das Verfahren zur Kreativität stehe und ob es den Trend zur Rationalisierung und Ökonomisierung in der Architektur unterstütze.
Moritz Mombour antwortetet, dass BIM nur ein Werkzeug sei und die Kreativität des Architekten nicht beeinträchtige.
Christoph Eichler antwortete, dass heute zum Teil Häuser nur mit Blick auf die erste Abschreibung errichtet würden und in Asien Hochhäuser mit einer geplanten Lebensdauer von 25 Jahren gebaut würden.
Moritz Mombour ergänzte, dass es aber immer noch so sei, dass sich das Schöne durchsetzen könne, wenn etwa in einem Wettbewerb das einzige Architektur-Büro gewinne, das kein Digitalmodell eingereicht habe.
Gudrun Wendler fragte, ob BIM ein geschütztes Zeichen sei.
Moritz Mombour antwortete, dass es dies nicht sei, sondern signalisiere: wir arbeiten digital.
Katrin Albrecht beschloss den Reigen der Referenten vor der Mittagspause mit lyrische Aphorismen.
Nach der Mittagspause sprach der Architekt Christoph Eichler über BIM und Wissensorganisation. Es gehe darum, über Entwurf, Planung, Errichtung, Betrieb und Abriss eine Datenkette aufzubauen.
Das Problem bestehe darin, dass heute große Datenmengen erzeugt würden, die nicht in Bezug zu anderem Wissen gestellt werden könnten.
Digitalisierung müsse deshalb erst die Grundlagen für die Herstellung des Zusammenhanges in der Datenkette aufbauen. Es gehe um eine Semantik, die Menschen und Maschinen verständlich ist.
Wissensstrukturen müssten Wissen im Zusammenhang, im Kontext darstellen (Baustoffe, Energiebedarf, Ressourcen usw.). Man habe zum Beispiel erkannt, dass ein Kubikmeter Großstadt soviel Ressourcen enthalte, wie ein Kubikmeter Erzbergwerk.
Digitalisierung heiße heute: Wissensstrukturen aufbauen.
Dr. Steffen Heinrich fragte, wie die Verbreitung dieses neuen Werkzeuges funktioniere. Er würde ja gern mit BIM-Partnern zusammenarbeiten. Im Umkreis von 300 Kilometern fänden sich jedoch keine.
Christoph Eichler antwortete, dass man BIM nicht mit zentraler Verordnung durchsetzen könne. Planung sei zudem immer an regionale Besonderheiten gebunden. Aber die technologische Umstellung auf BIM sei nicht das Problem. Das Problem sei zur Zeit in Deutschland ein mentales.
Gudrun Wendler trug Texten vor, die ihre wiedergewonnene Freude am Leben thematisierten.
Mit Spannung wurde am Ende Johannes Eichenthal erwartet, auch weil der junge Mann recht selten auftritt. Doch die Hoffnungen der Anwesenden wurden enttäuscht. Die Moderatorin Carolyn Eichler musste den Gästen mitteilen, dass der Autor von »Skepsis und Hoffnung« leider nicht erschienen sei. Er habe aber sein Redemanuskript eingereicht, das von seinem Lektor verlesen werde.
Der Titel des Vortrages lautete »Werkstäte der Natur. Naturgeschichte und Naturkreislauf bei Johann Gottfried Herder«. Die Menschliche Geschichte als Naturgeschichte, als Naturgesetzen unterworfen, sei für Herder ein zentrales Thema gewesen. Diese Position habe zunächst die Frage nach dem inneren, gesetzmäßigen Zusammenhang im Universum, nach dem Einem in der Mannigfaltigkeit bedingt.
Die Antwort Herders sei ein immanenter Gottesbegriff gewesen. Schöpfung sei in diesem Lichte ein permanenter Prozess. »Wer die Schöpung auf sieben Tage beschränke, schätze Gott zu gering« (Herder). Gott bringe beständig berechenbaren Strukturen hervor; Gott als »Schaffende Natur« im Unterschied zur »Geschaffenen Natur«; Gott produziere gesetzmäßige Strukturen, reflektiert aber seine Tätigkeit nicht. Unsere Erde verdanke, wie das Sonnensystem, ihre Existenz also nicht sich selbst. Die Erde sei eingebunden in gesetzmäßige Strukturen des Universums.
Zunächst habe Herder die Erde als »Laboratorium der Natur« benannt, später korrigierte er sich in »Werkstäte der Natur«. Herder stellte die schaffende Natur als eine Art Künstler dar; er verwendete zur Darstellung Analogien aus dem künstlerischen und handwerklichen Produktionsprozess, ähnlich wie Aristoteles; jedoch auf der Höhe der Entwicklung des 18. Jahrhunderts.
