Feature Reportagen

LEIPZIGER BUCHMESSE 2019

Der Mironde Verlag nahm vom 21. bis zum 24. März 2019 an der traditionsreichen Leipziger Buchmesse teil.

Am 21. März besuchte die Sächsische Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst, Frau Dr. Eva-Maria Stange (Mitte), den Stand des Mironde Verlages. Die Verlegerin Birgit Eichler verdeutlichte das Spektrum des Verlagsprogrammes, indem sie zunächst einen Band für Buchliebhaber präsentierte. Die Ministerin nahm mit großem Interesse Ekkehard Schulreichs Geschichte des Leipziger Karl Quarch Verlages mit dem Titel »Ins Schwarze!« zur Kenntnis. Ausführlich wird im Band die Druckgrafik dokumentiert, die Karl Quarch von etwa 1960 bis 1990 zum Markenzeichen seines Unternehmens machte. Quarch bot den besten Künstlern der DDR eine Möglichkeit zur Veröffentlichung. Hans-Joachim Behrendt, Hubertus Blase, Albrecht von Bodecker, Wolfgang Böttcher, Henner Franck, Peter Hartmann, Otto Herbig, Karl Georg Hirsch, Christa Jahr, Inge Jastram, Werner Klemke, Harald Metzkes, Gerhard Kurt Müller, Helga Paditz, Werner Schinko, Max Schwimmer, Lothar Sell, Oswin Volkamer, Volker Wendt, Werner Wittig, Wolfgang Würfel u.a nutzten diese Möglichkeit. Im Ergebnis entstand Gebrauchsgrafik auf sehr hohem Niveau und mit einem hohen Verbreitungsgrad.

Birgit Eichler wollte der Ministerin den dritten Teil der »Fahrzeugspuren in Chemnitz« von Frieder Bach vorstellen, doch dieses Buch kannte Frau Dr. Stange bereits von ihrem Besuch des Sächsischen Fahrzeugmuseums in Chemnitz.

Danach präsentierte Birgit Eichler der Ministerin einen Probeband des für März 2020 angekündigten Buches von Prof. Dr.-Ing. Karin und Dr.-Ing. Steffen Heinrich mit dem Titel »Klärschlammveredlung mit Pyrolyse. Vom Abfall zum Gartengold.« Der Zweckverband Frohnbach, mit den Mitgliedsgemeinden Stadt Limbach-Oberfrohna und Gemeinde Niederfrohna und einem Klärwerk mit 40.000 Einwohnerwerten, suchte nach der Verhängung eines faktischen Ausbringungsverbotes für Klärschlamm durch die derzeitige Regierung sofort nach Alternativen. Dr. Steffen Heinrich erläuterte mit Hilfe dreier Stoffproben (Klärschlamm, Trockenmasse, Pellets) den Prozess der Trocknung des Klärschlammes (75 Prozent Wassergehalt) und des Aufbrechens mit Pyrolyse (Beseitigung von Keimen, Medikamentenresten, Schwermetallresten u.a.), was zu einem phosphorhaltigen und umweltfreundlichen Dünger führt. Dieser soll den derzeitig eingesetzten Import-Mineraldünger, der stark mit den Schwermetallen Cadmium und Uran belastet ist, ablösen. Die Ministerin verfolgte interessiert die Kurzdarstellung chemischer und physikalischer Prozesse wie der Identität von wissenschaftlicher Forschung und technologischer Realisierung im ZV Frohnbach. Dr. Heinrich verwies darauf, dass im Moment im Klärwerk Niederfrohna die letzten Ausrüstungsteile montiert werden. Im April/Mai soll der Probebetrieb beginnen. Im März 2020 will der Verband die Ergebnisse des Betriebes in einer Tagung des ZV Frohnbach in Niederfrohna der Öffentlichkeit vorstellen. Das Buch wird eine CD mit Berechnungstabellen enthalten, um die Anwendung der Methode auch in anderen Klärwerken unbürokratisch zu ermöglichen. Gern hätten wir noch mehr gehört, doch die Dame vom Protokoll deutete unerbittlich auf ihre Uhr – die Ministerin wurde zur Verleihung des Buchpreises in der Glashalle erwartet …

Am 22. März präsentierte der Mironde Verlag gemeinsam mit der Pirckheimer-Gesellschaft e.V. auf der Grafik- und Buchkunst-Bühne in der Halle 5 Ekkehard Schulreichs Buch mit dem Titel »Ins Schwarze!«, die Geschichte des 1919 von Karl Quarch sen. gegründeten und von Karl Quarch jun. (1923–2007) weitergeführten Verlages. Dr. Andreas Eichler vom Mironde Verlag stellte den zahlreichen interessierten Gästen den Autor, Journalisten und Kenner Leipziger Geschichte Ekkehard Schulreich (Mitte) und den jetzigen Inhaber des Verlages, den Bücher- und Grafiksammler, das Vorstandsmitglied der Pirckheimer-Gesellschaft, Matthias Haberzettl (re. vorn) vor.

Im Publikum saßen frühere Bekannte Karl Quarchs. Die weiteste Anreise hatte vielleicht der frühere Drucker Herr Bauer zurückgelegt.

Eichler fragte seine beiden Gesprächspartner, was Karl Quarch für ein Mensch gewesen sei. Matthias Haberzettl zählte zu dessen guten Freunden, Ekkehard Schulreich hatte viele Zeitzeugen befragt. Aus den vielen Stimmen ergab sich das Bild eines konservativen, christlich-humanistisch gebildeten Menschen, der zielgerichtet an seinem Verlagsprofil arbeitete: hochwertige Druckgraphik mit hoher Verbreitung. In der DDR war dieser Kleinverlag eine exotische Existenz. Das Verlegen von Büchern war Quarch nicht gestattet. Deshalb musste er Alternativen suchen. Es fehlte auch nicht an Forderungen, den Betrieb in einen Großbetrieb einzuverleiben. Doch immer wieder fanden sich einflussreiche Menschen aus der Buch- und Kunstbranche, die dieses zu verhindern wussten, weil sie den Beitrag Quarchs zur Umwandlung der DDR in einen deutschen Kulturstaat, wie es in Anlehnung an Thomas Mann und Georg Lukács von Johannes R. Becher, Ernst Bloch, Bertold Brecht, Walter Janka, Hans Mayer und vielen anderen großen Geistern angestrebt wurde, zu schätzen wussten. Das kulturelle Gewicht des kleinen Karl Quarch Verlages übertraf am Ende der DDR manchen Großverlag.
Auf die Frage, warum der Verlag ausgerechnet das Ende der Planwirtschaft und die Dominanz des bundesdeutschen Wirtschaftssystems nicht überlebte, antwortete Ekkehard Schulreich mit dem Hinweis darauf, dass nun die »Herrschaft des Geldes« wieder hergestellt worden sei.
Aber hart kalkulieren musste Karl Quarch sein ganzes Berufsleben lang. Einem Familienbetrieb wurde auch in der DDR nichts geschenkt. Schulreich betont im Text, dass Quarch oft »von der Hand in den Mund« lebte.
Was änderte sich mit der Währungsunion? Karl Quarch verlor seine Kundschaft. Die anspruchsvollen Glückwunschkarten und Grafik-Mappen wurden nicht mehr gekauft. Schlagartig stornierten die Händler ihre Bestellungen, ohne Rücksicht auf Vertragsbrüche.
Es wird also deutlich, dass der Karl Quarch Verlag, der in der DDR-Wirtschaft eine Nische besetzte, zugleich aber an die DDR-Kultur gebunden war. Nicht nur die Unterstützung der Kulturstaatsfraktion in der Buch- und Kunstbranche, auch deren Anspruch auf Humanisierung der Gesellschaft gehörte zu den Existenzbedingungen des Verlages. Deshalb war mit dem Ende der DDR auch das Ende des Karl Quarch Verlages gekommen.

Mironde Verlag und Pirckheimer-Gesellschaft luden nach der Buchvorstellung an den Pirckheimer-Stand zu einem kleinen Sektempfang ein.

Am 23. März kam der Grafiker Albrecht von Bodecker an den Stand des Mironde Verlages. Er war einer der wichtigsten und zuverlässigsten künstlerischen Partner Karl Quarchs gewesen. Im Anhang des Buches veröffentlicht Ekkehard Schulreich Auszüge aus dem Briefwechsel zwischen Karl Quarch und Albrecht von Bodecker.