Als Voraussetzungen benannte Herder:
1. Die Gesetze müssen von Anfang an im gesamten Universum gelten
2. Die Gesetze müssen für alle Erscheinungen im Universum gleichermaßen gelten, für Galaxien, Planeten, Menschen, Spinnennetze und selbst für Staubkörner
3. Alles, was im Universum geschehen kann, das wird auch geschehen; die schaffende Natur probiert alle Möglichkeiten aus, ehe sich eine Organisation durchsetzt
Auf dem Foto: Aufmerksame Zuhörer aus unterschiedlichen Berufen, Disziplinen, Branchen und Genres
Die Veröffentlichungen der Untersuchungen erfolgte in vier Teile der »Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit« (1784–1791). Aus Zensurgründen erschien der geplante 5. Teil nicht mehr. Die Fortsetzung des Vorhabens erfolgte in Form eines fiktiven Briefwechsels (»Briefe zur Beförderung der Humanität«, 1793–97) sowie als feuilletonistisches Zeitschriftenprojekt »Adrastea« (1801–1803).
1787 erschien Herders Buch »Gott – einige Gespräche«. Dessen Ursprung geht bis auf seine Ankunft in Weimar im Jahre 1776 zurück. Hier findet sich die Konzeption zu den »Ideen zu einer Philosophie der Geschichte der Menschheit«.
Zum Buchinhalt
1. Herder dehnte die Menschheitsgeschichte auf die gesamte Erdgeschichte aus und stellt Verbindung zur Geschichte des Sonnensystems und des Universums her.
2. Herder hebe hervor, dass der Mensch nicht nur die Geschichte der Tiere und Pflanzen (organische Kraft, Empfindungen, Reize, Vegetation) aufnimmt, sondern auch die anorganische Erdgeschichte: der Mensch besteht aus Kalk, Wasser, Ölen, Säuren usw., die im erst Laufe der Erdgeschichte entstanden.
(Zwischenruf von Dr. Heinrich: »Und aus Phosphor!«)
3. Herder suchte nach den Organisationsprinzipien der Lebewesen
4. Herder betrachtete den Menschen als die Organisationsform der Materie auf der Erde, mit der größtmöglichen Individualität und Variabilität.
5. Je näher die Organisationsform dem Menschen kamen, um so ähnlicher sie in den Hauptformen wurden, um so weniger wurden es.
6. Der Mensch steht im Zusammenhang mit der ganzen Naturgeschichte der Erde in einer »Kette der Naturwesen«.
7. Entscheidender Unterschied: Vernunftfähigkeit und Sprache – sind an den aufrechten Gang, das Freiwerden der Hände und die Haltung des Kopfes gebunden.
Zusammenfassend formulierte Eichenthal: »Ziel« der Entwicklung der Erde sei für Herder nicht der Mensch, aber die Form der Organisation unter den Bedingungen unserer Erde, mit größtmöglicher Individualität, Variabilität, Offenheit gegenüber Herausforderungen gewesen. Das sei dann der Mensch geworden.
Einordnung in die Schöpfung beruhe auf der Fähigkeit organischer Systeme, von der Natur zu lernen. Stabilität erlangen organische Systeme mit einer breiten Basis.
Für Problemlösungen seien Spezialisierungen und Verkomplizierungen notwendig; der Rückbezug auf die breite Basis könne diese Einseitigkeiten jedoch wieder neutralisieren. Stabile organische Systeme mit einer breiten Basis nannte Herder als solche mit einem »tiefen Schwerpunkt«. Was wir dagegen Komplexität nennen, ist für Herder mit dem Verlust des tiefen Schwerpunktes verbunden.
Eichenthal schloss mit der Bemerkung, dass die Aneignung unseres Erbes, die Bildung zur Humanität, eine Pflicht sei. Aber Nachahmung allein reiche nicht aus. Nur der Mensch, »der nicht mit dem Auge allein sondern mit dem Geist siehet und nicht mit der Zunge sondern mit der Seele bezeichnet, Er, dem es gelingt, Natur in ihrer Schöpfungsstäte zu belauschen, neue Merkmale in ihrer Wirkung auszuspähen und sie durch künstliche Werkzeuge zu einem menschlichen Zweck anzuwenden, er ist der eigentliche Mensch …« (Herder: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit)-
Die Moderatorin fragte in der Diskussion den Lektor, wie lange Eichenthals Beschäftigung mit Herder noch dauern werde und ob dies im Sinne Herders sei.
Andreas Eichler antwortete, dass Herder von seinen Schülern erwartet habe, dass sie nicht seinen Weg nachahmen, sondern ihren eigenen Weg suchen. Insofern sei die ewige theoretische Beschäftigung Eichenthals mit Herder eigentlich nicht im Sinne Herders.
Eichler dankte den aktiven Referenten, der Moderatorin Carolyn Eichler, der »Regisseurin« Birgit Eichler und den Gästen aus Wirtschaft, Technik, Kunst und Literatur für ihre Offenheit gegenüber den ungewohnten Denkweisen der anderen Branchen, Sparten und Genres. Er hoffe, dass aus dieser Tolereanz gegenüber dem Anderen, Ungewohnten, etwas Neues entstehen könne.
Mit diesen Worten endete der offizielle Teil der Tagung.
Clara Schwarzenwald
Information
Den Mironde Verlag finden sie auf der diesjährigen Frankfurter Buchmesse, vom 11. bis zum 15. Oktober 2017, in der Halle 4.1, in Reihe G Stand 61
Auf der BuchWien, vom 9. bis zum 12. November 2017, finden Sie den Mironde Verlag in Halle D, Reihe B Stand 16