Prof. Eberhard Görner, der Herausgeber der Autobiographie von Franz Cohn »Wir leben weiter!«, besuchte ebenfalls den Mironde Stand. Am 18. März 2018 hatte das Buch auf der Leipziger Buchmesse seine Premiere gehabt.

Frau Dr. Sibille Tröml, die Geschäftsführerin des Sächsischen Literaturrates, informierte sich auch über die Neuerscheinungen.

Am Stand des Mironde Verlages waren auch zwei Karl-May-Experten zu Gast. Sie initiierten eine Preisfrage für das Publikum: »Wie heißt die Geburtsstadt von Karl May?«
Die häufigsten Antworten des Publikums lauteten: 1. Radebeul, 2. Bad Segeberg. Erst auf Platz 3 folgte Hohenstein-Ernstthal (eigentlich war es der heutige Ortsteil Ernstthal).
So ist die Lage. Die Verantwortlichen in Hohnstein-Ernstthal müssten sich vielleicht etwas einfallen lassen.

Kommentar
Ohne Zweifel ist die Leipziger Buchmesse ein wichtiges kulturelles Ereignis für Mitteldeutschland. Auch in diesem Jahr wurde in den Medien die auf 286.000 gewachsene Besucherzahl hervorgehoben.
Doch die Differenziertheit der Besucher wird in der Regel weniger beachtet. Fachbesucher stellen z.B. nur noch eine Minderheit. Lediglich die Buchhändler-Elite unternimmt noch einen Messebesuch. Es ist längst überfällig, dass die Messeleitung in Leipzig dem Beispiel der Buchmesse Wien folgt, und den Verlagen den Buchverkauf vom Stand erlaubt.

Die Insolvenz des Buch-Großhändlers KNV wurde in vielen Messe-Berichten thematisiert. Noch sind die Ursachen des Scheiterns ungeklärt. Man kann aber davon ausgehen, dass das Unternehmen über erfahrene und professionelle Mitarbeiter verfügt. Wenn ein solches Unternehmen dennoch scheitert, dann deutet das auf strukturelle Umbrüche hin. Das kann man versuchen zu ignorieren, die Wirklichkeit ist jedoch stärker. Ein »zurück« ist deshalb ausgeschlossen. Man mag das bedauern, Veränderungen sind jedoch nicht mehr vermeidbar, wenn man die Verlagslandschaft erhalten will.
Was kann an die Stelle des Zwischenbuchhandels treten? Eine Internetplattform des Börsenvereins, über die der gesamte Handel der Mitglieder abgewickelt werden kann. Wer soll das durchsetzen? Die Verlage! Sie sollten ihr Schicksal wieder selbst in die Hände nehmen, um die Vielfalt der Branche zu sichern. Die Vielfalt ist der Reichtum der Branche und zugleich Grundlage ihrer Stabilität.
Johannes Eichenthal

Information
Ekkehard Schulreich: Ins Schwarze! Originale Druckgrafik ist das Markenzeichen des Leipziger Verlegers Karl Quarch. Spurensuche – ein Jahrhundert nach der Verlagsgründung
23 × 23 cm, 176 Seiten, Fadenheftung, Lesebändchen, zahlreiche farbige Abbildungen,
VP (D) 24,90 €
ISBN 978-3-96063-021-0

Frieder Bach: Fahrzeugspuren in Chemnitz. Teil 3. Motorsport 1900–1990
Fester Einband, Fadenheftung, Lesebändchen, zahlreiche Fotos und Abbildungen
23,0 × 23,0 cm, 528 Seiten VP 38,90 €
ISBN 978-3-96063-013-5

Karin Heinrich/Steffen Heinrich: Klärschlammveredlung mit Pyrolyse. Vom Abfall zum Gartengold.
23,4 × 30,5 cm, fester Einband, Fadenheftung, Lesebändchen
208 Seiten,Zahlreiche, meist farbige Fotos, Abbildungen, mit eingelegter CD
VP 128,00 €
ISBN 978-3-96063-017-3
Erscheint im März 2020

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